22. Jahrgang | Nummer 17 | 19. August 2019

Aufbruch der Schmetterlinge

von Renate Hoffmann

In einem alten Hause
in einer Dämmerklause
hing ein Kästchen an der Wand.
Darinnen sah man allerhand
an Schmetterlingen.
Pfauenaugen, Trauermäntel,
Admirale (ohne Händel!).
Den Kleinen Fuchs, den Schwarzen Bär,
Schwalbenschwänze und noch mähr,
die ein Sammler einst gesammelt
und hier an die Wand gebammelt,
wo sie nun seit Jahren hingen.

Man ahnt, was ihnen widerfuhr,
sie sehnten sich nach der Natur.
Nach Wiesen, Feld und Waldesruh,
ein bisschen Himmel noch dazu
und Busch und Baum und Plätscherbach …
Es drückte sie das große ACH.

Dann hörten sie alsbald mit Freuden,
am Mittwoch kämen and’re Zeiten.
Es solle nun auf uns’rer Erden
in Zukunft manches besser werden.
Viel gute Luft und frisches Grün,
welches die Sonne nun beschien.

Wir flattern aus! hieß die Parole,
der Menschheit und uns selbst zum Wohle.

Am Sonntag waren sie entschwunden,
die Braunen, Gelben und die Bunten
und schwebten voller Zuversücht
(hoffentlich war’s kein Gerücht),
auf Zickzacktaumelflatterwegen
den neuen Zeiten froh entgegen.

Das leere Kästchen an der Wand
war alles, was man später fand.