24. Jahrgang | Nummer 24 | 22. November 2021

Antworten

Elke Kahr (KPÖ), steirisches Polit-Phänomen – Seit kurzem sind Sie Bürgermeisterin von Graz. Der Gemeinderat der zweitgrößten Stadt Österreichs wählte Sie zwei Monate nach Ihrem überwältigenden Sieg bei den Kommunalwahlen zur ersten kommunistischen Bürgermeisterin. Wenn wir richtig addieren, ohne die Stimmen der „Freiheitlichen“ …

Glückwunsch und Respekt! Wir wünschen Ihnen von Herzen Erfolg!

Christoph Kuckelhorn, Chefjeck aus Köln – Pünktlich zum 11.11. marschierte Ihr infizierter Prinz Sven in die Quarantäne. Bauer Gereon und Jungfrau Björn sind da bereits drin. Damit hat es das komplette „Kölner Dreigestirn“ erwischt. Das Blättchen wünscht gute Besserung! Dennoch drängelten sich auch am 11.11.2021 um 11.11. Uhr die Massen auf den Kölner Straßen. Macht nichts. „Wir wissen, was wir tun“, erklärten Sie auf blöde Nachfragen nach dem Zusammenhang zwischen Corona und Karneval.

Das glauben wir Ihnen gerne. Sie sind Bestattungsunternehmer. In Köln betreiben Sie sechs Standorte. Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben.

Bettina Jarasch (Grüne), verhinderte Indianerhäuptlingin aus Berlin – Sie haben eine Vision. „Wir wollen Berlin zum Vorbild für ganz Deutschland machen“, erklärten Sie am Rande der Koalitionsberatungen. Landsleute, haltet Abstand, kann man da nur aufrufen. Hier hauen inzwischen selbst die Wasserbüffel ab! Die sechs Flüchtlinge aus dem Tegeler Forst wurden allerdings wieder eingefangen. Ob Ihre Vision der Grund ist, weshalb Ihre Partei die deutsche Hauptstadt partout zur Fahrradstadt machen will? Mit dem Lastenrad wird es Fluchtwilligen ergehen wie den bedauernswerten Büffeln. Man kommt nicht sehr weit …

Christine Haberland (ÖVP), Beobachterin – So ganz nebenbei sind Sie ja auch noch als oberösterreichische Landesrätin im Kabinett Ihres Parteikollegen Thomas Stelzer tätig. Für die Piefkes unter den Blättchen-Lesern: Landesrätin entspricht in Deutschland dem Amt einer Ministerin. In Linz dürfen Sie ein Ressort betreuen, das augenblicklich nirgendwo auf der Welt vergnügungssteuerverdächtig ist, das Gesundheitswesen. Um so nervender ist es, wenn einem die Medien immer wieder dieselben Fragen stellen: nach der eigenen Verantwortungswahrnahme für rasant steigende Infektionszahlen zum Beispiel. Oberösterreich gehörte bislang zu den Bundesländern mit der geringsten Impfquote, aber auch mit den höchsten Fallzahlen … Da können Sie doch nichts dafür! So erwischten wir uns beim Absondern einer Mitleidsträne anlässlich eines Interviews, das Sie am 10. November dem Morgenmagazin von Ö 1 geben mussten. Der Kollege wollte sich doch partout nicht mit Ihrer durchschlagenden Antwort „Wir beobachten die Zahl ganz genau“ zufrieden geben. Obwohl Sie das immer wieder sagten! Im Gegenteil, er suchte gar das vermeintliche Nichtstun der Landesregierung – der Sie damals schon angehörten – mit „Rücksicht auf die Impfgegner“ vor den Landtagswahlen am 26. September 2021 zu erklären.

Mein Gott! Auch in Deutschland waren an dem Tag irgendwelche Wahlen. Auch bei uns galt die Pandemie – mit Ausnahme bei den ewig rumnölenden Virologen – für erledigt und das Volk ging entkrampft an die Wahlurnen. Dass sich das jetzt ein ganz klein wenig anders darstellt, dafür kann doch auch hier keiner was! Aber so blöde Fragen wie der Ö 1-Mensch stellt in unseren Medien keiner mehr.

Dafür haben Sie jetzt einen Laden am Hals, der unseren Parlamenten erspart blieb. MFG. „Menschen Freiheit Grundrechte“. Mit 6,23 Prozent zog die Impfgegnerpartei in den öberösterreichischen Landtag ein. Sowas wird bei uns nicht gebraucht. Diese Leute hocken bei uns in allen Parteien. Und auf die nehmen wir nicht nur vor Landtagswahlen Rücksicht!

