25. Jahrgang | Nummer 24 | 21. November 2022

Antworten

Michael Maier, Berliner Zeitung – In einem Beitrag über die klimaschädigenden Kollateralschäden von militärischen Aktivitäten im Allgemeinen und von Kriegen im Besonderen haben Sie daran erinnert, dass es während der Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll 1997 die Delegierten der USA waren, die aus Gründen der nationalen Sicherheit forderten, das Militär von der Meldepflicht für Treibhausgase auszunehmen, und dass dieser Ansatz sich bis heute gehalten hat. Und Sie hatten aktuelle Angaben zur Hand: „Die Streitkräfte der Welt hinterlassen einen massiven CO2-Fußabdruck, der in allen globalen Berechnungen fehlt. Der Ausstoß aller militärischen Aktivitäten in der Welt macht etwa fünf Prozent der globalen Emissionen aus. Das ist etwa gleich viel wie die gesamte zivile Schifffahrt oder die Luftfahrt.“ Und: „Wenn sie eine Nation wären, hätten die Streitkräfte der USA die höchsten Pro-Kopf-Emissionen der Welt […].“ Nicht zuletzt findet sich in Ihrem Beitrag diese treffliche Bemerkung: „Doch während ‚Flugscham‘ fast schon ein Volkssport ist, ist von ‚Kriegsscham‘ noch wenig zu hören.“

Noch?

Hoffen Sie etwa, dass sich das bei Kriegern mal ändern könnte?

Sabine Rennefanz, Spiegel-Kolumnistin – In einer Ihrer bemerkenswerten Kolumnen in SPIEGEL online haben Sie am 17. November darauf hingewiesen, dass es nicht an der Zeit sei, „… den dritten Weltkrieg auszurufen“, was einigen von Ihnen zitierten bekannten Persönlichkeiten sozusagen unterlief, die sofort zu wissen glaubten, dass Russland nun Polen angegriffen habe, nachdem dort eine Rakete eingeschlagen war, die sich eher als ein Irrläufer der ukrainischen Luftabwehr erwies, wozu Untersuchungen noch laufen. Sie betonen weiter, sie hätten „… diese Woche in unzähligen Tweets und Meinungsbeiträgen gelesen, wie absurd es sei, derzeit Verhandlungen oder ein Einfrieren des Konflikts zu fordern. Dabei wird genau darüber in der amerikanischen Regierung nachgedacht.“ Und schließlich wagen sie zu fragen, ob es die 89er „Friedliche Revolution vielleicht nie gegeben hätte“, wenn damals schon Twitter und Facebook verbreitet gewesen wären. Wir schließen uns Ihren Gedanken und Ihrem Dank an Joe Biden gern an und gratulieren zu so viel Klarsicht.

Donald Trump, „Rentner aus Florida“ – Die Boulevardzeitung New York Post hat sich über Ihre Ankündigung lustig gemacht, bei den Wahlen 2024 erneut für das Amt des Präsidenten der USA kandidieren zu wollen. Auf Seite 26 ihrer Ausgabe meldete sie, „ein Rentner aus Florida“, der „begeisterte Golfer Donald J. Trump“, habe die Ankündigung, „die kein Politik-Experte hatte kommen sehen“, in Mar-a-Lago gemacht, „seinem Resort und seiner Bibliothek für Geheimdokumente“. Weiter wusste sie zu berichten: „Seine Cholesterin-Werte sind unbekannt, aber sein Lieblingsessen ist gegrilltes Steak mit Ketchup.“

Die New York Post gehört zum Imperium des Medienmoguls Rupert Murdoch, das lange Zeit fest an Ihrer Seite stand und Ihre Falschbehauptung verbreitete, 2020 sei Ihnen der rechtmäßige Wahlsieg gestohlen worden. Jetzt scheinen sich Murdochs Medien von Ihnen zu distanzieren. Leider aber bietet das keine Gewähr dafür, dass Ihre Ankündigung, eigentlich eine Drohung, nicht wahr wird.

