27. Jahrgang | Nummer 17 | 12. August 2024

Hommage an Caspar David F.

von Renate Hoffmann

Ein grüblerischer Mensch soll er gewesen sein, von Gedankentiefe getragen, der nur selten Einblicke in seine Seele gewährte. Und wenn, dann, im übertragenen Sinne, beim Betrachten seiner Werke. Es seien „Sehnsuchtsbilder“, in Moll komponiert und mit einem Schimmer Schwermut überzogen. Ein Hang zur Einsamkeit spreche daraus.

C. D. Friedrich, bedeutendster Maler der Romantik, dessen 250. Geburtstag sich am 5. September jährt. – Nunmehr hoch gelobt, geschätzt, gepriesen und bewundert; einstmals als Künstler durch Höhen und Tiefen gegangen, verkannt und im Jahr 1840 in Dresden verstorben. Und vergessen, für lange Zeit.

Umgeben von Freunden und Malerkollegen wie Carl Gustav Carus, dem Arzt, Georg Friedrich Kersting, Gerhard von Kügelgen, Johan Christian Clausen-Dahl aus Norwegen, mit denen er Austausch pflegte … und wanderte. In Dresdens Umgebung, nach Böhmen, im Riesengebirge, im Harz; und von seiner Heimatstadt Greifswald aus in der norddeutschen Landschaft. Friedrichs feines Gespür für die Unendlichkeit der Natur übertrug er in seine Bilder. Und sie überträgt sich auf den Betrachter.

Das Jubeljahr des Malers hielt und hält für ihn viele Ehrungen bereit: Ausstellungen, Vorträge, Literatur, Projekte, Filme, umrandet von Dichtwerken und Musik aus der Romantik. – Eine Würdigung besonderer Art erfuhr der Jubilar auf der Insel Hiddensee. In Vitte. Dort zu erleben in der Figurensammlung „Homunculus“: „Caspar David Friedrich, Stimmen aus dem Nebelmeer“. Ein Figurenstück ersonnen und umgesetzt von Karl Huck, dem Puppenspieler, Regisseur, Schauspieler, Sprachkünstler und Autor sowie von Holger Teschke. (Der Titel erinnert an die Gemälde des Malers „Wanderer über dem Nebelmeer“ und an „Morgennebel im Gebirge“)

Das Spiel beginnt. Die Legende: Emil Geisselbrecht (alias Karl Huck), der Puppenspieler, dem wegen Majestätsbeleidigung Auftrittsverbot erteilt wurde, hält sich im Depot der Dresdner Gemäldegalerie auf. Es ist die Abteilung mit den vergessenen, hier abgestellten Werken Caspar Davids. Geisselbrecht ist von ihnen begeistert. Er findet außerdem in einem Versteck Briefe, Notizen und Tagebücher des Malers. Nun beschließt er, aus dem historischen Kunstschatz ein Puppenspiel zu zaubern, welches den Lebenslauf Friedrichs unter Verwendung vielfältiger Gestaltungsmöglichkeiten nachzeichnet. Das Telefon klingelt. Der Direktor der Sammlung bedrängt Emil, diesen Nachlass herauszugeben, denn ein Kunstsachverständiger aus Norwegen sei bereits unterwegs, auf der Suche danach. Geisselbrecht bleibt nur wenig Zeit, um seine Idee zu verwirklichen. Doch es gelingt auf wunderbare Weise.

Die Bühne gleicht einem betagten Fundus mit Regalen, Stehpult, Büchern und dem uralten Telefon. Eine Sanduhr begrenzt die Zeit für Emils neues Stück. – Alles, was Fantasie hervorbringen kann, spielt mit: Ein Segelboot segelt durch den Bühnenraum, Friedrichs Bilder begleiten seine Lebensperioden, Stimmen aus dem Nebel verkünden des Malers Gedanken, aus Briefen wird gelesen und Notizen über den Sinn der Kunst werden vorgetragen. – In den Revolutionstagen von Dresden 1830 reitet die Stadtwache auf einem beweglichen, raffiniert konstruierten Pferd durch die Straßen und versucht, in Hochsächsisch, die Leute zu beruhigen; ein Professorenstreit wird ausgetragen. Und der Porträtkopf des Malers, kunstvoll gestaltet, von verblüffender Ähnlichkeit und mit einem Anflug von Melancholie in den Zügen, schwebt als Genius loci über dem Geschehen. – Sogar der Nebel und die Fabelwesen von den Dresdner Elbwiesen spielen mit. Und auch der Tod.

Befragt, weshalb der Künstler oft Kreuze und Gräber in seine Darstellungen einbezieht, erwidert Caspar David Friedrich: „Warum die Frag so oft an mich ergangen / Wählst Du zum Gegenstand der Malerei / So oft den Tod, Vergänglichkeit und Grab? / Um ewig einst zu leben, / muß man sich oft dem Tod ergeben.“

„Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“, das Bildnis, welches wohltuende Ruhe ausstrahlt, beschließt das großartige Spiel. Langsam verlöscht das Licht. Sekunden der Stille, erst dann setzt der nicht enden wollende Beifall ein.