von Kai Agthe
Am Ende des Vorworts der drei Herausgeber heißt es unmißverständlich, daß die Beiträge des Buches keine wissenschaftlichen Aufsätze, sondern „parteiische Interventionen“ seien, die sich dem „Glücksversprechen der Freiheit verpflichtet fühlen“. „Ganz einseitig und deshalb auch kompromißlos.“ Die Partei, die hier ergriffen wird, ist die jener „mutigen Menschen“ im Iran, die im vergangenen Jahr mittels Demonstrationen versuchten, mehr Demokratie einzufordern. Proteste, die, wie in Diktaturen nicht unüblich, brutal niedergeknüppelt wurden. Sie waren und sind Kennzeichen einer tiefen Verunsicherung des Regimes der Mullahs und der Regierung unter dem als Israel-Hasser ausgewiesenen Präsidenten Ahmadinedschad. Der Iran stellt, wie Henryk M. Broder im Geleitwort darlegt, eine hochexplosive Mischung dar: Nach innen eine Diktatur, nach außen über kurz oder lang eine unberechenbare Atommacht.
Der vorliegende Sammelband will die Leser in Deutschland und dem deutschsprachigen Raum nicht allein für das Unrecht, das gegenwärtig am iranischen Volk durch seine Führung begangen wird, sensibilisieren, sondern aufrütteln. Die Beiträge machen unter anderem deutlich, daß sich die westliche Welt, die auf den Aufstand des iranischen Volkes 2009 seltsam unbeteiligt reagierte, klar positionieren muß. Die Autoren des Buches verlangen unisono, den Wunsch der Iraner nach mehr Demokratie zu unterstützen und nicht das Regime der religiösen und weltlichen Führer in Teheran. Das andere Problem, daß man mit der iranischen Diktatur haben muß, ist deren Drang, bald Atomwaffen aus eigener Produktion besitzen zu wollen. Die sollen, wie bekannt, nicht zuletzt als Drohmittel gegen den Nachbarn Israel dienen.
Den Blick auf den Iran zu richten, heißt hier auch, darüber nachzudenken, wie sich die Bundesrepublik gegenüber dem Regime verhält. Man pflegt von deutscher Seite einen freundschaftlichen Umgang mit der Islamischen Republik. Die jährlichen Exporte in den Iran belaufen sich auf vier Milliarden Euro. Damit ist Deutschland der wichtigste Handelspartner. Ein wirtschaftliches Engagement, das sich eines Tages rächen könnte, meinen zumindest Stephan Grigat und Simone Dinah Hartmann. Wenn der Iran eines Tages von „Scharia und Khomeinismus“ befreit sein sollte, könnte man es Deutschland und seinen heute noch am Iran gut verdienenden Unternehmen verübeln, sich mit dem Regime gemein gemacht zu haben.
Um zu verstehen, warum sich die Regime-Gegner nach den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni 2009 zu formieren begannen, ist eine Chronik der Ereignisse enthalten, die bis zum 30. Dezember reicht. Wenn diese Wahlen fair gewesen wären, wie der alte und neue Präsident Ahmadinedschad stets beteuerte, hätte sich wohl kein so massiver Protest im Land erhoben. Das Regime und die konservative Parlamentsmehrheit antworteten auf den friedlichen Widerstand Ende vergangenen Jahres mit der hilflos-drakonischen Forderung, Demonstranten und Oppositionelle in Zukunft als „Abtrünnige von Gott“ zum Tode verurteilen zu lassen.
Die Entwicklung im Iran gibt dennoch Anlaß zur Hoffnung. So sehen es die Autoren des Beitrags „Zerfall im Unrechtsstaat Iran“, der in das Fazit mündet: „Die ,Islamische Republik‘ nähert sich dem Nullpunkt. In der Phase der Stagnation war sie längst; jenseits aller aufgeregten Deklamationen beherrscht eine unheimliche Lethargie das Establishment. Die Agonie wird folgen.“ Die Menschen im Iran werden dazu ihren friedlichen Beitrag leisten.
Thomas von der Osten-Sacken, Oliver M. Piecha, Alex Feuerherdt (Hg.): Verratene Freiheit. Der Aufstand im Iran und die Antwort des Westens. Verbrecher Verlag, Berlin 2010, 265 Seiten, 14,00 Euro
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