Franziska van Almsick, Ex-Schwimmstar – Sie haben sich anläßlich seines 80. Geburtstages in einem Offenen Brief bei Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl bedankt und dabei en passant ein Machtwort zur jüngeren deutschen Geschichte gesprochen. Zwar hätten Sie, wie Sie schreiben, zu Wendezeiten mit Politik nicht so viel anfangen können, aber immer, wenn Sie Helmut Kohl sahen – „so groß, so mächtig, so imposant“ –, dachten Sie: „Dieser Mann hat Statur, Charisma, ist nicht so ein mickriges Männchen wie unser Staatsratsvorsitzender Erich Honecker.“ Und dann kommt’s: „Ohne Sie (H. Kohl – die Red.) wäre die Mauer nicht gefallen …“ Wußten Sie übrigens, Frau van Almsick, daß es in der DDR außer der Mauer auch noch ganz witzige Aperçus gab? Eines lautete: Wissen ist Macht, und nichts wissen macht nichts!
Peter Müller, Ministerpräsident des Saarlandes – Jaja, wir wissen, daß diese Ihre Worte schon ein paar Jahre alt sind (gesprochen in der Bundesratsdebatte zum Zuwanderungsgesetz 2002) „Die Empörung hatten wir verabredet. Das war Theater, aber legitimes Theater.” Nur eben, weil ein solches Eingeständnis politamtlicher Harlekinade noch immer unerreicht präzise ist, zitieren wir´s nochmal, schließlich wollen wir ja gern etwas gegen Politikverdrossenheit tun. Worauf es anzuwenden ist seit 2002, diesbezüglich sind zumindest Blättchen-Leser bestens orientiert.
Warren E. Buffet, US-Multimilliardär und Finanz-Warlord – „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen,« ist von Ihnen überliefert. Aber auch die ebenso realistische wie – aus Ihrem Munde denn doch auch zynische – Sentenzen: „Wer sich nach den Tipps von Brokern richtet, kann auch einen Friseur fragen, ob er einen neuen Haarschnitt empfiehlt.“ Oder: „Man sollte nur in Firmen investieren, die auch ein absoluter Vollidiot leiten kann, denn eines Tages wird genau das passieren!“ Ob soviel Offenheit nutzt? Wir neigen pessimistischerweise eher zu Heinrich Heine: „Wir begreifen die Ruinen nicht eher, als bis wir selbst Ruinen sind.“
Rainer Brüderle, Ministerdarsteller – „Brüderle knöpft sich Banker Ackermann vor“, hat Spiegel-online dieser Tage eine Nachricht überschrieben, die Auskunft gab von Ihrem vernichtendes Urteil („überraschend, ungewöhnlich und ärgerlich“) über den sich davon vermutlich nie wieder erholenden Josef Ackermann, weil dieser die Bonität Griechenlands in Frage gestellt hatte. Brüderle, Sie sind ja ein richtiger Bullterrier – wir haben jedenfalls herzlich gelacht.
Hannah Pilarczyk (33), DDR-Expertin – Sie sind jung und westelbisch geboren, wofür Sie ebensowenig können wie Ältere und/oder Ostelbier für Ihre frühere bzw. andersufrige Geburt; zudem damit ja keineswegs eine Erfahrungs- oder gar Wissensbonus verbunden sein muß. Nur eben – was Sie in Spiegel-Online über die ARD-Produktion „Masserberg“ abgesondert haben, läßt unserereinem die letzten Hoffnungen schwinden, daß irgendwann in der Kunst vielleicht mal ein DDR-Bild hinterlassen werden könnte, das etwas mit den – eben vielschichtigen! – Realitäten dieses Staates zu tun haben könnte. „Fürs deutsche Fernsehen nimmt sich „Masserberg“ aber wie ein Befreiungsschlag aus, auf den hoffentlich noch mehr Filme folgen, die sich einen souveränen Zugriff auf die Geschichte aus der DDR erlauben.“ Oder: „Seit einiger Zeit haben deutscher Film und deutsches Fernsehen jedenfalls zu einer neuen Souveränität im Umgang mit der DDR gefunden.“ Sie sind nun offenbar (tut uns leid) wirklich noch zu jung, um westdeutsche Fernsehfilme zu kennen, die in der DDR spielten. Unsereins, dem dieser Kenntnisvorsprung (zugegeben zufällig) gegeben ist, darf Ihnen nun verraten: Mit „Masserberg“ sind wir wieder da, wo wir in den 70/80er Jahren schon waren. Einen Mauerfall hätte es dafür nicht gebraucht. Daß Kunst deren Rezipienten aufklären könnte, ohne sie ideologisch zu vereinnahmen …Vergessen wir´s – warum sollte es heute anders zugehen, als wir dies dereinst mit umgekehrten Vorzeichen erlebt haben. Nur eben, daß die Wende für einen puren Austausch der Dummheit eigentlich nicht in Gang gesetzt worden ist. Und daß man sie gegen bösartigen Schwachsinn wie „Masserberg“ sogar 20 Jahre nach ihrem Verbleichen sogar in Schutz nehmen muß…
Franz Josef Wagner, Bildzeitungskolumnist – „Er wollte diese WM spielen und Weltmeister werden. Und ein Arschloch hat ihm seinen Traum kaputt gemacht. Ein drittklassiger Fußballspieler. Immer sind es Arschlöcher, die alles zerstören”, haben Sie sich Michael Ballacks in der Tat traurigem Schicksal in Ihrer Kolumne hinterherempört. Oder besser: gehetzt. Immerhin verzeichnet die Internetadresse „Kevin-Prince Boateng – gib deinen deutschen Pass ab!“ bereits (am 19.5., d.Red.) eine fünfstellige Zahl von zustimmenden Einträgen. Dennoch ist Gerechtigkeit am Platze: Daß es immer die Arschlöcher sind, die alles kaputt machen, kann unmöglich verneinen, wer Ihre „Briefe“ liest.
