28. Jahrgang | Nummer 11 | 16. Juni 2025

Antworten

Rolf Mützenich, Mitunterzeichner eines „Manifests der SPD-Friedenskreise“ – Gemeinsam mit Ralf Stegner, Norbert Walter-Borjans, Hans Eichel und rund 100 anderen SPD-Politikern wenden Sie sich in Ihrem Manifest gegen die Stationierung neuer US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland und die Erhöhung der Militärausgaben auf 3,5 oder sogar fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Überdies fordern Sie Gespräche mit Russland „nach dem Schweigen der Waffen“ in der Ukraine – auch über eine „von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa“.

Von „fragwürdig“ bis „ungeheuerlich“ reichen die Bewertungen dieses Papiers bei Befürwortern von Rüstungswettlauf und Kriegsvorbereitung. Ihr Parteikollege, der kriegsertüchtigende Umfrageliebling Boris Pistorius, wirft Ihnen „Realitätsverweigerung“ vor. Das „sogenannte Manifest“ sei ein „Frontalangriff der Friedenspolitiker“, lautet ein Kommentar. So wird „Friedenspolitiker“ zum Schmähwort umgedeutet.

Die Reflexe Ihrer Kritiker seien leider nicht neu, beklagten Sie sich gegenüber dem Tagesspiegel, und hoffen dennoch „auf angemessene und ernsthafte Auseinandersetzung mit unseren Ideen“. Wirklich?

Eine Warnung aus dem Manifest sei hier noch zitiert: „Militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme schaffen nicht mehr Sicherheit für Deutschland und Europa, sondern führen zur Destabilisierung und zur Verstärkung der wechselseitigen Bedrohungswahrnehmung zwischen NATO und Russland.“ Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen), Ex-Bundesaußenminister – Wenn man zu neuen Erkenntnissen gelangt, ist es nicht nur legitim, sondern gebietet es die Vernunft, Meinungen von gestern zu ändern. Man kann dabei allerdings auch auf dem Holzweg landen.

Sie haben jetzt verkündet: „Ich bin der Meinung, dass wir wieder eine Wehrpflicht brauchen.“ Die solle auch für Frauen gelten. Dass Sie einst selbst gegen die Wehrpflicht gewesen seien, bezeichnen Sie „aus heutiger Sicht“ als Fehler und betonen: „Für die eigene Freiheit muss man einstehen. Wenn es darauf ankommt, auch kämpfen.“
Mit der Waffe in der Hand?

Gegen eine Atommacht wie Russland?
Ehrenhaft – gegebenenfalls bis in den Atomtod?

Bei solchen Aussichten erfordert für die eigenen Freiheit einzustehen etwas ganz anderes: das Verhältnis zu Russland dauerhaft zu entfeinden!
Geht nicht – gegen einen abscheulichen Aggressor?

Ging zwischen einem abscheulichen Aggressor wie Deutschland und einem Erbfeind wie Frankreich, die beide in knapp 150 Jahren vier Kriege, einer verheerender als der andere, gegeneinander geführt hatten.

War letztlich „nur“ eine Frage des politischen Willens.

Der bei Ihnen allerdings offenkundig fehlt.

Heribert Prantl, auch Sprachschöpfer – In Ihrer politischen Wochenschau „Prantls Blick“ schrieben Sie, es gebe die Wörter Autokratie und Kleptokratie. Beide passten zur Herrschaft Donald Trumps, erfassten aber „die Frechheiten und die Ungeheuerlichkeiten noch nicht, die seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit in den USA geschehen“. Angesichts der Verwandlung der Washington Post hätten Sie nach einem Wort zur Beschreibung der neuen Staatsform der USA gesucht. Die Washington Post, früher ein „Leuchtturm des furchtlosen Journalismus“, sei unter Amazon-Gründer Jeff Bezos als jetzigem Verleger, „eine Leuchtreklame für Trump geworden“, ein „Symbol für vorauseilenden Gehorsam“. Das Beispiel zeige, dass aus der US-amerikanischen Demokratie eine Kriechokratie geworden ist, ein Land, „dessen Geldadelige, auch wenn sie vorher noch so liberal taten, jetzt vor Trump kriechen; sie sind unterwürfige Speichellecker geworden. Man ist fassungslos.“ Die Fassungslosigkeit teilen wir mit Ihnen, andererseits heißt es bereits seit dem Mittelalter: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Freilich dürfte es dem Multimilliardär Jeff Bezos nicht ums tägliche Brot gehen.

Behzad Karim Khani, Mitherausgeber der neuen Weltbühne – Die Frage des Freitags ob es nach Erscheinen der ersten Ausgabe Ihrer Weltbühne und den vielstimmigen kritisch bis hämischen Pressereaktionen darauf noch ein nächstes Heft geben werde, beantworteten sie zunächst ironisch: „Ja, es wird noch exakt eine deutsche Ausgabe gegen. Danach machen wir uns mit den Millionen aus den Abo-Verkäufen aus dem Staub. Die dritte Ausgabe drucken wir wahrscheinlich aus dem russischen Exil.“ Im Ernst fügten Sie hinzu: „Ich gehe davon aus, dass es uns noch eine ganze Weile geben wird. Und mein persönliches Ziel ist es, ein Blatt zu machen, an das man sich nie gewöhnen können wird.“

Unser Urteil nach der Lektüre der ersten Ausgabe lautete eigentlich: „Gewöhnungsbedürftig!“ Aber wenn Sie’s gar nicht wollen …