Götz Aly, Merkel-Laudator – In einem Beitrag für das französische Blatt Le Monde teilten Sie unseren gallischen Nachbarn jetzt mit, Angela Merkel entstamme „einer berühmten – katholisch geprägten Ländern ganz und gar fremden – deutschen Institution: dem evangelischen Pfarrhaus“. Diesem „bildungs- und aufstiegsbeflissenen Zentrum“ seien Hunderte gut bekannte Berühmtheiten zu verdanken: „Sie reichen von Gotthold Ephraim Lessing über Friedrich Nietzsche bis Hermann Hesse, von der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin bis zum Nazi-Märtyrer Horst Wessel, von Wilhelm Busch bis Christoph Hein – vom gesinnungswilden Rebellen über den moralgesättigten Geistesarbeiter bis zum verantwortungsethischen Pragmatiker.“

Dabei sind Ihnen allerdings zwei gravierende Fehler unterlaufen. Erstens edelt man nicht en passant fanatische ideologische Überzeugungskriminelle wie Ensslin und Wessel zu „gesinnungswilden Rebellen“ auf. Und zweitens kann man die Bundeskanzlerin zwar, wie Sie es getan haben, der Gruppe der „verantwortungsethischen Pragmatiker“ zuordnen, das berechtigt einen allerdings nicht, das entscheidende Alleinstellungsmerkmal der Kanzlerin zu unterschlagen!

Der Sachverhalt von 16 Jahren als Kabinettchefin ohne einen einzigen persönlichen Skandal – keine Spendenaffäre (Kohl), keine Entgegennahme von Barem von der Waffenlobby (Schäuble), keine „brutalstmögliche Aufklärung“ von Schwarzgeldkonten (Koch), noch auch nur publicitygeiler Nonsens wie die „Steuererklärung auf dem Bierdeckel“ (Merz) – hebt Angela Merkel auf eine Stufe deutlich oberhalb des üblichen Personals: a class of its own.

Soviel Souveränität in der Bewertung einer Persönlichkeit, in deren politischer Bilanz wir mehr als nur ein Haar in der Suppe finden, gestatten wir uns an dieser Stelle.

Sören Benn, bockiger Bürgermeister aus Pankow – Sie machen jetzt einen auf beleidigt, weil es Leute gibt, die Ihnen unterstellen, Sie hätten sich mit AfD-Stimmen zum Bezirksbürgermeister wählen lassen. Natürlich haben Sie das nicht. Sie hatten allerdings versucht – Ihre Partei, DIE LINKE, landete bei den Wahlen auf Platz 2 –, mit Hilfe einer „Zählgemeinschaft“ die grüne Wahlsiegerin gar nicht erst auf den Bürgermeisterinnenstuhl rauf zu lassen. Für Nicht-Berliner: Für die hiesigen Kommunalverwaltungen gilt das Proporzsystem. Das heißt, der Zugriff auf die Posten erfolgt nach Stärke der Parteien. Das Bürgermeisteramt steht natürlich der Wahlsiegerin zu. Es gibt aber einen Widerhaken: Um zu verhindern, dass die PDS einen Bürgermeisterposten erhält, wurde 1990 für ebendiese Wahlen in den Bezirksverordnetenversammlungen die Möglichkeit einer „Zählgemeinschaft“ geschaffen. Manche verwechseln das mit dem „politischen Bezirksamt“. Es ist aber eine reine Parteienverhinderungsregel, die längst wieder abgeschafft gehört. Sie befördert nur Filz und Klüngelwirtschaft. Dass die inzwischen auch auf die Vorsteherämter der Bezirksverordnetenversammlungen angewendet wird, ist ein eigentlich nicht hinzunehmender Regelverstoß. Aber wo kein Kläger ist… Und tatbeteiligt sind inzwischen irgendwie alle, selbst die Tierschutzpartei ließ sich einkaufen.

Aber zurück zu Ihnen, Herr Benn. Ihre Versuche, eine „Zählgemeinschaft“ gegen die Grünen zu bilden, scheiterten. Die Grünen ließen sich nicht gegen sich selbst in Stellung bringen. Und die CDU wählt eher … aber lassen wir Thüringen aus dem Spiel. Am 4. November 2021 traten Sie jedenfalls an. 23 Stimmen brachte Ihre „Zählgemeinschaft“ aus SPD und LINKE zusammen. 28 hätten Sie gebraucht, 29 waren es schließlich. Nach der Wahl erklärten die 5 AfD-Verordneten, sie hätten geschlossen für sie gestimmt, weil Sie doch ein so guter Bürgermeister wären. Schnapp! Die Falle war zu.

Die Wahl war geheim. Die AfD-Leute können’s nicht beweisen, Sie aber auch nicht das Gegenteil. Politisches Herumgetöse nutzt da gar nichts. Sie sind ohne eigene Mehrheit in die Wahl gegangen – angeblich gab es „vertrauliche Nebenabsprachen“ mit CDU- und FDP-Leuten … Ja, was soll das denn! Solche Kungelei macht es doch nur noch schlimmer! Ihre Partei war einmal mit dem hehren Anspruch angetreten, einem anderen Politikstil zum Durchbruch zu verhelfen, als er im verfilzten Berlin sonst üblich ist. Fakt ist, Sie können die Zweifel nicht ausräumen. Den hellblauen Fleck haben sie bis zum Ende der Wahlperiode auf der Weste, und Ihre Partei wird sich in Permanenz vorwerfen lassen müssen, sich notfalls mit den Stimmen der Rechten Mehrheiten zu sichern. Ein politischer Super-GAU.

Natürlich kann man nicht verhindern, dass einem die AfD zustimmt. Wenn man eine eigene Mehrheit hat, ist das kein Problem. Hat man die nicht und verhält sich so wie Sie, sollte man die eigene antifaschistische Rhetorik etwas dämpfen. Sie sitzen in der Falle.