15. Jahrgang | Nummer 21 | 15. Oktober 2012

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Peer Steinbrück, einer wie alle – Wir drücken Ihnen die Daumen, dass es klappt mit dem Rekordversuch und der Eintragung ins Guiness-Buch der Rekorde, denn dass Sie den ehemaligen Berliner Justitzsenator Michael Braun schlagen wollen, der nach nur elf Tagen im Amt durch Anrüchigkeiten aus der eigenen Vergangenheit zum Rücktritt genötigt wurde, liegt ja auf der Hand: Kaum nominiert zum Kanzlerkandidaten haben Sie der Presse stecken lassen, dass Sie von einer Lobbyisten-Kanzlei, der zu Ihrer Zeit als Finanzminister ein lukrativer Auftrag Ihres Hauses zum Abfassen eines finanzwirtschaftlichen Gesetzes erteilt worden war, mit mindestens 7.000 Euro honoriert worden sind. Offiziell natürlich nicht für den Auftrag, versteht sich, sondern für einen Vortrag, den sie bei denen später gehalten haben. Aber ebenso natürlich sehen nur die da keinen Zusammenhang, die ansonsten die Hosen mit der Kneifzange anziehen! Rein rechtsstaatlich allerdings gilt auch für Sie die Unschuldsvermutung. Zwar ist, wo Schweigen versilbert wird, die Korruption in der Regel nicht weit, aber vergoldete Reden, und seien es „Vorträge vor der Casinolobby“ (O-Ton Der Spiegel), könnten im Falle des Falles ja doch harmlose „Nebeneinkünfte“ sein.
Wir bezweifeln allerdings, dass der Rekordversuch gelingt, denn wahrscheinlich wird Ihnen zum Verhängnis, dass die gute alte Tante SPD sich um die 7.000 Pimperlinge nicht schert, ist sie doch schon lange von allen guten Geistern verlassen. Denn anderenfalls hätte die ja nicht schon wieder – wie schon vor der letzten Wahl, damals in Gestalt des Steinmeier, Frank-Walter, – einen Kandidaten aus dem Ärmel gezaubert, der zu den verantwortlichen Wegbereitern und Mitgestaltern des größten sozialstaatlichen Kahlschlags in der Geschichte der Bundesrepublik (Agenda 2010, Hartz IV), der nachhaltigsten Rentenkürzung der letzten Jahrzehnte (durch Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre) und der verhängnisvollsten wirtschafts- und steuerpolitischen Inkompetenztat auf deutschem Boden seit Kriegsende (Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen bei Kapitalgesellschaften) gehört.
Aber eine Chance, Ihre Partei zum Rückzug Ihrer Kandidatur zu zwingen, haben Sie vielleicht doch noch: Überprüfen Sie rasch Ihre anderen über 80 „Nebentätigkeiten“ seit Ihrem Ausscheiden aus dem Amt – besonders die weiteren im finanzwirtschaftlichen Umfeld – und legen Sie einfach ein paar Kohlen nach! Bei „Nebeneinkünften“ in Höhe von insgesamt mehreren Hunderttausend Euro sollte das nicht wirklich ein Problem sein …

Hans-Peter Friedrich, exportorientierter Innenminister – „Allen muss klar sein, dass wir uns als exportorientiertes Land Ausländerfeindlichkeit überhaupt nicht leisten können“, haben Sie dem Berliner Tagesspiegel verklickert. Denn: „Wenn wir unsere Waren überall in der Welt verkaufen wollen, müssen wir uns auch gegenüber an unserem Land interessierten Menschen offen zeigen.“ Geschäftssinn hat also auch etwas Gutes, selbst wenn es sich dabei lediglich um einen Kollateralnutzen handelt. Man kann nur hoffen, dass wir unsere wirtschaftliche Orientierung nicht nach innen wenden und uns Ausländerfeindlichkeit dann leisten können.

Kurt Tucholsky, Nicht-vorgestellt-zu-werden-Brauchender – „Es ändert sich alles, wie es ist.“ Dieses Bonmot stammt zwar nicht von Ihnen, wir fühlten uns aber beim Lesen eines der Ihrigen daran erinnert: „ Diejenigen Ausreden, in denen gesagt ist, warum die A.-G. keine Steuern bezahlen kann, werden in einer sogenannten Bilanz zusammengestellt.“

Alexander Dobrindt, „Puppendoktor Pille mit der großen, klugen Brille“ – Mit gewohnter Rücksichtslosigkeit zuerst gegen sich selbst, haben in Sie in der Causa Steinbrück den Verdacht geäußert, der nunmehrige Kanzlerkandidat könne „ein Produkt der Finanzindustrie“ sein. Sehen wir mal davon ab, dass dies mittlerweile  durchaus als ein Generalverdacht gegenüber Spitzenpolitikern gelten darf: Dass jemand Ihrer parteilichen Provenience derart gegen den Wind pinkelt, hat uns doch sehr erheitert. Kurt Tucholsky: „Achtunddreißig Hühner treten auf, lachen und trippeln wieder ab“. (Aus Justizia schwooft)