Hölderlin hat den Himmel wieder
aufgefüllt. Ein Gott genügt ihm nicht
für seinen Dank, das Tagewerk der
Menschen und der Natur, der großen,
mit Jahreszeiten, Ebbe, Flut und,
unentrinnbar, Trauer, Liebe, oft
zugleich.
Wie soll nur einer jeden Wert erkennen
und eines jeden Anmut im Gebet, wenn
sein Gestammel kaum erklären kann die
Herrlichkeiten, die sich in der Hand,
der schrundigen, der glatten, wägen lassen,
den Magen füllen und die wunde Seele
schmücken?
Ein Gott allein bleibt doch ein Gott-
zum Lügen. Dieses Lebensknäul indessen
auf dem Olymp lässt sich für Lustbarkeiten
mehr Zeit, als unsereiner hat, und hörig
ist kein Gespiele einem anderen. Aber
auch einer ohne all die andern wär
nicht frei.
Doch Eitelkeit will Opfer, droben auch.
In solcher Republik ist leicht zu spaßen
mit frommen Sklaven unten, wenn man selbst
unsterblich ist. Wen aber sonst anrufen
und sich verdingen wem? Tyrannen? Gott,
der eine, ist nicht Freundin oder Freund,
nur Herr.
Beschützerinnen braucht es und Beschützer,
die lieben ohne Peitsche in der Hand. Er
singt den Göttern Dank, die ihn mit Lust
und List umkreisen in den Labyrinthen
des Wandels und des Wachsens, dabei gern
an sich wohl denken, gern doch auch
an ihn.
November 2022
Schlagwörter: Henry-Martin Klemt, Hölderlin