23. Jahrgang | Nummer 25 | 7. Dezember 2020

Antworten

Gabriela Susanne Kerner, genannt Nena, Pop-Röhre – In einer Zeit, in der Köche, Frisöre, Oberhemdenschneider und Fernsehmoderatoren Analysen, Stellungnahmen und Prognosen zuhauf zu den Themen der Zeit abgeben, fallen auch Sie gelegentlich durch nichtgesungene Äußerungen auf. „Wir befinden uns in einem intensiven Aufwachprozess“, lautet Ihr aktueller Befund hinsichtlich der Covid-19-Pandemie. So kann man es auch sehen, einmal abgesehen davon, dass viele Menschen – um in ihrem Bilde zu bleiben – lieber weiter geschlafen hätten, dann würden sie noch leben: Die Zielgruppe der Zeitschrift, der sie diese Erkenntnis verklickerten, sollte tatsächlich aufwachen, ehe sie sich in Bewegung setzt. Es ist die ADAC Motorwelt.

Knut Kucznik, Schafzüchter aus Brandenburg – Sie wurden auf Betreiben des Bundesvorsitzenden Günther Czerkus und seiner Vorstandsfreunde aus dem Bundesverband der Berufsschäfer ausgeschlossen, weil Sie öffentlich zeigten, wie man mit Schutzzäunen und Schutzhunden Schafe und Ziegen vor Wolfsangriffen schützen kann. Unsere Sympathien sind bei Ihnen. Schon mit dem Auftauchen der ersten Wolfsrudel griff die deutsche Jägerschaft gerne mal auf den guten, alten Slogan „Schießen, graben, schweigen …“ zurück. Und jetzt kommen Sie auch noch mit der fürwahr unverschämten Behauptung „Wer Tiere halten möchte, der muss diese auch beschützen.“ Nach Ansicht Ihres (nun ehemaligen) Verbandes sei das eine Beleidigung der Kollegen Schäfer gewesen. Hat der Herr Czerkus eigentlich einen Jagdschein?
Ach so, Ihr Amt, meldet die dpa, dürfen Sie natürlich behalten. Sie sind Vorsitzender des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg.

Annalena Baerbock, schießwütige Friedensfreundin – Schön, dass Sie die Nöte unserer Wehr-, hoppla, der Bundeswehr, thematisieren: „Es fehlen Nachtsichtgeräte zum Üben, von Flugstunden ganz zu schweigen. Wir müssen uns da ehrlich machen. Ja, in manchen Bereichen muss man mehr investieren, damit Gewehre schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren.“ Zudem sprechen Sie sich für die mögliche Beteiligung an „robusten europäischen Militäreinsätzen“ – so die Süddeutsche Zeitung – aus. Denn wenn der Westen Staaten wie China, Russland oder der Türkei nicht das Feld überlassen wolle, müsse Europa seine „Friedensrolle“ in der Welt wieder ernster nehmen. Genau! Wenn schon Krieg, dann wollen wir auch dabei sein! Wer hat denn hier, historisch gesehen, die größten Erfahrungen? Doch nicht diese Loser! Schließlich haben wir denen allen schon einmal gezeigt, wo Thors Hammer hängt.

Aminata Touré, ehemalige Premierministerin der Republik Senegal – Im Gespräch mit dem Spiegel zeigen Sie sich verwundert darüber, dass die Länder des Westens anlässlich der eigenen Corona-Nabelschau vollkommen übersehen haben, dass viele Staaten Afrikas die Pandemie offensichtlich besser im Griff haben: „Die Welt hätte von Afrika lernen können.“ Das stimmt schon, aber geht das nicht ein bisschen zu weit? Wir ändern doch nun schon unsere Straßenschilder und Kinderbücher, schmeißen Denkmäler in Hafenbecken und sind auch sonst die Guten. Immerhin hat die Bundeswehr auch schon mal in Senegal geübt. Wir sind notfalls zu entschieden mehr in der Lage. Von Afrika lernen, also wirklich …

