Gattinnen von Angehörigen der britischen Streitkräfte (military wives), 2500 an der Zahl, singen in insgesamt 75, ausschließlich aus diesen Damen gebildeten Chören. Und da Großbritannien als ehemals größte Kolonialmacht der Welt immer noch eine globale militärische Präsenz pflegt, geschieht dies außer im Mutterland auch auf Zypern, auf den Falkland-Inseln und an weiteren exotischen Orten. Das erfährt der Zuschauer im Abspann von „Mrs. Taylor’s Singing Club“, während zuvor – „nach einer wahren Begebenheit“ – die Entstehung des ersten dieser Chöre ins Bild gesetzt wird.
Auf diesen Streifen ist der Besprecher eher zufällig gestoßen – die Berliner Zeitung brachte ein Interview mit Hauptdarstellerin Kristin Scott Thomas, die meinte, „für mich der größte Reiz war bei diesem Film: mal wirklich mit Inbrunst vor der Kamera singen zu dürfen“. Die Aktrice hatte sich zwar gleich für ihr Kinodebüt 1986 eine Nominierung als schlechteste Nebendarstellerin des Jahres eingefangen, doch spätestens seit ihren Auftritten in „Der englische Patient“ (1996, Oscar-Nominierung) und in „So viele Jahre liebe ich dich“ (2009, César-Nominierung) weiß man, dass sie es auch weit besser kann. Und dann war da noch das Filmplakat auf dem S-Bahnsteig: Regisseur – Peter Cattaneo. Der von „Ganz oder gar nicht“ (1997, vier Oscar-Nominierungen). Also, nichts wie ins Kino.
Stutzig machte den Besprecher allerdings bei Durchsicht der Berliner Kinoprogramme: Der Film läuft nur in vergleichsweise wenigen Lichtspielhäusern und an vergleichsweise unattraktiven Tagen. Als ob dem Verleih das rechte Zutrauen zu Mrs. Taylors Chorgesang fehlte … Leider hätte der Verleih, wenn dem denn so wäre, dem hiesigen Publikum den Film besser ganz ersparen sollen. Denn es handelt sich, mit Verlaub, um einen patriotischen Propagandaschinken von so holzschnittartigem Strickmuster, wie man lange keinen mehr gesehen hat. Im Abspann fehlte bloß noch der Hinweis: Im Auftrag des und finanziert vom britischen Kriegs-, pardon, Verteidigungsministerium.
Der Film singt ein Hohelied auf die selbstlosen Militärgattinnen, deren Leben innerhalb der Stacheldrahtzäune von Militärstützpunkten so trist und öde verläuft, dass es eigentlich nur im Suff oder durch ständige Einkaufs-Orgien über entsprechende Teleshopping-Portale zu ertragen ist. Trotzdem stehen diese Frauen ihren Mann und sorgen so mit dafür, dass Downing Street 10 seine Boys immer wieder in Konflikte und Kriege weltweit schicken kann, in denen die nichts zu suchen haben und aus denen meistens nicht alle wieder heimkehren. Im Falle des Films – aus Afghanistan. Wobei die Frage nach Berechtigung oder auch nur Sinn und Zweck dieses militärischen Engagements von Mrs. Taylor und ihren Mitsängerinnen weder gedacht, noch geschweige denn gestellt wird. Im Übrigen, folgt man dem Film, besteht der einzige Unterschied im Leben dieser Frauen im Hinblick auf die Ab- und Anwesenheit ihrer Männer oder Frauen darin, dass im letzteren Falle wenigstens ordentlich gepoppt wird. Also, beim britischen Militär, da möchte man wirklich nicht tot überm Zaun hängen!
Gibt es zum „Singing Club“ sonst noch etwas zu sagen? Durchaus: Was Kristin Scott Thomas – als Obristen-Gattin und überwiegend upper-class-dünkelhafter Kotzbrocken – abliefert, ist schauspielerisch eine Glanzleistung. Das gilt für ihre sozial zwei Stufen tiefer angesiedelte Gegenspielerin, gegeben von der hierzulande weitgehend unbekannten Sharon Horgan, nicht minder.
„Mrs. Taylor’s Singing Club“, Regie: Peter Cattaneo. Derzeit in den Kinos.
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