14. Jahrgang | Nummer 2 | 24. Januar 2011

Antworten

Dieter Nuhr, Satire-Gipfelstürmer – Sie unternehmen derzeit den ehrenwerten Versuch, neu zu definieren, was Satire denn doch besser zu machen hätte als die ewige Schelte an „denen da oben“. Im Sinne der Übersetzung aus dem Lateinischen (satira kommt von satura lanx, einer „mit Früchten gefüllten Schale“, einem bunten und erfrischenden Allerlei also) war Ihr erster Versuch im spätabendlichen ARD-Programm sicher gelungen. Eine „Spottdichtung auf gesellschaftliche Missstände“ war´s weniger und somit auch alles andere als eine Weiterführung dessen, was einst der „Scheibenwischer“ oder selbst Richlings Nachfolgesendung waren. Aber gemach: Vielleicht gelingt es Ihnen ja, die politischerseits schon lange ersehnte positive Satire zu kreieren. Schau´n wir mal.

dpa, Nachrichtenrevolutionäre – „Die Berichterstattung von der Pressekonferenz des (Berliner – d. Red.) Senats entfällt mangels Nachrichtenwerts“, hat Ihre Sendezentrale dieser Tage erwartungsvolle Redakteure enttäuscht. Mein je, wenn dies Schule machen würde – mindestens die Hälfte aller politischen Verlautbarungen via Pressekonferenzen oder -Bulletins bliebe der Menschheit erspart. Allerdings müssten viele Gazetten dann noch mehr erfinden, um ihre Seiten vollzubekommen. Dass Letzteres ausschließlich über Werbung erfolgt, wird ja von einigen Betonköpfen unter den Lesern noch immer nicht als die final-optimale Lösung des Print-Journalismus akzeptiert.

Silvio Berlusconi, amtswaltender Cupido – Wenn Ihre Existenz als homo politicus etwas Gutes hat, dann in Ihrer Funktion als Projektionsfläche für die Leidensfähigkeit der Italiener. Wenn Sie deren Duldsamkeit nicht endlich dazu benutzen, sich zum römischen Cäsaren zu proklamieren und Harems für zumindest den Oberpotentaten verfassungsseitig zu verankern, sind Sie selbst schuld. Sie sollten sich allerdings damit beeilen. Dem Vernehmen nach mosert mittlerweile der (moralisch ebenfalls leidenserfahrene) Vatikan an Ihrer mangelnden Sittlichkeit herum. Nicht auszudenken, wenn Benedict XVI. Ihnen die Lateranverträge kündigte …

Götz Aly, Kolumnist – In der Berliner Zeitung haben Sie jüngst das politische Alternativpotenzial der Stadt mit der amtierenden Regentschaft verglichen und sich zu der denn doch bemerkenswerten Feststellung hinreißen lassen, dass das wiedervereinigte Berlin noch nie eine bessere Regierung gehabt habe. Der Senat arbeite ohne Streit und habe es trotz des Spardrucks geschafft, dass „an den wirklich Armen, Behinderten und Pflegebedürftigen nicht gespart wird“. Nicht, dass wir uns zu wirklichen Fans dieser Koalition zählen, aber so viel Fairness wie die von Ihnen geübte, ist heutzutage so selten, dass sie hier denn doch gewürdigt werden soll.

Antonio Convit, New Yorker Psychiatrieforscher – Ein größerer Hüftumfang geht mit einem kleineren Gehirn einher, haben mehrere Studien Ihres Teams belegt und damit auf die verhängnisvollen Folgen des Verzehrs von sogenanntem Junk-Food hingewiesen. Nicht, dass wir´s hätten wissenschaftlich begründen können – geahnt haben wir es längst. Nimmt man noch die massenhafte Bestückung der Völker in Erster wie Dritter Welt mit geistigem Junk-Food durch die Medien hinzu, wird man selbst bei vorausgesetzter Gutgläubigkeit den Eindruck nicht recht los, dass nicht nur den an allem Dreck gut verdienenden Produzenten sondern auch deren richtlinienvorgesetzten Politikern die Schrumpfung der Untertanen-Hirne höchst willkommen ist.

Ministerium für Wissensökonomie, südkoreanisches – Was Sie soeben an energiepolitischer Vernunft par ordre de mufti angeschoben haben, verdient globale Aufmerksamkeit. Ihrer Mitteilung nach ist in Ministerien, staatlichen Firmen und öffentlichen Einrichtungen zwischen 11 Uhr und Mittag sowie zwischen 17 und 18 Uhr die Heizung ganz abzudrehen, um Energie zu sparen. Sonderkontrolleure überprüfen zudem, ob die Temperaturen in Regierungsgebäuden wie vorgeschrieben unter 18 Grad Celsius liegen. Der eventuell maulenden Beamtenschaft empfehlen Sie das Tragen langer Unterhosen! Ganz neu ist diese Strategie freilich nicht. Dicke Pullover im trauten Heim anzuziehen, hatte der genmanipulierte Thilo Sarrazin, einstmals Berliner Finanzsenator, schon jenen Harz-IV-Empfängern geraten, denen die (munter steigenden) Heizkosten nicht mehr bezahlbar schienen. Lange und plüschige Unterwäsche wären auch für diese Menschen eine schöne Ergänzung.