Eheschließungen in Adelskreisen waren in früherer Zeit vor allem zweckbestimmt: Es ging um Fortbestand der Familie, Legitimität der Nachkommen durch Gleichgeborenheit der Ehepartner und – geschickte Heiratspolitik vorausgesetzt – Wahrung und bestenfalls Steigerung der gesellschaftlichen Stellung sowie Erhalt und gegebenenfalls Erweiterung des Eigentums der Familie. Liebesheirat, Scheidung und/oder Ehelichung einer zuvor bereits verheirateten Frau waren eher selten.
Nicht so beim Gründer von Putbus – Wilhelm Malte. Die Umstände seiner Heirat wären heute gern genommener Klatschgegenstand der Regenbogenpresse:
Im August 1806 heiratete Wilhelm Malte Sophie Friederike Wilhelmine Louise Gräfin von Veltheim, geborene Freiin von Lauterbach, Tochter des Frankfurter Schöffen Johann Christof von Lauterbach und dessen Ehefrau Susanna Elisabethe, geborene Brunner. Er hatte sie im gleichen Jahr bei einem Besuch seines Göttinger Studienfreundes Röttger Graf von Veltheim in Berlin kennengelernt – als dessen Gemahlin! Glaubt man den Chronisten, insbesondere dem Direktor des Pädagogiums zu Putbus und ersten Biographen Wilhelm Maltes, Leopold Spreer, so soll die Gräfin ihren damaligen Gatten, den sie 1802 geehelicht hatte, um die Scheidung gebeten haben und beide Grafen sollen sich schnell und freundschaftlich geeinigt haben. Graf Veltheim, Stammhalter des Grundbesitzes Harbke bei Braunschweig, habe seiner ehemaligen Frau und dem Freund zur Hochzeit gratuliert. Von da ab wurde Wilhelm Malte von seiner Frau auf Reisen begleitet und bestieg mit ihr im Februar 1811 sogar den Vesuv. In seinem Reisetagebuch vermerkt er, dass ihm die Führer bescheinigten, sie wäre „die erste Dame, die von ihnen hierher geführt worden war“.
Vermutlich, darin sind sich die meisten heutigen Autoren einig, handelte es sich hier um eine der seltenen Liebesheiraten in Adelskreisen, ohne jedes andere Kalkül. Unter den adligen Zeitgenossen gab es deshalb durchaus Bedenken und die Befürchtung, „bestehende Gesetze und Gebote göttlicher und menschlicher Autorität“ würden durch eine derartige Eheschließung ins Wanken gebracht. Spreer schrieb, alle Verehrer des Fürsten hätten sich gewünscht, „er möchte auf anderem Wege zu dieser fast 50 Jahre währenden, so überaus glücklichen Ehe gekommen sein“.
Nach dem Tod Maltes 1856 ließ Louise durch den deutschen Bildhauer Friedrich Johann Heinrich Drake das noch heute im Park von Putbus existierende Denkmal schaffen, auf dessen vier Sockelreliefs wichtige Lebensstationen des Fürsten dargestellt sind.
Der bekannter Pferdekundler Röttger Graf von Veltheim, ältester Sohn des Grafen August Ferdinand von Veltheim und dessen Ehefrau Ottonia Henriette von Arnim, heiratete kurze Zeit nach der Scheidung von Louise seine Geliebte, die 1781 geborene Charlotte Antoinette (auch Antonie) Friederike von Bülow. Sie, wohl eine ehemalige Hofdame der Prinzessin von Braunschweig, war Tochter des Oberforstmeisters und Gutsbesitzers von Gut Beienrode, Johann Julius Franz von Bülow, und dessen Ehefrau Elisabeth (Lisette) Auguste von Veltheim.
Als Charlotte 1848 nach 40 Ehejahren aufgrund einer Lungenentzündung starb, erschoss sich Röttger von Veltheim noch am gleichen Tag. In Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895) schrieb der Militärschriftsteller und Offizier Karl Georg Heinrich Bernhard von Poten: „Nachdem eine Ehe, welche er am 24. December 1802 mit einem Fräulein v. Lauterbach geschlossen hatte und aus welcher eine wieder mit einem V. vermählte Tochter hervorgegangen war, im J. 1806 getrennt worden, worauf die Geschiedene den Fürsten Malte Putbus heirathete, schritt V. am 26. März 1808 zu einer zweiten, kinderlos gebliebenen Ehe mit einem Fräulein v. Bülow. Wenige Stunden nach dem am 27. März 1848 erfolgten Tode der Letzteren erschoß er sich, da er ohne sie nicht leben mochte, am nämlichen Tage zu Braunschweig.“
Die Ehe Röttgers mit der von Bülow – so die überwiegende Darstellung – blieb im Gegensatz zur ersten Ehe mit Louise, aus der angeblich die 1805 geborene Tochter Ottonie von Veltheim stammte, kinderlos. Vereinzelt wird jedoch angenommen, Ottonie sei bereits aus dem außerehelichen Verhältnis von Röttger mit der von Bülow hervorgegangen. Das würde auch die schnelle und reibungslose Scheidung Louises von Röttger erklären. Aber „natürlich“ konnte man das Kind aus einer außerehelichen Liaison nicht als solches im adligen Stammbaum ausweisen. Könnte deshalb Ottonie der Ehe Röttgers mit Louise „zugeschrieben“ worden sein oder wurde sie tatsächlich ein Jahr vor der Scheidung als beider gemeinsames Kind geboren?
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