18. Jahrgang | Nummer 11 | 25. Mai 2015

Antworten

Jeb Bush, avisierter Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner – Nachdem Sie ursprünglich erklärt hatten, auch Sie hätten – Ihrem Bruder George W. gleich – 2003 den Befehl zum Einmarsch in Irak gegeben, haben sie das nach herber Kritik dementiert und verlauten lassen, dass Sie „aus heutiger Sicht“ wohl doch nicht so gehandelt hätten. Lassen wir beiseite, dass die „heutige Sicht“ schon 2003 für jeden plausibel war, der erkennen wollte, so verdient doch ein Teil der Begründung Ihres Zurückruderns viel mehr Aufmerksamkeit. Es wäre, so haben Sie wissen lassen, sehr hart zu sagen, dass die US-Soldaten in diesem Krieg ihr Leben „umsonst verloren hätten“. „Doch das hätten sie nicht“, zitiert Sie Spiegel-Online indirekt, „da das Militär der USA ,das beste auf der ganzen Welt‘ sei.“ Chapeau für solcherart Logik. Die Welt darf sich wohl auf einen weiteren Großen Präsidenten der Bush-Dynastie freuen. Und künftige US-Soldaten auf neue ehrenvolle Tode.

B. B. King, Dahingegangener – Wer maßgeblich mit Ihrer Musik aufgewachsen und von ihr geprägt worden ist, den schmerzt die Nachricht von Ihrem Ableben auch dann, wenn sie bei einem Alter von 89 Jahren nicht überraschen kann. Immerhin darf man bei aller Betrübnis ganz sicher davon ausgehen, dass Sie auf direktem Weg im Eden der ganz großen Pop-Musiker angelangt sind, unter denen Sie zweifellos einer der einflussreichsten und faszinierendsten Blues-Gitarristen und Sänger waren. Mit Ihnen zu agieren haben sich nahezu alle Größen dieses Genres stets gerühmt. Dank der heute verfügbaren Medien kann man Sie zum Glück immer weiter und wieder spielen hören und sehen, die geliebte „Gibson“ im Arm, die unter Ihren Fingern auch jubiliert, aber – dem Genrenamen gemäß – vor allem traurig ist. Eine Traurigkeit indes, der sich ungemein gerne hingibt, wer dieser Musik einmal verfallen ist.

Royal Air Force, britischer Luftraumbewacher – Eurofighter Ihrer Majestät haben zwei russische Langstreckenbomber abgefangen, die nördlich Schottlands in der Nähe des britischen Luftraums aufgetaucht waren. Man kann man sich freilich fragen, was die Bomber dort zu suchen hatten, auch wenn sie den britischen Luftraum ausdrücklich nicht verletzten. Interessanter an der Meldung über diesen Zwischenfall ist jedoch die Formulierung, dass Ihre „Typhoons“ die russischen Maschinen begleitet haben, bis sie „die Interessenssphäre Großbritanniens verlassen“ hätten. So viele Abfangjäger, um politische Widerparts in den Lüften von Interessenssphären in Schach zu halten, hat keine nationale Luftflotte. Interessenssphären allerdings offenbar umso mehr.

Carl Sternheim, SPD-Kritiker – Ihre Komödie „Tabula rasa“ hat demnächst 100 Jahre auf dem Buckel – Premiere war 1916. Darin nahmen Sie den Niedergang der SPD von einer revolutionären proletarischen Partei zum opportunistischen, national-patriotischen Schrebergartenverein aufs Korn und zogen – zwei Jahre nach der mehrheitlichen Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten – folgendes Fazit: „Wie es sich mit der Sozialdemokratie im Kern auch immer verhalten mag, man kann jedenfalls in seinen Neigungen weit schweifen, um immer noch ein guter Genosse zu sein.“ Ob Ihnen damals klar war, dass Sie damit eine seither „ewige“ Konstante der SPD auf den Punkt gebracht hatten? Die gilt nämlich unverändert: Ob Völkerrechtsbruch durch einen SPD-Kanzler in Jugoslawien, Erfindung der Hartz-Gesetze zur Bekämpfung der Arbeitslosen oder, wie erst jüngst wieder, die Bewilligung der Lieferung eines (fünften) nuklear nachrüstbaren U-Bootes an Israel durch einen SPD-Wirtschafts- und einen SPD-Außenminister im Bundessicherheitsrat – alles Werke guter Genossen!

