19. Jahrgang | Nummer 17 | 15. August 2016

Antworten

Antoine Deltour, Raphaël Halet, Edouard Perrin, Luxleaks-Whistleblower – Die Luxemburger Justiz hat nun entschieden, die Urteile gegen Sie (Freispruch beziehungsweise Bewährungsstrafen) anzufechten. Die Justiz begründet das vor allem mit dem Freispruch für den Journalisten Perrin. Ein seltsames Rechtsverständnis, muss man schon sagen. Immerhin haben Sie, Deltour und Halet, durch Ihre Informationen gezeigt, wie europäische Staaten, darunter Luxemburg, ganz legal Steuerdumping und Steuervermeidung gefördert haben. Von den großen Konzernen, die jeden Weg gehen, um keine Steuern für das Gemeinwohl zahlen zu müssen, ganz zu schweigen. Deltour und Halet haben, so der Grüne Sven Giegold, mehr gegen Steuerdumping erreicht als 20 Jahre europäischer Politik! Und Sie, Journalist Perrin, sind Ihrer Pflicht nachgekommen, diese geheimen Informationen zu verbreiten. Der Finanzplatz Luxemburg scheint in Gefahr, also drohen drakonische Strafen für die Whistleblower – zur Abschreckung von Nachahmern. Es ist Zeit, den vielen Worten endlich einen wirksamen Schutz von Whistleblowern folgen zu lassen. Und einen Nobelpreis für Whistleblower zu fordern!

Kipchoge Keino, Sportlerikone – Es war nicht wirklich zu vermuten, dass das IOC irgendjemanden noch berühren könnte. Aber – bei aller bestehenden Kritik am durchkommerzialisierten Sportevent – die Auszeichnung von Kenias ehemaligem Olympiasieger von 1968 und 1972 mit dem Olympic-Laurel-Preis für Verdienste um Erziehung, Kultur, Entwicklung und Frieden durch Sport war wirklich eine gute Idee. Und es ging dabei nicht nur um Ihre Ehrung als großen Sportler, vor allem ging es um Ihre Zeit nach dem Abschied. Sie, selbst aus ärmsten Verhältnissen kommend und sehr früh verwaist, kümmern sich seit 1973 mit Ihrer Frau um kenianische Waisenkinder, denen Sie ein Zuhause, Schule und Trainingsmöglichkeiten geben. Wir gratulieren zur großen Ehrung vor Milliarden Fernsehzuschauern und hoffen auf Nachahmer durch die Olympiasieger von heute.

Arno Widman, Jubilar – Es heißt, Sie seien „einer der klügsten, gebildetsten und scharfsinnigsten Journalisten der Republik“ und Sie schrieben über jedes Thema von Belang, also nicht über Sport und Pop. Ihre Affinität zu Chefsesseln – ob bei der taz oder beim Feuilleton erst der Zeit, später der Frankfurter Rundschau – rühre allein von dem Bestreben her sicherzustellen, nicht selbst unter einem Chef arbeiten zu müssen. Es heißt auch, Sie seien zeitlebens ein Querdenker geblieben, und Antworten interessierten Sie nur, wenn sie den Zugang zur nächsten Frage eröffneten. Anarchist seien Sie nicht aus Überzeugung, sondern aus der Einsicht, „dass die chaotische Wirklichkeit ohnehin nicht gebändigt, sondern allenfalls analysiert werden kann“.
Warum wir all dies aus der Feder Ihres Kollegen Christian Bommarius anlässlich Ihres 70. Geburtstages am 8. August zitieren? Ganz einfach: Wenn eine vorliegende Eloge bereits die Ebene des Superlativs touchiert oder gar erreicht hat, wirkt jede weitere Steigerung schnell übertrieben. Daher schließen wir uns in diesem Falle – mit ebenso nachträglichem wie herzlichem Glückwunsch – einfach an!

Uli Hoeneß, Steuerbetrüger – Sie brauchten nicht allzu lange im Gefängnis auszuharren. So schnell es ging hat man Sie, den man wohl eher bedauernd wegen der Gesetzeslage in den Knast geschickt hatte, laufen lassen. Den Vergleich zwischen kleinen Gaunern, die wegen ein paar Tausend Euros für deutlich längere Gefängnisaufenthalte gebucht sind, und der x-millionenschweren Straftat, sparen wir uns hier mal. Liegt ja auf der Hand. Nun wollen Sie auch in Ihre alten Ämter beim FC Bayern zurück – und nicht wenige jubeln Ihnen deshalb zu. Da Sie sich nicht ganz offensichtlich nicht zu schämen vermögen – Mia san Mia, üben wir uns hier in Fremdschämen.