26. Jahrgang | Nummer 13 | 19. Juni 2023

Spaziergang im Rhododendronpark

von Renate Hoffmann

Sommerzeit. Weit und breit heit’res Grün, buntes Blüh’n. Flucht aus der Großstadt. Hinaus ins Freie. Zum Beispiel nach Kromlau in der Oberlausitz; Ortsteil der Gemeinde Gablenz und zum Landkreis Görlitz gehörend. Angesiedelt am Muskauer Faltenbogen, einer eiszeitlichen Stauchendmoräne mit abwechslungsreichem Landschaftsbild. Der kleine Ort und das große Wunder. Der Rhododendronpark.

Mit fast 200 Hektar Ausdehnung einer der bedeutendsten seiner Art in Deutschland. Ein Farbenrausch, im Frühjahr bis in den Juli hinein, und mit den Nuancen des Regenbogens wetteifernd. Im Mischwald, an den Ufern der Gewässer, in Senken, auf Anhöhen und weiten Wiesenflächen breitausladende, leuchtende Inseln. Ein Wald im Walde. Die Geologie des „Faltenbogens“ sorgt für bestes Gedeihen der eleganten, großblumigen, majestätischen Ziersträucher.

Botanischer Einschub: Rhododendron ponticum in bezauberndem Violett und Hybriden; begleitet vom Zitronengelb der Freilandazaleen (Rhododendron luteum) und ihrem betörenden Duft. Des Staunens ist kein Ende.

Natur und Kunst im Einklang und dem Gedanken romantischer Gartengestaltung verbunden. Die bevorzugt Grotten, Felsengruppen, Brücken, Wasserfälle und Skulpturen. Alle diese schönen Details sind dem Kromlauer Park auf empfindsame Weise eingefügt, und lassen aus der Anlage ein Gesamtkunstwerk entstehen, das man mit Bewunderung durchwandert.

Herausragend ist das Rakotz-Ensemble am gleichnamigen See. Ihn überspannt eine Bogenbrücke, schmal und grazil, aus Natursteinen und Ziegelwerk erbaut. Ihre Spannweite beträgt etwa 20 Meter, und die Scheitelhöhe wird mit zehnMetern angegeben. Sie bildet einen Halbkreis, der sich mit der Widerspiegelung im Wasser zum Vollkreis schließt. Neuere Messungen nörgeln an der Aussage herum und weisen nach, dass es sich nicht um einen halbkreisförmigen Brückenbogen handeln könne, sondern nur um einen Segmentbogen. Um in der Spiegelung einen Vollkreis zu erreichen, müsse der Wasserstand um einen Meter tiefer liegen. Wie dem auch sei, die Einmaligkeit des märchenhaften Anblicks der Rakotzbrücke lässt sich durch das Messergebnis nicht stören. – Aus der Mitte des Sees steigt ein architektonisches Gebilde aus Basaltsäulen auf, mystisch anmutend und an die Gralsburg erinnernd; oder an die Feuersäule eines Vulkanausbruchs? Eine Kaskadentreppe führt zum Wasser hinunter; an ihrer oberen Stufe steht die Nachbildung des „Herkules Farnese“.

Der Parkschöpfer der ersten Stunde im 19. Jahrhundert hieß Hermann Friedrich Rötschke, verdienter und gutverdienender Großgrundbesitzer und Naturfreund. Er begann, einen Teil seines Landbesitzes im Sinne romantischer Gartenkunst umzuwandeln, ließ Teiche ausheben, Hügel aufschütten und seltene Gehölze anpflanzen. Das Rakotz-Ensemble entstammt ebenfalls seiner Idee. Zweifellos kam ihm die Kenntnis vom nahegelegenen Park des Fürsten Hermann von Pückler in Bad Muskau zu Hilfe. Nicht ohne Grund nannte man Rötschke auch den „kleinen Pückler“.

Nach mehrmaligem Besitzerwechsel erwarb Friedrich XI. Leopold Graf von und zu Egloffstein-Arklitten das Rittergut Kromlau und die vorhandene Parkanlage. Egloffstein wurde der Mann für die Rhododendren. Er beauftragte seinen Parkinspektor Georg Wilhelm Eugen Eichler mit der Aufnahme und Pflege der Blütensträucher, die alsbald ihre Pracht entfalteten und nun, ergänzt durch Neupflanzungen, Jahr für Jahr die Besucher des Kromlauer Rhododendronparks begeistern.