von Thomas Behlert
Wenn man in Deutschland über Karl Marx, Kommunismus oder dergleichen schreibt, dann ist man schnell als nicht tragbar oder – schlimmer – als Terrorist und Staatsfeind verschrien. Huh, ein Gespenst geht um in Deutschland. Was auch immer die Meinungsmacher von FDPSPDCDUCSU sagen, das Blättchen stellt trotzdem jüngste Druckerzeugnisse von und über Karl Marx vor.
Der in Berlin ansässige Dietz Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit den Jahren das Gesamtwerk von Karl Marx und Friedrich Engels in gedruckter Form wieder zu veröffentlichen. So stehen mittlerweile die Werke von Marx und Engels in 43 Bänden zur Abholung im Buchladen bereit. Damit aber auch nichts schief gehen kann und sich die Kommunisten (Achtung! Böses Wort!!) ausführlich informieren können, gibt der Ökonom und Marx-Engels-Forscher Rolf Hecker nun eine Begleitreihe zum „Kapital“ heraus. Nach der Zusammenfassung, der so genannten ursprünglichen Akkumulation und den Briefen über das „Kapital“, erscheint jetzt: „Das Kapital 1.4. – Friedrich Engels über ‚Das Kapital’“. Zwischen Oktober 1867 und Juni 1868 verfaßte Karl Marx` Freund und Mitstreiter mindestens zwölf Besprechungen, die bis heute mitreißen, sehr wissenschaftlich und interessant geschrieben sind. Im neuen Band kann man fünf Abhandlungen nachlesen. Da Friedrich Engels bis zu seinem Lebensende damit beschäftigt war, das Werk von Marx fortzusetzen und den Zweiten und Dritten Band bis zur Druckreife fertigzustellen, ist es nur gerecht, dass man Friedrich Engels ebenso mit dem „Kapital“ in Verbindung bringt. Es entstanden nicht nur Exkurse und Fußnoten, sondern auch der Nachtrag „Wertgesetz und Profitrate“, der in „1.4“ steht.
Ebenfalls mit Marx beschäftigt sich der Journalist und Autor Robert Misik. Sein Buch „Marx für Eilige“ macht schon im Titel klar, für wen er das Taschenbuch verfasst hat. Allerdings ist „Eilige“ ein blöder Begriff, denn wer seinen Bankgeschäften nachgeht, kann das Buch im roten Einband bestimmt nicht lesen, und während einer Demo gegen Stuttgart 21 oder für Rosa Luxemburg sollte das Buch das heimische Bücherregal lieber nicht verlassen. Alle, die sich vor dem Kommunismus fürchten und Marx’ Namen allenfalls mit hysterischem Unterton aussprechen, ohne in der Regel zu wissen, worum es bei Marx eigentlich geht, sollten sich das recht schmale Bändchen unbedingt einmal greifen. In diesem Fall wäre Lesen tatsächlich schlecht für die Dummheit!
2003 erschien „Marx für Eilige“ erstmals und nun wieder frisch überarbeitet und unverändert hoch aktuell. Sehr genau und kein bisschen überheblich oder herblassend schildert Misik das Gesamtwerk von Karl Marx und geht dabei sehr ausführlich auf die spannende Biographie des großen Autors ein. Engels wird erwähnt, Marx´ unerbittlicher Kampf gegen Kapitalisten und großbürgerliche Parteien erläutert und die Familie gewürdigt. Weiterhin zieht er Vergleiche mit dem Heute, erkennt, dass die von Marx und Engels mitbegründete Internationale „etwa so gefürchtet wie heute al-Qaida“ war und verdeutlicht die Wichtigkeit der vielen Schriften mit erklärenden Zitaten. „Die Erleichterung der Arbeit wird zum Mittel der Tortur, indem die Maschine nicht den Arbeiter von der Arbeit befreit, sondern seine Arbeit vom Inhalt.“
Wer hat schon „Das Kapital“ von der ersten bis zur letzten Zeile gelesen, oder gar die „Kritik des Hegelschen Staatsrechts“? Mit dem „Manifest der Kommunistischen Partei“ kann zum Beispiel ein geborener DDR-Bürger ja noch etwas anfangen, aber mit den „Pariser Manuskripten“ schon nicht mehr. Insgesamt sind die wichtigen Werke so gut aufbereitet, dass ihre Aktualität erkennbar ist und man sich beim zukünftigen vollständigen Lesen keine Langeweile vorstellen kann. Am Ende gibt Robert Misik noch gute Lesempfehlungen und präsentiert für Schnellleser kurze biographische Daten. Der Dietz Verlag und Robert Misik sorgen dafür, dass Marx nicht vergessen wird. Recht so.
Robert Misik, „Marx für Eilige“, Aufbau Verlag, Berlin 2010, 179 S., 8,95 Euro
Schlagwörter: Karl Marx, Robert Misik, Thomas Behlert