Slavoj Žižek, Star-Philosoph – Auf die Frage ob Sie sich im Januar gegen Corona impfen lassen werden, haben Sie geantwortet: „Sofort, ja. Warum auch nicht? Ich werde die Impfung schnell bekommen. Ich bin 71 Jahre alt, habe Diabetes, einen relativ hohen Bluthochdruck. Ich erfülle alle Punkte auf der Liste, die einen angreifbar machen.“ Das ist ein klares Statement und dürfte unserem Bundesgesundheitsminister aus der Seele gesprochen sein. (Handelsblatt unter Bezug auf Jens Spahn: „Die ersten Impfungen werden für Senioren, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen reserviert sein.“) Und lassen Sie sich bitte keinesfalls vom Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und Mitglied im Managementboard der Europäischen Arzneimittelagentur, Prof. Dr. Wolfgang Ludwig, verunsichern, der erklärt hat, dass nicht bekannt sei, ob „sehr vulnerable Patienten mit […] geschwächtem Immunsystem in ausreichender Zahl in den Studien untersucht wurden, das heißt, wir werden wahrscheinlich ältere Leute impfen, ohne sicher sein zu können, welche Wirksamkeit und welche Sicherheit der Impfstoff gerade in dieser so wichtigen Population hat“.
Obwohl – auch der Chef des Robert-Koch-Instituts, Professor Dr. Lothar H. Wieler, hat zu Protokoll gegeben: „Also, wir gehen alle davon aus, dass im nächsten Jahr Impfstoffe zugelassen werden. Wir wissen nicht genau wie die wirken, wie gut die wirken, was die bewirken, aber ich bin sehr optimistisch, dass es Impfstoffe gibt, ja.“

Stefan Jacobs, Tagesspiegel-Rechenkünstler – Sie bejubelten am Eröffnungstag auf der Internet-Seite Ihres Blattes die neue, also eigentlich nur die verlängerte U-Bahnlinie 5 in Berlin. Auf 2,2 Kilometer Länge wurden schlappe 540 Millionen Euro in märkischem Sand und Modder versenkt. Dafür könnten die Hellersdorferinnen und Hellersdorfer jetzt das „Rohr zur Welt“ bis zum „Kanzlerinnenamt“ nutzen und „öfter mal in die Stadt fahren“. Da solle es „einiges zu sehen geben, sagen Leute, die schon öfter da waren“.
Uff, das sitzt! Eleganter kann man den bräsigen Dorftrotteln vom „gemütlichen“ östlichen Stadtrand nicht klarmachen, dass sie gefälligst mal den Hintern aus den abgewetzten Fernsehsesseln im Plattenbau heben sollen. Hübsch sind ihre Überlegungen zum Zeitgewinn eventuell reiselustiger Dörfler. Sie räumen ein, dass man am S- und U-Bahnhof Wuhletal – mit präzise getakteten Anschlüssen, ein bei den Abwicklungen offenbar vergessenes DDR-Relikt – von der U-Bahn in die S-Bahn wechseln könne. Die braucht genau 29 Minuten bis zum Hauptbahnhof, da ist Endstation, nicht am „Kanzlerinnenamt“. In der U-Bahn hingegen ist man für dieselbe Strecke (laut BVG-Fahrplan) 38 Minuten eingequetscht.
Ihr Byzantinismus wird beinahe nur noch von einem Herrn von Dassel (Grüne), getoppt, der verkündete, nun könne Hellersdorf doch endlich ohne Umstieg in der Friedrichstraße shoppen gehen. Stephan von Dassel muss nicht wissen, dass „Hellersdorf“ auch am S-Bahnhof Friedrichstraße ohne Umstieg austeigen kann. Er ist nur Bürgermeister von Berlin-Mitte. Der Lichtenberger Bürgermeister Michael Grunst (DIE LINKE) hingegen kriegt die Schleimerkrone. Er hat vergessen, dass seine Partei einstmals die Kanzler-U-Bahn als unsinnig heftigst bekämpft hatte und hofft nun, dass diese gewaltige Touristenströme nach Lichtenberg umlenkt. Einmal abgesehen davon, dass die Touris bislang schon mit der U 5 fast an Grunsts Rathaus anstranden konnten („Frankfurter Allee“) – wer will denn nach Lichtenberg? Die Bürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf wiederum wünscht sich, dass die Ströme erst in ihrem Bezirk versiegen … Das hätten die auch bislang schon gekonnt. Nochmal: ein Zeitgewinn von minus neun Minuten für 540 Millionen Euro. Tolle Rechnung, Kollege Jacobs! Wir lieben die Hauptstadtpresse.