Wolfgang Schäuble, Schatzmeister leerer deutscher Kassen – Allüberall bekräftigen Sie in diesen Tagen die Notwendigkeit schärferer Regeln beim Spiel der Finanzmärkte. Da diese außer Kontrolle geraten sind, sei eine effektive Regulierung notwendig, haben Sie uns überraschend wissen lassen. Das alles sagt die Linke schon seit Jahren, im Bundestag auch für Sie hörbar – aber die ist ja nicht satisfaktions- geschweige denn regierungsfähig. Zum Glück läßt sich dies Ihrer Partei und deren Koalitionspartner auch mit schlechtestem Willen nicht nachsagen… “Honi soit qui mal y pense“!
Klaus-Peter Müller, Aufsichtsratschef der Commerzbank – Ihr Geldinstitut ist nahezu willfährig bereit, bis spätestens 2012 die lumpigen 18,2 Milliarden Euro zurückzuzahlen, die es vom Bankenrettungsfonds Soffin zwecks Überlebens erhalten hatte. Über solche Noblesse könnten wir Steuerzahler, um deren Mittel es sich dabei ja immerhin handelt, nun regelrecht beglückt sein. Wäre uns nicht zu Ohren gekommen, daß Ihr Aufsichtsrat bereits zu Jahresbeginn ein neues Vergütungssystem fürs Führungspersonal beschlossen hätte. Zwar will man mit dem neuerlichen Millionendeal warten, bis wenigstens die Zinsen auf die Stille Einlage des Bundes aus dem Gewinn gezahlt werden kann – wir haben es bei Ihresgleichen immerhin mit Ehrenmännern zu tun! – ab 2011 aber wird das auf 500.000 Euro im Jahr gedeckelte Gehalt der Vorstände auf 750.000 Euro steigen, für den Vorstandschef sind sogar auf 1,3 Millionen drin. Dazu können Boni in Millionenhöhe kommen. Als allerliebst empfinden wir, wie Euer Merkwürden dies begründen: Die Erhöhungen seien notwendig, damit der Vorstand stabil und motiviert weiterarbeiten könne. Unser unternehmerisch zugegeben unerprobter Sinn malt sich jetzt jene „Arbeitnehmer“ aus, die eine Lohnerhöhung um 25 Prozent fordern, um ihrerseits „stabil und motiviert“ für die Commerzbank weiterzuarbeiten. Nur eben: soviel Phantasie wie in eben dieser steckt nicht mal in der Commerzbank-Aktie.
Kim Jong Il, präsidierender Untoter – „Der totale Krieg, den wir unternehmen werden, wird ein Heiliger Krieg sein, der die gesamte Nation, das gesamte Volk und den gesamten Staat einschließt“, haben Sie Ihre Nationale Verteidigungskommission zu den Vorwürfen Südkoreas erklären lassen, Ihr Land hätte eine südkoreanisches Kriegsschiff versenkt. Nun sind wir nicht so vermessen, die Umstände jenes Vorfalls verbindlich bewerten zu wollen – die Tonart, die Ihr „kommunistisches“ Land anschlägt, kommt uns aber irgendwie bekannt vor; es ist die Sprache von Verbrechern, die ihre Völker in Geiselhaft nehmen, um unter dem Vorwand einer halluziniert „gerechten Sache“, ihren lukrativen Genuß der eigenen Macht aufrechtzuerhalten. Nun ist das beileibe kein originär „kommunistisches“ Verhaltensmuster – da es bei Ihnen aber eben unter dieser Flagge daherkommt, kotzt es unsereins Linkssozialisierte besonders an.
Jürgen Habermas, Großphilosoph – Seit dem Amtsantritt von Gerhard Schröder würde Deutschland „von einer normativ abgerüsteten Generation regiert, die sich von einer immer komplexer werdenden Gesellschaft einen kurzatmigen Umgang mit den von Tag zu Tag auftauchenden Problemen aufdrängen lässt.“ Zudem ließen sich, so haben Sie sinnfällig erklärt, Politiker von den „Massenvernichtungswaffen der Boulevardpresse“ jeden Schneid abkaufen. Da ist Ihnen aber eine wirklich hübsche Formulierung gelungen – nehmen Sie unseren gelbgrünen Neid entgegen!
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