17. Jahrgang | Nummer 17 | 18. August 2014

Glück mit Hurzlmeier

von Thomas Behlert

Viele Sterbliche können sich ein originales Bild von Gerhard Glück leider nicht leisten, sie benötigen das elende Geld für Speis und Trank. Damit niemand verzichten muss, veröffentlicht der Lappan Verlag immer wieder herrliche Druckerzeugnisse mit vielen farbigen Seiten, auf denen man Personen des täglichen Umgangs trifft. Viele sind so, wie wir nie sein möchten, aber doch irgendwie schon sind: niedrige Stirn, markante länglich-knollige Nase, das Kinn fliehend und die Schultern hängend. Manchmal ist gar kein Hals vorhanden, aber dafür auch keine schönen Brüste, nur gut genährte Bäuche. Die Figur (Wir alle?) erwartet nichts Außergewöhnliches mehr vom Leben. Wenn dann noch die Mundwinkel streng nach unten zeigen, ist die Bundeskanzlerin nicht mehr weit.
Mit Glücks Figuren hat der Betrachter bestimmt Mitleid, wenn sie sehr traurig durch eine wundersame Welt voller kleiner Autos, überreicher Scheiche und auf Maulwurf schießende Golfplatzwarte treffen. Oft machen es sich auch Tiere in den Bildern bequem und Kuscheltiere ebenso. Auf Seite 97 des etwas zu schmal geratenen neuen Buches „Auch das noch!“ hat der Hund als einziger im Dorf das Licht an, wird aber schon vom Herrchen harsch zur Ordnung gerufen: „Licht aus, Benno. Schlafen!“ Einige Seiten zuvor dokumentiert der in diesem Jahr den 70. Geburtstag ansteuernde Glück, dass immer noch Misstrauen gegenüber Farbigen herrscht. Ein ganz normal grüner Mann wird nämlich in einem Cafe geschnitten und aus der Ferne ganz komisch beobachtet.
Bei manchen Karikaturen muss der Betrachter bestimmt weinen, denn der typische Spießer taucht auf und wandelt auf allen möglichen Pfaden. Herrlich genial auch, wenn Bären am Kiosk deutsche Bratwürste verspeisen und heilige Kühe im Straßenrestaurant den bestellten Salat zufrieden wegmümmeln.
An allen Bildern haftet eine tiefe Subtilität, die sich mit feinem Humor vereinigt und immer wieder traurige Momente an die Oberfläche spült. Manchmal präsentieren sich die Cartoons wie Liebesgedichte und dann wieder so böse wie die Frankenbergs, die schon seit drei Generationen eine Geisterbahn betreiben.
Nach dem ersten Blättern sollte jeder glückliche Buchbesitzer von vorn beginnen, denn erst dann wird ihm klar, dass hier nur die Welt von heute dargestellt ist. Glücks komische Kunst macht glücklich.
Im selben Verlag ist auch ein Cartoon-Buch vom Zauberer Hurzlmeier veröffentlicht worden, ebenfalls in der neuen Reihe „Lappan Art“. Kunst ist es auf alle Fälle und wahrhaftig. Diese „Meisterwerke der goldigen Periode“ ähneln Meisterwerken ernster Künstler, die sich vorwiegend mit drallen Frauen und mystischen Landschaften beschäftigen. Der 1952 in Mallersdorf / Niederbayern geborene Rudi Hurzlmeier zeichnet und malt nicht einfach einen Witz „daher“, sondern schafft Kunstwerke von bleibenden Wert, deren Hintersinn man erst voll und ganz nach langem „Draufschauen“ erspäht. (Dieser Satz trifft auch bei Glück zu!)
So erkennt man auf den Bildern Hurzelmeiers, der schon zweimal mit dem „Deutschen Karikaturpreis“ ausgezeichnet wurde, auch schon mal einen Wanderer, der auf den Bergen weit in die Ferne blickt und den Sonnenuntergang betrachtet. Unterschrift: „Sunset Boulevard“. Oder es reiten gut bestückte Schönheiten auf großen Pferden durch den Morgen und lassen verwunderlicher Weise Echsen und kleine Eisenbahnen hinter sich. Oder eine betrunkene Königstochter schmiegt sich rotnasig an ihr Lieblingspferd und sieht dabei Krokodile und grüne Frösche. Herrlich vor allem der Mopps, der einmal „Im Sambesi“ weilt und von einem Löwen missmutig beäugt wird, dann in gleicher Stellung „Am Sambesi“ verharrt, wo er wohl von einem afrikanischen Kind mit Boxhandschuhen bald eins auf die Schnauze bekommt.
Viel kann man in die verwirrenden, unheimlichen und zauberhaften Gemälde hineininterpretieren, und alles stimmt. Neben den Bildern und Grafiken beinhaltet das Buch Cartoons, die mit einfachem Strich gezeichnet und vordergründig witzig sind, ein befreiendes Lachen geradezu erzwingen.
Nach Gerhard Glück und Rudi Hurzlmeier dürfen sich Liebhaber der komischen Kunst bestimmt auf weitere Bände freuen. Wer hier sammelt, dem wird eine großartige Bibliothek entstehen, die immer wieder zum Lachen reizt.

Gerhard Glück: Auch das noch!, Lappan Verlag, Oldenburg 2014, 128 Seiten, 16,00 Euro.
Rudi Hurzlmeier: Meister der goldigen Periode, Lappan Verlag, Oldenburg 2014, 96 Seiten, 20,00 Euro.