In hellseherischer Voraussicht auf künftige Zeiten und Tage, in denen die Menschen auf sich und ihre Häuslichkeit zurückgeworfen sein werden, schuf der niederländische Maler Jan Havickszoon Steen (um 1626 bis 1679) ein Gemälde zur sinnvollen Gestaltung solcher leidigen Umstände.
Jan Steen, angesehener Künstler, der die Genremalerei meisterhaft beherrschte, Mitbegründer der Sint Lucas-Gilde der Maler, späterhin auch ihr Präsident; und Wirt! In Delft Leiter einer Brauerei (mit mäßigem Erfolg), in Haarlem eine Taverne und in Leiden eine Schenke. Würdiger Sohn seines Vaters, eines im Braugewerbe tätigen Mannes.
Jan gründete, dreiundzwanzigjährig, eine Familie. Eine kinderreiche Familie. Für die damalige Zeit nichts Ungewöhnliches. Frau Margriet, die er „Grietje“ rief, führte ein nicht allzu strenges Regiment, in dem es großzügig herging. Fünf Kinder, zu denen nachmals in einer späteren Ehe noch zwei weitere hinzukamen, tobten durchs Haus des Schwiegervaters und Landschaftsmalers Jan van Goyen, bei dem die Familie wohnte und stellten Manches auf den Kopf. Heer und Vrouw Steen sahen es gelassen. Vielleicht war diese Lebenshaltung für Jan Anlass genug, eine heitere Gesellschaft in kleinem Raum abzubilden. War es seine eigene Familie? Man darf es vermuten, denn er brachte sich, erwiesenermaßen, selbst mit ins Bild.
Eine Runde geselligen Beisammenseins, vom Kleinkind bis zur Großmama, sitzt um den Tisch, musiziert, singt, erzählt, lacht, isst und trinkt. Der Tisch ist festlich und reich gedeckt mit Brot und Schinken. Dem Hund steigt der appetitanregende Duft in die Nase. Bei näherem Hinschauen, erkennt man, dass er bettelnd mit dem Stummelschwanz wedelt.
Die Großmutter hat Noten aufgeschlagen und stimmt ein Lied an. Neben ihr übernimmt eine junge hübsche, dralle Frau den Sopran, jedoch beständig aus dem Konzept gebracht durch den Jüngsten auf ihrem Arm. Der Störenfried kräht lauthals vor Freude und schwingt den Löffel im Takt. – Es musizieren: Ein jugendlicher Flötist (Thadaeus, Jans Ältester?), Jan spielt den Dudelsack und ein älterer Mann die Geige. Er pausiert zwar soeben, hebt das Weinglas und prostet dem Betrachter zu, wird aber in Bälde das Trio wieder vervollständigen.
Die Jugend belustigt sich auf eigene Weise. Ein kleines Mädchen nimmt die Weinkanne vom Tisch und lässt den noch kleineren Bruder kosten. Es schmeckt ihm. Er schnalzt mit der Zunge und möchte einen zweiten Schluck. Er wird gut schlafen zur Nacht. Im Hintergrund, etwas verunsichert um sich blickend, raucht ein anderer Sprössling aus der Kinderschar (Cornelis?) die weiße Tonpfeife. – Und die Erwachsenen? Sie lassen Großmut walten und den lieben Gott einen frommen Mann sein. Die Frauen singen sämtliche Liedstrophen, und die Musici, nun wiederum vollzählig, spielen, von einigen Misstönen abgesehen, das Intermezzo recht manierlich.
Angelockt von Gesang und Gelächter, schaut ein junger Mann interessiert zum Fenster herein. Er trägt ein Signalhorn bei sich. Es wird der Postillion sein, der auf das Umspannen der Pferde wartet. Eigentlich möchte er bleiben, aber die Pflicht siegt über das Vergnügen.
Der Familientag geht zur Neige. Die Kleinen müssen ins Bett, die Großen bleiben noch und versichern, sie hätten sich seit langer Zeit nicht so wohlgefühlt wie heute.
Jan Havickszoon Steen: „Die fröhliche Familie“, 1668, Öl auf Leinwand, 110,5 x 141 cm, Rijksmuseum Amsterdam.
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