20. Jahrgang | Nummer 17 | 14. August 2017

Ansichten eines fraglos phantasievollen Flunkerers*

von Karl May

Auswurf der Menschheit und Gottes Ebenbild, welche Stufen giebt es zwischen dieser Tiefe und dieser Höhe! Welche von ihnen ist’s, auf der wir selber stehen?

Es ist eben jeder Mensch gut, wenn er richtig behandelt wird.

Es giebt, Gott sei es geklagt, Menschen, welche nur dem Namen nach Menschen sind […].

Nur ein Kranker kann glauben, das, was ihm heilig ist, durch die Vernichtung dessen, was andern heilig ist, zu fördern.

Habt Ihr noch nichts gehört von der guten Regel, daß man dem Feinde unter Umständen goldene Brücken bauen muss?

[…] das ist doch eben das Unglück, daß jeder Verrückte denkt, er sei bei Sinnen!

Aber das Wissen genügt nicht; man muß auch zu handeln verstehen.

[…] was man muss, das kann man auch.

Ich muß bloß das, was ich will […].

Wenigstens will ich nur das, was ich kann […].

Jeder Mensch kann anders, wenn er will!

Laß uns nicht weinen, die wir Männer sind!

Ja, das Weib solI der Sonnenstrahl sein, welcher das Leben des Mannes erhellt und erwärmt.

Sie können die Erfahrung machen, daß Frauen, welche die Gewohnheit besitzen, die Arme über die Brust zu kreuzen, meist energischen Charakters und festen Willens sind.

Wo ein Pferd steht, muß auch ein Reiter sein.

Ich sage Ihnen, daß Gott der Vater und Schöpfer aller Menschen ist; die Farbe der Haut macht keinen Unterschied.

Christ oder Heide; er ist Mensch, und es soll ihm geholfen werden […].

Der Christ kann Feinde haben, ist aber niemals selbst ein Feind. Seine Rache besteht in der Verzeihung.

Die Gegenwart schlägt ihre Wurzel stets in die Vergangenheit. Wer die Erstere begreifen will, muß unbedingt die Letztere kennen.

Aufgeblasenheit und Mangel an Einsicht! So, genau so sind die Völker kurz vor ihrem Untergange!

Gleichen Raum und gleiches Recht für Jeden, der zur Menschheit gehört auf Erden!

Ist es für den Menschen denn gar so schwer, dem Bruder auch eine berechtigte Eigenart, eine gleichwertige Individualität zuzutrauen? Muß denn Jeder, der sich erlaubt, anders zu sein, darum gleich als inferior gedacht werden? Man beobachte den Europäer, wie er aus hochmütigen Augen im fremden Lande um sich schaut!

Talleyrand sagte, daß der Mensch die Sprache nur habe, um seine Gedanken zu verbergen. Dies ist der Grundsatz des Unehrlichen, der Spitzbuben. Trotzdem ist dieser Grundsatz von den Staatsmännern aller Zeiten und Völker befolgt worden.

Und wer hoch steht, der haßt die Aufklarung des Volkes, weil sich nur Dumme dumm regieren lassen.

Sie wissen, es gibt in jedem Volke derartige Bestandteile, mit denen ohne Kandare nicht auszukommen ist.

Jedes Volk ist den Herrscher wert, den es hat.

Wir Journalisten sind es, welche die öffentliche Meinung fabriziren. Wer sich mit uns verfeindet, der ist abgethan.

[…] besteht nicht jeder Krieg aus Raub und Mord?

Wer wird in wieder tausend Jahren die Länder besitzen, um welche die Gegenwart mit blutigen Waffen wettet? Sind solche Gewinne derartige Einsätze wert?

Der Tourist, besonders der sogenannte „Herdentourist“, hat seine Individualität daheim gelassen und bringt nichts als nur seine Neugierde und seinen Geldbeutel mit […].

Man kommt mit der Ehrlichkeit immer noch weiter als mit der Flunkerei.

* – Überschrift von der Redaktion.

Bereits erschienen – Ansichten von Georg Kreisler, Friedrich Nietzsche, Karl Kraus, Wilhelm Busch, George Bernard Shaw und Oscar Wilde.