von André Hagel
Zuerst wollte sie Heinrich Himmler zum geistigen Zentrum einer »germanischen Welt« machen. Als das Naziregime unterging und sich mit ihm auch die vermessenen Pläne des Reichsführers-SS erledigten, wünschte Himmler, daß die gesamte Anlage der im heutigen Kreis Paderborn gelegenen Wewelsburg gesprengt werden möge. Der Fünf-vor-zwölf-Plan Himmlers: Bereits im Anmarsch befindliche US-Truppenverbände sollten die Burg, die damals als Reichsführerschule-SS diente, nicht mehr einnehmen können. Ein Unterfangen, das ebensowenig glückte.
Die seit 1982 auf der Wewelsburg im ostwestfälischen Büren gezeigte Dauerausstellung zur ehemaligen Kult- und Terrorstätte der SS soll neu gestaltet und dazu das Kreismuseum Wewelsburg erweitert werden. 6,7 Millionen Euro sind als Kostenrahmen für das Projekt vorgesehen. Mit im Boot sitzen neben dem Kreis Paderborn der Bund, der das Vorhaben mit Mitteln aus der Gedenkstättenförderung bezuschußt, das Land Nordrhein-Westfalen sowie der in Münster ansässige Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der als Kommunalverband in der Region neben sozialen und medizinischen auch kulturelle Aufgaben wahrnimmt.
Die vor 22 Jahren eröffnete Dauerausstellung dokumentiert, wie die SS ab 1934 die Wewelsburg, die als Nebenresidenz der Fürstbischöfe von Paderborn von 1603 bis 1609 im Stil der Weserrenaissance erbaut worden war, planmäßig zuerst zur Reichsführerschule-SS und später zu einer schauerhaften Kultstätte der Himmlerschen Terrororganisation umfunktionierte und ausbaute. Die Burg, auf die Himmler bei seiner Suche nach einer »germanischen Burg im Lande Hermanns und Widukinds« gestoßen war, diente als pseudowissenschaftliche Forschungsstätte für »nordische Weltanschauung« – inklusive einer »Säulenhalle« und »Weiheräumen« wie etwa einem Aufbewahrungsort für die Totenkopfringe verstorbener SS-Männer. Für die bis 1944 andauernden Baumaßnahmen wurden KZ-Häftlinge als Arbeitssklaven herangezogen, die in einem eigenen Konzentrationslager zusammengepfercht waren. Himmlers wahnwitziger Traum: die Wewelsburg als martialischer Mittelpunkt eines weltumspannenden nationalsozialistischen Reiches, eine kreisförmige, »nordische« Burganlage mit den Ausmaßen einer Großstadt.
Für die Erweiterung der Ausstellung, die aufgrund neuerer Forschungserkenntnisse notwendig geworden ist, wird unter anderem das ehemalige Wachhaus der Burganlage umgebaut. Außerdem ist auf dem Grundriß des ehemaligen Gebäudes der Wachmannschaften ein Neubau für Magazine, für das Archiv und die Bibliothek vorgesehen. Zur Zeit arbeitet ein zwölfköpfiges Team an der Recherche und der Konzeption, nachdem unter der Schirmherrschaft Paul Spiegels, des Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, bereits von April 2000 bis März 2002 Vorarbeiten hierzu gelaufen waren. Im nächsten Frühjahr, so die aktuellen Planungen, soll ein Feinkonzept vorliegen, die Arbeit des Teams damit abgeschlossen sein. Bis 2008 soll die neue Dauerausstellung stehen. Erinnerungsarbeit inmitten einer Burganlage, die nach dem Willen Himmlers das Ende des Naziregimes nicht hätte überleben sollen – und die nun als Ort dient, den Schrecken ebendieses Regimes und seiner Handlanger widerzuspiegeln.
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