Zur Eröffnung der Ausstellung „CDF im NS“ ertönte ein Martinshorn. Kilian Heck erschien das durchaus angemessen, denn ein wenig wollen der Professor für Kunstgeschichte an der Universität Greifswald und seine sechs Mitarbeiter und Studenten tatsächlich alarmieren. Die bisher zum Wirken des Malers und gebürtigen Greifswalders Caspar David Friedrich veranstalteten Ausstellungen in Hamburg, Berlin und derzeit in Dresden erschienen ihnen doch allzu sehr eine „Flucht in die Romantik“. Die in Teilen auch problematische Rezeptionsgeschichte der Werke Friedrichs, vor allem im Nationalsozialismus, werde dabei weitgehend ausgeblendet. Gerade die jedoch ins Blickfeld zu rücken, auch angesichts aktueller politischer Vorgänge, wolle das als solches 1940 gegründet Caspar-David-Friedrich-Institut mit seiner eigenen Geschichte und dem dazu vorliegenden reichhaltigen Material beitragen.
Ein Anliegen, das in der Stadt, deren offizielles Programm diese Problematik konsequent ignoriert, nicht eben auf Gegenliebe stößt. In keiner der umfänglichen Veranstaltungs- und Ausstellungsübersichten wird die Ausstellung „Caspar David Friedrich im Nationalsozialismus“ auch nur erwähnt. Als Örtlichkeit wurde ihr schließlich ein versteckter ehemaliger Bahnhofskiosk zugewiesen, wo sie bis Mitte September zu sehen ist; ab 19. September muss man sich dazu ins Institutsgebäude Bahnhofstraße 46/47 begeben.
Dabei ist die Ausstellung von einiger Brisanz, zeigt sie doch, wie Friedrich, der natürlich nichts dafür kann, wie ihn nachfolgende Obrigkeiten für sich nutzbar zu machen versuchten, schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts als „großer, blonder, blauäugiger Mann“ zu einem „Ur-Norddeutschen“ stilisiert wurde. Für die Nazis war er folglich einer, der „mit seiner Scholle verbunden war und aus der Kraft dieser Erde seine große Kunst hat entstehen lassen können“, wie Heck aus einschlägigen Schriften zitiert: „Eindeutig rassistisch!“
In dem 1940 erschienenen Buch „Caspar David Friedrich und seine Heimat“ von Kurt-Wilhelm Kästner wird der Maler als von „unbeirrbarer nationaler Gesinnung und Treue“ geschildert, der „deutsch durch und durch“ sei. Seine künstlerische Kraft schöpfe er „allein aus der ewigen blutsmäßigen Verbundenheit zur Heimaterde“. Noch weiter ging Kurt Karl Eberlein in seinem Buch „Caspar David Friedrich als Landschaftsmaler“, mit dem er helfen wollte, „dem deutschen Volk und seiner Jugend … das alte große Gesetz der nordischen Kunst“ zu erhellen.
Eberlein war es auch, der wesentlich die pompöse Feier vorbereitete, mit der am 7. Mai 1940 des 100. Todestages Friedrichs im Greifswalder Theater gedacht wurde. Zu Beethovens 9. Sinfonie wurde dabei eine Büste Friedrichs mit einem Lorbeerkranz gekrönt. Der Oberbürgermeister und der inzwischen zum Universitätsrektor aufgestiegene Kästner hielten weihevolle Reden, dem „Führer“ wurde ein Huldigungstelegramm gesandt. Das Kunstseminar der Universität wurde zum Caspar-David-Friedrich-Institut, und es gab sogar die Initiative, der Stadt selbst den Namen Caspar David Friedrichs anzufügen.
Das so aufgewertete Institut bedankte sich auf seine Weise, indem es an der Herausgabe kleiner Heftchen für die Uniformtasche oder den Tornister der Frontsoldaten mitwirkte. Sie enthielten einfache Reproduktionen von Friedrichs Bildern des „deutschen Waldes“ oder der Kreidefelsen und sollten sie daran erinnern, dass sie für diese „Heimat“ an die Ostfront zogen. „Ein Zusammenhang von Person, Rasse und Scholle sollte empfunden werden“, sagt Kilian Heck, „eine extrem perfide Methode, wie Friedrich instrumentalisiert worden ist.“
Gerade weil Heimat heute wieder von vielen als Wert empfunden werde, was durchaus erklärbar sei, dürften solche Entwicklungen nach Meinung der Ausstellungsmacher nicht so unkritisch gesehen werden, wie dies bei der Ehrung für Caspar David Friedrich geschehe. Mit der Schau wollten sie für mehr Transparenz auch bei unbequemen Sachverhalten sorgen.
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