Als Ballspiel werden Spiele mit einem Ball bezeichnet“ (das hätte man sich fast denken können). Da diese sportliche Betätigung eine Unterart des Spieltriebes darstellt, welcher hinwiederum zu den menschlichen Urtrieben gehört, so lässt sich das Ballspiel geschichtlich weit zurückverfolgen. Die einen meinen, es sei bereits um das Jahr 1900 v. Chr. in Ägypten nachweislich. Während gelehrte Griechen und Römer dafür eine Zeitspanne zwischen 300 und 200 v. Chr. benennen. Wie dem auch sei, die Vorzüge des Bewegungsspiels gleichen sich vom Altertum bis in die Moderne: Steigerung von Kondition, Geschicklichkeit und Reaktionsvermögen. Und als Höhepunkt: Das Auslösen lustbetonter Gefühle.
Liebhaber des vergnüglichen Umgangs mit dem Ball gab es zu jeder Zeit und in allen gesellschaftlichen Schichten. Man weiß es auch von Berühmtheiten aus der Antike. So soll Alexander der Große, zur Entspannung zwischen den Kriegszügen, das Ballspielen geschätzt haben. Ebenso der kriegerische Politiker Marcus Antonius, und Sophokles, der Dichter. In seinem Stück „Thamyras“ trat er selber als Ballspieler auf.
Der Ball und seine Spieler. Ihnen begegnet man sowohl in Aktion als auch in der Darstellung: in Malerei, Stein, Metall und Glas. Als römisches Bodenmosaik und Wandmalerei, auf antiken Gefäßen, auf Gemälden und Zeichnungen; als Skulptur und Münze.
Meine Favoriten sind „Die Ballspieler“ von Henri-Julien Félix Rousseau (1844–1910), den sie den Zöllner nannten, weil er zu Zeiten als Commis II. Klasse in einem Zollamt gearbeitet hatte. – Vier Herren spielen in einem Waldstück. Vielleicht im Bois de Boulogne, dem Pariser Stadtpark. Was für ein Tag! Der Himmel blaut. Schmale Wolken ziehen. Die Bäume beiderseits des Spielfeldes tragen Goldgelb zur Schau, als hätte die Sonne sie zum Leuchten gebracht. Ein Hauch von Poesie und ein Quäntchen Ironie liegen über diesem Morgen.
Die Vier, in bester Stimmung und von Kampfgeist erfüllt, bildeten zwei Mannschaften, kenntlich an ihren flotten Ringeltrikots. Die gelborange Geringelten und die blaugrau Geringelten. Möglicherweise spielen hier zwei Quartiere aus dem 16. Arrondissement gegeneinander. Die blaugrau Geringelten sind augenblicklich im Vorteil. Sie jagten den Ball soeben den gelborange Geringelten ab. Die wirken nervös. Einer von ihnen zerrt den Blaugrauen heftig am Trikot. Zwecklos! Denn Blaugrau 1 wird in der nächsten Sekunde den Ball an Blaugrau 2 abgeben, der frei in der Schusslinie steht. Sieg! Sieg! Zu früh! Gelborange 2 (Gelborange 1 ist noch mit dem Trikot von Blaugrau 1 beschäftigt) macht sich im Hintergrund zum Gegenangriff bereit. In diesem Moment unterbricht Rousseau das Spiel.
Der Ball schwebt weiter in der Luft, Gelborange 1 zerrt unbeirrt am Trikot von Blaugrau 1; Gelborange 2 bleibt im Gegenangriff stecken, und Blaugrau 2 kann die Schusslinie nicht nutzen. Endstand: Unentschieden. – Was spielten sie eigentlich? Es wird wohl eine modifizierte Art des Rugbys gewesen sein. – Beide Mannschaften einigten sich inzwischen auf ein Rückspiel. Am nächsten Sonntag soll es stattfinden.
Henri Rousseau: Die Ballspieler (1908), Öl auf Leinwand, 100,5 x 80,5 cm, Guggenheim Museum, New York.
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