Peter Bofinger, „Wirtschaftsweiser“ – Sie machen sich, ist zu lesen, für die Abschaffung des Bargeldes stark. „Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich ein Anachronismus”, haben Sie dem Spiegel erklärt. Nun deckt sich Ihre Intention durchaus mit dem Eindruck, den man bei der Kontrolle der eigenen Geldbörse schon deslängeren hat. Sie dürfte sich aber auch mit der Vorfreude der Geldinstitute decken, die sich im Falle der Bargeldabschaffung jede einzelne Transaktion per Kreditkarte – wie heute schon – durch eine Gebühr bezahlen lässt. Wobei die Banken im öffentlich-rechtlichen Sektor durchaus Vorbilder haben, denkt man an alle amtlichen Vorgänge, bei denen unsereiner den Staatsapparat über die für ihre Arbeit eh aus Staatsmitteln bezahlten Angestellten mit durchaus anspruchsvollen Gebühren zweitlöhnen darf. In DDR-Zeiten wäre solches unter die Losung „Von den Erfahrungen der Besten lernen“ gefallen.

Grüne und Linke im Bundestag – Sie haben gemeinsam Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, um endlich die begründet vermutete Verwicklung von V-Leuten in das Münchener Oktoberfest-Attentat vor 35 Jahren aufzuklären. Bislang war dies von diversen Bundesregierungen nicht zuletzt mit dem Hinweis auf „Quellenschutz“ und „Staatswohl“ verhindert worden. Es wäre interessant, wie „Staatswohl“ in solchen Zusammenhängen definiert wird. Die einzige Interpretation, die unsereinem einfällt, ist die, dass es dem Staat, respektive dessen Bürgern, „unwohl“ werden würde, wenn sie wüssten, was die Politik im Allgemeinen und Geheimdienste im Besonderen anstellen – eine „wohlige“ Vorstellung, fürwahr.

Hillary Clinton, Einkommensasketin – Ihre Präsidentschaftskampagne haben Sie unter das Motto gestellt, Vorkämpferin für die „Everyday Americans“ sein zu wollen. Etwas anders als jene des Jedermann-Amis sieht indes Ihre Einkommenslage aus, zu der Reden, die Sie halten, einen nicht unbeträchtlichen Beitrag leisten. Da kommen schon mal bis zu 350.000 Dollar rüber, was allerdings gegen die 500.000, die man für Ihren Gatten schon berappt hat, als bescheiden gelten darf. Sozialneider, die so etwas umgehend auf den Plan ruft, sind freilich unfähig zu begreifen, in welch durchgreifendem Maße Reden von elder statesmen (und stateswomen!) die Welt zu ändern in der Lage sind. Da ist kein Cent zu viel verausgabt!

Anne Bancroft, „Mrs Robinson“ – Hätten Sie nur diese eine Rolle gespielt, die der Mrs Robinson, jener verführerischen reiferen Frau in dem unvergessliche Streifen „Die Reifeprüfung“ von 1967, die ein grünes Jüngelchen (Dustin Hoffmann) die Freuden der körperlichen Liebe lehrt – und dadurch zugleich Simon & Garfunkel zu einem Ohrwurm der Sonderklasse inspirierte –, ein Platz im cineastischen Olymp wäre Ihnen sicher gewesen. Doch Oscar-prämiert waren Sie da bereits – für Ihre Darstellung der sehbehinderten Lehrerin Anne Sullivan in „Licht im Dunkeln“ (1962), deren berühmteste Schülerin die taubblinde (spätere Schriftstellerin) Helen Keller war. Mit Ihnen als Mrs Robinson litten wir, als sich Dustin Hoffmann einer Gleichaltrigen zuwandte. Ihrer (Film-)Tochter.
Am 6. Juni, Ihrem zehnten Todestag, werden wir mit einem Glas Rosé Ihrer gedenken – und die DVD mit der „Reifeprüfung“ mal wieder einlegen …