13. Jahrgang | Nummer 12 | 21. Juni 2010

Schlechte Fußballer und die deutsche Sprache

von Thomas Behlert

Jedes Jahr überlegt man sich aufs Neue, wohin die Urlaubsreise nun wieder gehen soll. Die wohlfeilen Ziele vergangener Zeiten dürfen es nicht mehr sein, denn die reißerische Presse hat sie uns im Laufe der Wochen und Monate so richtig schlecht gemacht. Jeder ordentliche Deutsche hat erfahren, dass auf den spanischen Inseln der Alkohol nur noch begrenzt ausgeschenkt wird, und dann nur noch einheimische (spanische!) Biere. Von einem Zapfenstreich hat der Freund der Freundin des Nachbarn auch irgendwo etwas gelesen. Nach Griechenland und Portugal will man schon gar nicht, da es dort sowieso immer zu heiß ist und die Länder gerade unsere Steuergelder für sich reklamieren. Mit dem Flugzeug etwa in weiter entfernte Länder? Fehlanzeige, denn im Urlaubsparadies für alleinstehende Männer, Thailand, wird im Moment keiner rein gelassen und außerdem kann der Vulkan ganz schnell wieder Staub ausstoßen und somit den Flugverkehr zum erliegen bringen. Die Amis wollen nur unser Geld und zu den Afrikanern kann diesmal keiner, da wegen der Fußball-WM alles zu teuer geworden ist und Löwen schießen ist auch nicht mehr. Und so lange in der Türkei noch verschleierte Frauen rumlaufen dürfen und diese hier in Deutschland das Kopftuch in der Schule tragen wollen, fahre ich dort nicht hin. So bleibt also nur noch Österreich mit seinen herrlichen Bergen, den schlechten Fußballspielern und der deutschen Sprache. Als Reisebegleiter sind gerade im Ueberreuter Verlag zwei spaßige Bücher zum lesen und Bilder ansehen erschienen. Im einfach aber direkt betitelten Buch „Österreich“ fasste der Karikaturist Bruno Haberzettl die lange Geschichte des außergewöhnlichen Landes auf freundliche 100 Seiten zusammen, wobei der größere Teil davon mit bunten Bildern belegt wurden, die skurril, fantastisch und sehr detailreich von der Urgeschichte bis zum Operball die einzelnen weltgeschichtlichen Themen verdichten. Alle wichtigen Persönlichkeiten sind in ihrer ganzen Pracht und Hässlichkeit dargestellt: von Karl V. bis zu Adolf Hitler. Besonders wohl getroffen und saukomisch verunstaltet sind die Monarchen, von Kaiser Leopold I. bis hin zu Franz Joseph, die dem Land mit ihren politischen Ränkespielen, Kriegen und Frömmeleien immer wieder in ziemlich witzlose Krisen stürzten. Wer nach dieser Lektüre zum Buch „Cordoba – Das Rückspiel“ greift, ist sich mit der Auswahl des Urlaubsortes in Österreich plötzlich nicht mehr sicher. Der Zeichner Gerhard Haderer und die beiden Autoren Rupert Henning und Florian Scheuba trugen alles zusammen, was Deutsche und Österreicher immer wieder auseinander bringt und dann doch vereint. Es geht speziell um die Moelkes, die aus Ostdeutschland nach Wien umsiedelten, dort einen Laden für deutsche kulinarische Spezialitäten eröffneten, mit „Sächsischen Kohlkump“ und „Toter Oma“. Die Niederlage von Cordoba spielt eine große Rolle, wobei der Nachwuchs allerdings nichts damit anfangen kann, aber die Erwachsenen bei Gesprächen ständig daran scheitern. Es empfängt uns ein Kampf der Kulturen, der gnadenlos geführt und ebenso beschrieben wird. Eine österreichische Tomate heißt eben Paradeiser, auch wenn sie mit deutschen Tomaten gemeinsam im Salat endet.
Beide österreichischen Bücher sind für Urlauber und Einheimische gleichermaßen geeignet. So kommt man sich näher, lacht schrill und laut, kann aber keine Vorurteile abbauen.

Florian Scheuba und Rupert Henning: Cordoba – Das Rückspiel, Ueberreuter, 19,95 Euro; Bruno Haberzettl: Österreich. Die gezeichnete Geschichte, Ueberreuter, 19,95 Euro