20. Jahrgang | Nummer 15 | 17. Juli 2017

Antworten

Richard Herzinger, unbegnadeter Kommentator – Nicht alles auf Wikipedia stimmt so wie früher im Großen Brockhaus, denn dieses kann doch nun wirklich nicht sein: Sie sollen mal für die erzlinke Jungle World geschrieben haben. Derzeit sind Sie jedenfalls bei Springer, und da sind Sie offenbar richtig.
Die WamS vom 2. Juli pries Sie auf dem Titelblatt – und zwar noch über dem Titel – an: „Wer Assad duldet, verrät die Werte des Westens. Von Richard Herzinger“.
Da kritisierten Sie Macron, der, oh Schreck, von „der internationalen Medienöffentlichkeit kaum bemerkt, […] die bisherige französische Position zu Syrien“ – quasi als ersten Amtsakt – aufgegeben habe. Das war Ihnen aber, pars pro toto, nur Symptom der allgemeinen „Tendenz zur Rehabilitierung des syrischen Despoten durch den Westen“. Denn auch eine „klare Linie Washingtons in Syrien ist […] weiterhin nicht zu erkennen“. Vor allem aber nahmen Sie den Ultrahyperschurken Putin ins Visier, ohne dessen militärische Intervention „der Diktator […] wohl längst nicht mehr an der Macht“ wäre.
Werter Herzinger, jetzt mal Sie pars pro toto genommen: Wem weiland, um ein Beispiel für unsere reiferen Leser zu nehmen, die Napalm- und Agent Orange-Einsätze unserer Führungsmacht in Indochina oder, auf das wir auch die jüngeren erreichen, die US-Folterpraxis in Abu Ghraib und Guantanamo keine Veranlassung gaben, die „Werte des Westens“ lauthals und im Stile einer tibetanischen Gebetsmühle anzumahnen, dem waren diese Werte offenbar stets weniger Handlungsmaxime als gern bemühter Knüppel-aus-dem-Sack gegen die jeweils Anderen. Da wäre es Putin gegenüber doch redlicher, ihm ein freudiges „Willkommen im Club!“ entgegenzuschmettern.

Jens Spahn, Wahlkampfberauschter – G20 bietet nun endlich reichlich Munition für den Wahlkampf. Der Feind steht wieder da, wo er sein soll – bei den „Linken“. Unter dem Titel „Linksfaschisten“ subsumieren Sie Kriminelle, Brandstifter, Plünderer – und gleich alle, die am friedlichen Protest teilgenommen haben, oder gar Kritik am Polizeivorgehen üben.
Ach ja, Sie sollten vor den Brandstiftern auf die Knie fallen – bessere Vorlagen kann man Ihrem Feindbild gar nicht liefern…

Kemal Kilicdaroglu, Marschierender in Sachen Gerechtigkeit – Wir ziehen den Hut! Niemand hätte von Ihnen erwartet, dass Sie sich auf diesen langen Marsch machen würden – vor allem nachdem Ihre Partei, die CHP der Aufhebung der Immunität von Abgeordneten der Opposition zugestimmt hatte. Egal, welche späte Erkenntnis Sie in Bewegung setzte – Sie haben vielen Menschen in der Türkei (und nicht nur dort) Hoffnung gemacht …

Christian Ströbele, den Bundestag Verlassender – Manchmal beschwert man sich ja über Politiker, die an ihren Parlaments – oder sonstigen Ämtern kleben. In Ihrem Fall möchte man es gar nicht wahrhaben, dass Sie den Bundestag nun verlassen werden. Es gibt wenige, die so engagiert und glaubwürdig – und manchmal sogar erfolgreich – für ihre Überzeugungen eingetreten sind. Für den Schutz der Bürgerrechte, für Edward Snowden zum Beispiel. Oft voll an der Parteilinie, vor allem in Friedensfragen, vorbei. Nicht nur wir werden Sie in den verschiedenen Ausschüssen des Parlaments vermissen. Tröstlich, dass es Sie ja außerparlamentarisch weiterhin gibt!