Oskar Werner, Ausnahmeschauspieler – Bis dato sind Sie der letzte deutschsprachige Schauspieler, der für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert wurde. Das war für Ihre Darstellung des Bordarztes in Stanley Kramers „Das Narrenschiff“ von 1965. Ihre Sterbeszene schrieb Filmgeschichte. Im Drehbuch stand lediglich die Anweisung „vom Stuhl kippen“. In Eigenregie machten Sie daraus einen Myokardinfarkt mit allen klinischen Symptomen. Die Sequenz veranlasste Spencer Tracy (selbst zweifacher Oscar-Preisträger als Hauptdarsteller und weitere sieben Mal nominiert), Sie als „besten Schauspieler überhaupt“ zu bezeichnen. Sie selbst sagten von sich: „Zwei Luxusartikel habe ich mir immer geleistet: Zeit und Charakter.“ Letzteres ließ Sie – die Zahl gilt als verbürgt – etwa 300 Filmangebote, davon 80 aus Hollywood, selbst von solchen Regie-Monumenten wie Alfred Hitchcock, Sidney Pollack und auch von Ihrem engen Freund Kramer, ablehnen, weil Ihnen die Qualität der Drehbücher nicht zusagte.

Nicht zuletzt faszinierten Sie durch Ihre Stimme. Es gibt eine Doppel-CD, auf der Sie auf beiden Scheiben ein und dieselbe Erzählung lesen – Rilkes „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“. Einmal als recht junger Schauspieler und einmal als gereifter Mime. Ein exzeptionelles Erlebnis für Hör-Gourmets!

Gerade jährte sich Ihr Geburtstag zum 100. Male. Da wollen wir uns mit diesem nachträglichen Ständchen in die beachtliche Phalanx von Laudatoren einreihen. Zwar heißt es in Schillers Wallenstein Prolog „Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“, doch – keine Regel ohne Ausnahme …

Wolf Schneider, einzigartiger Sprachfreund – Als Leiter der Henri-Nannen-Schule für angehende Journalisten waren Sie über viele Jahre eine wichtige Stimme für einen sachgerechten Gebrauch der deutschen Sprache. Mehr als zwanzig Bücher zu stilvoller Sprachkultur verdanken wir Ihnen, darunter das empfehlenswerte „Deutsch! Das Handbuch für attraktive Texte.“ Legendär wurde Ihr Verdikt zur Gendersprache als „Wichtigtuerei von Leuten, die von Sprache keine Ahnung haben“. Auch die Rechtschreibreform von 1996 fand bei Ihnen als „Beschäftigungstherapie für unterbeschäftigte Germanisten“ keine Gnade. An Ihre Moderationen der NDR-Talkshow denken wir gerne zurück. Für Ihr Lebenswerk erhielten Sie viele Auszeichnungen. Sie waren Mitglied in Verein Deutsche Sprache (VDS). Im Alter von 97 Jahren sind Sie jetzt gestorben. Gutes Deutsch ist keine Ansichtssache – es lässt sich definieren. Sie haben wichtige Anregungen dazu gegeben. Ihr unvergessenes Credo: „Liebe deinen Leser wie dich selbst.“

Mick Schumacher, beim Formel-1-Team Haas ausgemusterter Rennfahrer – „Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt einen guten Job gemacht“, kommentierten Sie enttäuscht Ihren Rauswurf. Ihr Arbeitgeber sah das offenbar anders. In 43 Formel-1-Rennen waren Sie tatsächlich zweimal „in die Punkte“ gefahren. Das soll hier gar nicht kommentiert werden, denn Technik und folglich Geld dürften in ihrem Metier eine größere Rolle spielen als fahrerisches Können. Ungeachtet dessen verkündeten Sie: „Mein Feuer brennt für die Formel 1.“ Einer Ihrer berühmt gewordenen Kollegen, der verstorbene Niki Lauda, hatte sich in einem lichten Moment gefragt: „Warum soll ich wie ein Trottel mit den anderen im Kreis fahren?“ Weil’s viel Geld einbringt, muss er sich später gesagt haben. Sie hätten jetzt immerhin die Chance zu beweisen, dass die Familie Schumacher auch anderes kann als „wie Trottel im Kreis fahren“.