24. Jahrgang | Nummer 19 | 13. September 2021

Rüttelflug

von Eckhard Mieder

Das Wort kannte ich nicht. Ich sah es, als
ein Falke unweit der Kirchenruine St. Maria Magdalena,
über einem Weinberg in der Luft stand.

Was macht der da? fragte ich, und der Freund,
von Kindheit an Wein und Falken gewöhnt,
erklärte es mir:

Es ist eine Flugtechnik, die manche Vögel,
auch Fledermäuse und Insekten beherrschen:
Auftrieb und Schwerkraft befinden sich in

einem Gleichgewicht, das Flattertier in der Luft
bleibt in seiner Position in Bezug auf den Boden
unverändert; man spricht auch vom Standschwebeflug.

Der Freund, ein Lehrer der Mathematik und der Physik,
war über alle Maßen gelehrt. Ich verstumme stets,
wenn jemand vom Fach ist. (Mein persönlicher Standschwebeflug.)

Das alles dient einem Zweck. Dem Zweck des Nahrungserwerbs.
Der Feldmaus, ich spreche jetzt als mein Freund vom Falken
oder Bussard, nützt es wenig, von der Mords-Technik des Jägers zu wissen.

Aber ich wanderte weiter. Ich drehte mich um. Ich sah,
der da oben rüttelte und schüttelte sich, noch nicht die ideale Beute
im Blick. Um wen ich bangte, wusste ich grad nicht.

Für Michael und Sandra. B.