22. Jahrgang | Nummer 24 | 25. November 2019

Ms. Monopoly gibt Frauen Spielgeld

von Thomas Behlert

Bald tritt wieder die Jahreszeit in Kraft, die uns ins Haus und manche sogar an den Spieltisch zwingt. Wir werden unter anderem gegen Nachbarn Figuren auf einem Brett hin und her schieben, am Ende uns wütend vergraben oder etwas veranstalten, das im normalen Leben Tabu ist. Beim Spiel möchte der Mensch nämlich mehr als im richtigen Leben: Er will als kleiner Angestellter fies werden, den Millionär raus hängen lassen und unbedarften Familienmitgliedern die Miete nur so aus der Tasche ziehen. Mit Wasserkraftwerken ist allerdings kein großes Geld zu verdienen, man landet eher im Gefängnis.
Spielwütige haben schon erkannt, um was es geht: Um das unsägliche Spiel „Monopoly“, das den reinen Kapitalismus und das Ausbeuten des Menschen durch den Menschen sogar ins Kinderzimmer bringt. Mit dem klassischen Spiel, das vor mehr als 80 Jahren erstmals verkauft wurde, war die amerikanische Herstellungsfirma Hasbro, die in Pawtucket / Rhode Island ihre Millionen scheffelt, schon länger nicht mehr zufrieden. Spieler lassen sich auch nicht vom deutschen Schlagersänger Klaus Lage abbringen, der zwar ein negatives Lied über den Verkaufsschlager verfasste und in jedes Hitparaden-Mikrophon trällerte: „Monopoly, wir sind nur die Randfiguren in einem schlechten Spiel“, aber ansonsten damit recht ordentlich verdiente.
Im Lauf der Geldscheffeljahre reihten sich Monopoly-Extraausgaben an Extraausgaben, sogar der Nachwuchs wurde ins brutale Geldverdienen eingebunden und damit schon früh an die Welt des immer noch gut gedeihenden Kapitalismus gebunden, mit „Junior Banking“. Deppen, die noch unangenehmer am Spieltisch auffallen wollen, keine Rücksicht auf Freunde und Verwandte nehmen, begeistern sich für „Mogeln und Mauscheln“, „Banking Ultra“ und natürlich „Geldregen“. Doch der größte Geldregen prasselt seit 1923, als zwei Brüder das Unternehmen gründeten, auf Hasbro selbst nieder, denn sie übernehmen andere Firmen, machen platt oder kaufen auf. So geschehen 1984 mit Milton Bradley, nur fünf Jahre später kam Coleco hinzu, dann 1991 die einstmals ebenbürtige Spielwarenfirma Parker Brothers und 1998 Tiger Electronics, die als Höhepunkt Furby in die Kinderzimmer wuchteten und die Überwachung der kleinen Plagen möglich machten. Obwohl die großen Häuser und Hotels auf den Königsstraßen der Welt längst gebaut sind, will Hasbro immer mehr. Auf ihrem Einkaufszettel steht an erster Stelle die Firma Mattel, die unter jungen Mädchen Hysterie und Schlankheitswahn verbreitet, da eine dürre Puppe ohne Geschlechtsteile auf ihrem Mist gewachsen ist: Barbie.
Um den Umsatz von jährlich 5 Milliarden Dollar pro Jahr beim diesjährigen Weihnachtsgeschäft noch zu steigern, erfanden findige und windige Mitarbeiter das Brettspiel „Ms. Monopoly“. Laut vorausgeschicktem Pressetext ist diesmal alles ganz anders: „Ms. Monopoly ist immer auf der Suche nach Abenteuern und hat die typische Umtriebigkeit eines Monopoly-Moguls.“ Den Deckel ziert eine computeranimierte Frau, die mit lieblichem Hundeblick und einem umweltversauenden Kaffee-to-Go-Becher in der Hand verträumt in die Straße einer Märchenstadt blickt. Das wirkliche Leben wird so bereits mit der Verpackung ausgeschlossen. Damit auch nichts schief gehen und sich der Spielehersteller als Vorreiter für Frauenrechte feiern lassen kann, bekommen die Frauen im Spiel, und nur im Spiel wohlgemerkt, mehr Geld für ihre Tätigkeiten zur Verfügung gestellt. Und wenn sie es dann während des „Zockens“ über das „Los“-Feld schaffen, bekommen sie zudem 240 Dollar ausgehändigt. Männer nur 200 Dollar für die gleiche Amtshandlung. Hasbro meint selbst dazu: „Damit genießen Frauen die Vorteile, die in der realen Welt häufig Männern vorbehalten sind.“ Angeblich sollen damit kontroverse Diskussionen zum Thema Gleichberechtigung angestoßen werden. Bei näherer Betrachtung hat sich nichts geändert in der Welt der Gleichberechtigung: Die Frau wird immer noch dumm dargestellt und muss sich immer wieder mit Geld unter die Arme greifen lassen, damit sie an das Niveau eines Mannes heranreicht. Extra für die Frau wurde das klassische „Monopoly“ neu konzipiert, auf die brutale Geldgeilheit mit Straßen, Hotels und Mietshäusern verzichtet und sich mit Erfindungen von Frauen zufrieden gegeben. So werden Kaffeklatsch und Weltkriege auf die Frauen geschoben, denn Melitta Bentz erfand den vorgefertigten Kaffefilter und Hedy Lamarr entwickelte Spreizspektrums-Funkwellen, um im Zweiten Weltkrieg Torpedos zu lenken.
Wenn nun gering verdienende Frauen aus dem Handel, der Pflege und am Fließband sich über ihr Gehalt beschweren, kann der Chef, männlich was sonst, auf das neue Spiel „Ms. Monopoly“ hinweisen, an dem sich Frau abreagieren kann, und ansonsten alles bei der Ausbeutung belassen. Vorstand und Aufsichtsräte und nicht zuletzt die Besitzer der Spielzeugfirma Hasbro werden vor Gier und Lachen nicht mehr zur Ruhe kommen, da das Spiel auf die Schnelle von Männern verschenkt wird. Außerdem haben alle angeblichen Leitmedien Deutschlands bereits wohlwollend über diesen ganzen Quatsch berichtet.
Helft den Frauen und lasst „Ms. Monopoly“ in den Regalen liegen. Bastelt selbst etwas.