Donald Trump, von Gott geretteter Begründer des goldenen Zeitalters der USA – Bei Ihrer Krönungsmesse („Amtseinführung“ wäre wahrlich ein Understatement) verkündeten Sie unter anderem, wie schon zitiert: „In Amerika ist das Unmögliche das, was wir am besten können.“ Unmöglich fanden viele hierzulande Ihre Rede in der Tat. Und dass Sie Auftritte wie diesen am besten können, haben Sie auch hinreichend bewiesen. Allerdings bestätigt das den Eindruck, dass aus dem „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ dasjenige der „unmöglichen Begrenztheit“ geworden ist.
Yoon Suk-yeol, erster amtierender südkoreanischer Präsident in Haft – In Ihrem früheren Amt als Staatsanwalt waren Sie es gewohnt, Straftäter ins Gefängnis zu verweisen. Jetzt, als suspendierter Präsident der Republik (Süd-)Korea, hat es Sie selbst getroffen. In der 10-Quadratmeter-Zelle eines Untersuchungsgefängnisses liegen Sie zwar nicht bei Wasser und Brot auf dem Boden, aber landesüblich bei Knödelsuppe, Rettich und Kimtschi, wie die New York Times zu berichten wusste. Vorgeworfen werden Ihnen Aufruhr und Machtmissbrauch, nachdem Sie vorübergehend das Kriegsrecht ausgerufen hatten, um – wie Sie erklärten – die demokratische Ordnung Südkoreas vor „pronordkoreanischen staatsfeindlichen Kräften“ in der Opposition zu schützen. Selbst in Ihrer eigenen Partei fand man das allerdings so gar nicht demokratisch. Wie es in der Bibel heißt: „Hoffart kommt vor dem Sturz und Hochmut kommt vor dem Fall.“
Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister – Sie würden, vermerkte die Süddeutsche Zeitung im Ergebnis eines Interviews mit Ihnen, nach der nahenden Bundestagswahl am liebsten Ihr eigener Nachfolger im Amt werden, also Verteidigungsminister bleiben. Dabei haben Sie ein klares Ziel vor Augen – nämlich, „dass wir bis Mitte der 30er-Jahre nach dem heutigen Preisniveau 130 bis 150 Milliarden Euro werden ausgeben müssen, nur für Investitionen in Rüstung und Verteidigung“. Nicht insgesamt, wohlgemerkt, sondern jährlich.
Das sollte im Hinterkopf haben, wer am 23. Februar gedenkt, seine Kreuzchen bei der SPD zu machen. Denn alles Geld, das in die weitere Aufblähung der Militärausgaben geht, wird für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Kitas, Kultur und andere Sekundärbereiche natürlich nicht mehr zur Verfügung stehen.
Insofern – Dank für die Klarstellung.
Allerdings wüssten wir noch gern, ob wir mit den 130 bis 150 Milliarden wenigstens schon „kriegstüchtig“ wären oder ob da weitere Schippen draufgelegt werden müssten. Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie dazu in Ihrem nächsten Interview konkreter werden könnten …
Michael Kretschmer (CDU), Sachsens Ministerpräsident – Mit Blick auf das Menetekel einer möglichen schwarz-grünen Koalition nach den Bundestagswahlen sowie Robert Habecks Wahlkampf nach dem Motto: „Ich, Robert, ich, der Mensch“ merkten Sie dieser Tage an: „Das kann man machen, aber es ist auch gefährlich, weil damit die Inhalte untergehen. Robert Habeck hat diesem Land wirtschaftlich nicht gutgetan. Und jetzt heißt es, eigentlich ist er ja ein guter Mensch. Das mag sein, aber ihm das Land und die Wirtschaft anzuvertrauen, das ist krachend schiefgegangen. […] Entscheidungen wie das Gebäudeenergiegesetz, die Russlandsanktionen, der Umgang mit den Bauernprotesten, die Unternehmen, die das Land verlassen und den zehntausendfachen Arbeitsplatzabbau in der deutschen Industrie, das muss man den Grünen und ihrem Wirtschaftsminister anlasten.“ Und Ihr Fazit: „Das darf sich nicht wiederholen.“
Da sind wir aber sowas von bei Ihnen!
Doch wenn, was Marx bei Hegel gefunden haben soll, „alle großen weltgeschichtlichen […] Personen sich sozusagen zweimal ereignen“, das „eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“, wie wäre dann letztere zu verhindern, wenn es ab 23. Februar 2025 für Fritze Merz nur mit den Grünen zur Kanzlerschaft reichte?
