18. Jahrgang | Nummer 21 | 12. Oktober 2015

Postkommunistisches Sonett

von Henry-Martin Klemt

Kein Gott, kein Kaiser… und schon kamen wir ins Stottern.
Wir wussten doch: Die Sache ist nicht schlecht
und wenn sie Kommunisten nicht verlottern,
dann werden alle endlich frei sein – und gerecht.

Das ist so schwer nicht, aus dem Elend uns erlösen.
Nur was danach kam, hat noch keiner ausprobiert.
Wer hungrig war, pflegt nach dem Essen einzudösen.
Im Tiefflug Dädalus ist auch nicht abgeschmiert.

Der Mensch, der immer gut sein soll, muss lügen.
Der immer stark sein soll, fühlt sich zu schwach.
Und keiner kann sich in sein Fernweh fügen.
Er will den Schlüssel haben unter seinem Dach.

Was soll mir jetzt der Hättewäremief?
Für die Geschichte taugt kein Konjunktiv.

Henry-Martin Klemt ist regelmäßig bei Lesungen und Konzertlesungen (wie zum Beispiel „Jazz und andere Gedichte – ein Jens-Gerlach-Programm“) zu erleben; Veranstaltungsorte und Termine auf der Homepage des Künstlers im Internet.