28. Jahrgang | Nummer 11 | 16. Juni 2025

Das Manuskript

von Renate Hoffmann

Der Herausgabe der „Buddenbrooks“ ging eine aufregende Geschichte voraus. Bekanntermaßen schrieb Thomas Mann seine Manuskripte ausschließlich mit der Hand. In den frühen Jahren sandte er sie sogar in dieser Form an Redaktionen und Verlage. Doch bei den „Buddenbrooks“, der bisher wichtigsten Niederschrift, kamen ihm Bedenken. Nicht etwa, dass er den Roman in Maschinenschrift übertragen ließ, keineswegs, er beabsichtigte, ihn für den Posttransport hoch versichern zu lassen. Sorgfältig verpackte er das Bündel der zweiseitig beschriebenen Blätter, drückte ein Siegel darauf und adressierte es an den Verleger Samuel Fischer.

Auf dem Postamt erklärte er, das Paket bedürfe einer Versicherung. „Was ist denn drin?“ – „Ein Manuskript.“ … ? … „Aha!“ Abschätzender Blick auf den Versandgegenstand. „Wie hoch?“ – „Tausend Mark!“

Schweigen. Es lässt sich denken, was in der Postangestelltenseele vorging: ein Manu – was? im Wert von tausend Mark? … „Alsdann!“

Die handgeschriebenen „Buddenbrooks“ werden auf den Weg gebracht. Die erwartete Nachricht von S. Fischer bleibt aus. Thomas Mann, von Selbstzweifeln gequält, beschließt, wenn das Buch niemand lesen will, dann werde er Bankbeamter. Noch rechtzeitig vor Ausführung dieses Gedankens trifft Fischers Zusage ein. Sie hebt ihn aus den Molltönen in jubelndes Dur: Das Buch solle ungekürzt und in drei Bänden erscheinen.

Dem Bruder Heinrich teilt der Autor mit: „Ich werde mich photographieren lassen, die Rechte in der Frackweste und die Linke auf die drei Bände gestützt; dann kann ich eigentlich getrost in die Grube fahren.“

Renate Hoffmann: Thomas Mann. Ein Lebensbild in Anekdoten. Eulenspiegel Verlag, Berlin 2025, 127 Seiten, 15,00 Euro.