Robert Habeck (Grüne), „arbeitete als Schriftsteller […], bevor er Politiker wurde“ (Verlagswerbung) – Ihr jüngstes Buch heißt „Den Bach rauf“, und die Kollegin Anja Reich von der Berliner Zeitung hat es gelesen. Die Redaktion hat die Besprechung unter die Überschrift gestellt: „Sanft und leer. Das Buch […] ist wie ein Coaching-Seminar“. Und Reich selbst schreibt: „Beim Lesen geht es einem wie bei den Fernsehinterviews mit ihm. Der Inhalt verschwimmt hinter der Form. Einen Kern gibt es nicht. Alles klingt irgendwie gut. Und man fühlt sich gut, wie nach einer Therapiestunde. Wahrscheinlich will der Autor das erreichen. Dass man ihn wählt, weil man glaubt, bei ihm gut aufgehoben zu sein.“
Eine von Ihnen offenbar detailliert wiedergegebene Episode eines zufälligen Zusammentreffens mit der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer und mit Angela Merkel kommentiert Reich folgendermaßen: „[…] die Gänsehaut, die man beim Lesen bekommt, hat nichts mit Rührung zu tun, sondern eher mit der Schamlosigkeit, mit der er sich hier in Szene setzt“. Und sie fügt hinzu: „Habecks Großvater war Obersturmführer der SA, sein Urgroßvater gehörte zum inneren Führungszirkel Adolf Hitlers und richtete Goebbels‘ Hochzeit aus. Dafür kann Habeck nichts […].“ Allerdings: „Nie hat er seine Familienverstrickungen von sich aus angesprochen […].“
Die Rezension Anja Reichs, uns aus zahlreichen Beiträgen als durchaus ausgewogen wertend vertraut, animiert insgesamt, mit Verlaub, zu keiner Gesamtlektüre von „Den Bach rauf“.
Eines aber soll noch hervorgehoben werden: Anders als bei Ihrem vorhergehenden Buch haben Sie sich gegen den Genderstern entschieden. „Für manche oder viele fühlt es sich fremd an“, erklären Sie. „Oder aufgesetzt. Oder verkopft.“
Na, wenigstens diesen Schuss haben Sie inzwischen gehört.
Oder liest man’s nach Tische (sprich: nach der Bundestagswahl) doch wieder anders?
Katrin Göring-Eckardt (ebenfalls Grüne), demnächst AfD-Ehrenvorsitzende? – Ehrenvorsitzende müssen den jeweiligen Vereinigungen nicht angehören, es genügt, sich um deren Entwicklung verdient gemacht zu haben. Und das haben Sie im Hinblick auf die AfD seit längerem und womöglich effizienter als selbst deren Führungspersonal. Erst jüngst wieder, als Sie mit der steilen These auftraten, Migration habe mit dem „Alltag der Menschen verdammt wenig zu tun“ (BILD).
Sie trieben damit, so André Mielke in der Berliner Zeitung, „der AfD mehr Stimmen zu, als Björn und Höcke zusammen. Ganz gleich, wie viele Leute es radikalisiert, wenn Alice Weidel Hitler einen Kommunisten nennt: Es sind doppelt so viele“, sobald Sie loslegten, „ob über vom Ausland geschenkte Menschen, durch Atomkraft verstopfte Stromnetze, minderbegabte hellhäutige Fußballnationalspieler oder verdammt unwirklichen Alltag“.
Mielkes Vorschlag: Die AfD möge Sie zur Ehrenvorsitzenden küren. Unser Kommentar dazu kann sich auf drei Silben beschränken: Un-be-dingt!
„kriegstüchtig“, auf der Kandidatenliste für die Wahl zum „Unwort des Jahres“ – Leider ist die Entscheidung der Jury am Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Universität Marburg nicht auf Sie gefallen. Gekürt haben die fünf Juroren stattdessen „biodeutsch“. („Heizungsverbot“ haben sie auf Platz zwei gesetzt.) Der rassistische Terminus mit seinem Arier-Anklang hat es durchaus verdient, doch dem Münchner Merkur ist aufgefallen: „Es ist nun das siebte Jahr in Folge, in dem die Jury emsig Begriffe aus den Bereichen Migration und Klima verunwortet.“
Angesichts der inzwischen in Politik, Medien und Expertenkreisen vorherrschenden Inaussichtnahme eines baldigen Krieges mit Russland, den Moskau jederzeit mit einem Knopfdruck zur finalen Annihilation machen könnte, wäre den Marburger Preisrichtern bei ihrer Entscheidung doch etwas mehr Selbsterhaltungstrieb zu wünschen gewesen.
Thomas Billhardt, meisterlicher Bildkünstler – Manche bezeichneten Sie als den „Starfotografen“ der DDR. Besser traf es Ingeborg Ruthe in der Berliner Zeitung, die Sie „Chronist des Menschlichen“ nannte. Eines Ihrer weltbekannt gewordenen ikonischen Fotos ist das einer schmächtigen Vietnamesin, die den vergleichsweise hünenhaften, vom Himmel geholten Air-Force-Piloten Major Wayne Waddell abführt. Von den mehr als 50 Ländern, in denen Sie fotografiert haben, ist Ihnen – neben dem eigenen – das südostasiatische Vietnam, seinerzeit Opfer eines verheerenden Krieges, wahrscheinlich am nächsten gewesen. Mehr als ein Dutzend Mal haben Sie das Land besucht und die „Gesichter Vietnams“ meisterhaft abgebildet. Vietnam hat es Ihnen gedankt. Jetzt sind Sie im Alter von 87 Jahren verstorben. Ihr Werk wird uns im Gedächtnis bleiben.
Schlagwörter: Boris Pistorius, Donald Trump, Katrin Göring-Eckardt, kriegstüchtig, Michael Kretschmer, Robert Habeck, Thomas Billhardt, Unwort des Jahres, Yoon Suk-yeol