von Wolfgang Brauer
Italienerfahrene Touristen wissen, dass sie Briefmarken im Lande des Stiefels im „Tabacchi“ kaufen können. Das ginge natürlich auch auf dem Postamt, aber das ist entweder geschlossen oder eine lange Schlange steht vor dem einzigen geöffneten Schalter, um zum Beispiel die Rente abzuholen. In Berlin gibt es keine Postämter mehr.
Bei meinem heutigen Versuch, rund um den Potsdamer Platz einige Briefe abzusenden, schickte mich die Dame vom Informationsschalter der Arkaden nach „unten, im Bahnhof“. Nun ist der ein Unkundige zur Verzweiflung treibendes Labyrinth von Gängen, Schluchten und Höhlen. Darum sei hier das Ergebnis meiner Forschungen mitgeteilt: Im Zwischengeschoss über den Bahnsteigen des Regionalbahnhofes bewege man sich in Richtung Ausgang Ebertstraße. Unmittelbar neben diesem in der linken Ecke, man lasse sich nicht von der trüben Beleuchtung abschrecken, befindet sich das „TabakCenter“. Kein „Tabacchi“, weil die junge Blondine, die dort bedient, nicht nur Briefmarken und Postkarten sondern das komplette Sortiment, über welches früher die Postämter verfügten, zuzüglich einer Portion Freundlichkeit, die im preußisch geprägten Staatsdienst Ost wie West meist ausverkauft war, im Angebot hat. Aber aufpassen: Verwechseln Sie das Geschäft nicht mit dem Zeitungsladen am anderen Ende der Halle, da gibt es nix mit Post!
Dass die Deutsche Post AG (heißt die überhaupt noch so?) als „global player“ der Logistik-Branche mit minderwertigen Dienstleistungen nichts mehr zu tun haben will, lässt sich trefflich im ehemaligen Postmuseum, nur wenige hundert Meter vom Potsdamer Platz entfernt (wenn kein Stau auf der Leipziger Straße ist, nehmen Sie den Bus) studieren. Das heißt jetzt „Museum für Kommunikation“ und ist genauso langweilig wie sein neuer Name. Im Zentrum der Ausstellung schwebt eine bis auf den letzten Nagel in ihre Einzelteile zerlegte Postkutsche. Das sagt eigentlich alles. Die anderen Exponate verstecken sich in den von Fachfremden kaum erschließbaren Vitrinen. Bis vor kurzem gab es wenigstens noch das spannende Postmuseum in Nürnberg. Dort konnte man wenigstens eine Ahnung davon bekommen, was dieses Unternehmen einmal leistete. Aber Nürnberg modernisiert wohl auch.
Zurück nach Berlin. Ist das „TabakCenter“ am Potsdamer Platz geschlossen, dann kann ich Ihnen nur einen Rat geben: Der Bahnhof Potsdamer Platz hat nicht nur eine vorzügliche Anbindung an den Nahverkehr, hier halten auch diverse Regionalbahnen mit Anschluss an den DB-Fernverkehr. So können Sie leicht die Suche nach postalischen Dienstleistungen umgehen und Ihre Briefe selbst befördern.
P.S.: Es kann ja durchaus sein, dass sich noch irgendwo in der Friedrichstraße ein „Anbieter“ befindet, gefunden hab’ ich ihn aber noch nicht.
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