Alexander Gauland, Ehrenvorsitzender der AfD und Vogelschiss-Experte – Sie haben sich dagegen ausgesprochen, den 8. Mai als Tag der Kapitulation Deutschlands im Zweiten Weltkrieg zum gesetzlichen Feiertag zu erklären: „Man kann den 8. Mai nicht zum Glückstag für Deutschland machen.“ Es sei schließlich „ein Tag des Verlustes von […] Gestaltungsmöglichkeit“ gewesen.
Was Letzteres anbetrifft, können wir Ihnen wahrlich nicht widersprechen. Ab 30. Januar 1933 hatte das Nazi-Regime unter aktivem Mittätertum sehr vieler und passiver Duldung der meisten Deutschen auf eine Art und Weise zu gestalten begonnen, die im Zweiten Weltkrieg kulminierte, dessen zig-Millionen Tote, sechs Millionen industriell beseitigte Juden und 3,3 Millionen systematisch zu Tode gebrachte sowjetische Kriegsgefangene einschlossen. Von den Kriegsfolgen in deutschen Landen gar nicht zu reden.
Damit war am 8. Mai 1945 endlich Schluss.
Das mag kein Glücksfall für die Täter gewesen sein, die in Westdeutschland überwiegend ungeschoren davonkamen. Adolf Eichmann etwa übte später im argentinischen Exil herbe Selbstkritik, weil von den bei der Wannseekonferenz aufgelisteten elf Millionen europäischen Juden zu viele übrig geblieben seien.
Summa summarum: Wer den 8. Mai 1945 heute noch immer nicht für einen Glückstag für Deutschland hält, der ist, mit Verlaub, wirklich nur ein Fliegenschiss auf dem Revers dieser Nation.
Klaus Bouillon, Mann der klaren Worte (Selbsteinschätzung) – Die CDU betraute Sie mit dem Posten des Innenministers des Saarlandes. Klar doch, dass Sie es doof finden, wenn alle möglichen Fremdlinge von irgendwoher das Ländchen überschwemmen und ungefragt irgendwelche Viren verbreiten. Sie wollen also die Grenzkontrollen verschärfen. Mit den Ihnen eigenen klaren Worten haben Sie das Mitte März im Saarländischen Rundfunk (SR) so ausgedrückt: „Zunächst einmal geht es darum, dass die Franzosen, wenn sie kommen, sie werden überprüft. Wir machen punktuelle Kontrollen. Wenn es gelingt, jeden Tag einige zu finden, die wir zurückschicken, dann haben wir das Risiko minimiert.“ Das heute journal des ZDF machte am 28. April aus Ihrer doch etwas stammeligen Aussage ein verständlicheres Deutsch: „Grenzschutz ist Menschenschutz, sagt der Innenminister des Saarlandes. Jeder abgewiesene Franzose bedeute ein Stück mehr Sicherheit für die Saarländer.“ Jetzt fielen Ihre klaren Worte selbst der Opposition auf – auch im Saarland kommt die Geschichte immer etwas später, nicht nur in Mecklenburg –, und sie machte Krakeel. Die SPD fordert gar Ihren Rücktritt. Ihr Ministerium und Sie selbst dementieren natürlich. So hätten Sie das nie gesagt. Stimmt, so nicht. Aber ein übel schmeckendes Praliné bleibt selbst in schickster Verpackung ein übel schmeckendes Praliné.
Ersetzen wir einfach einmal in Ihren O-Ton vom März „die Franzosen“ durch „die Deutschen“ und stellen uns vor, Philippe Richert, Präsident des Regionalrates von Grand Est – Ihr französischer Nachbar – hätte diesen Satz vom Stapel gelassen… Sie hätten mit Sicherheit klare Worte gegen diese deutschenfeindliche Unverschämtheit gefunden. So bleibt Ihnen laut SOL.DE am Tag nach dem heute journal nur die Beschwörung: „Auch die deutsch-französische Freundschaft wird diese schwere Zeit überstehen. Davon bin ich überzeugt.“ Ist das die Rücktrittsvorbereitung? Wir hoffen doch.
Matthias Kollatz (SPD), Scherzkeks, sonst Finanzsenator von Berlin – „Wir werden bei der Personaleinstellung und bei Baumaßnahmen langsamer werden“, erklärten Sie hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf Berlin. Wir horchen verwundert auf. Noch langsamer? Geht denn das? Also keine Einstellungen. Keine Baumaßnahmen.
Armin Laschet (CDU), Janusköpfiger? – Böse Zungen behaupten ja, dass Ihre ausgesprochen nahbare Art, ihre offen zur Schau getragene bodenständige Volksverbundenheit in erster Linie Mittel zum Zweck Ihrer eigenen Karrierepläne sei. Zum Ministerpräsidenten des größten deutschen Bundeslandes NRW, haben Sie es damit immerhin bereits gebracht. Nun hält man Sie in Ihrer Partei gar für kanzlerfähig und räumt Ihnen gute Chancen ein, demnächst die Nachfolge der rasch gescheiterten AKK an der Spitze der CDU anzutreten.
Doch wer hört schon auf böse Zungen?
Andererseits – schaut man auf die Zusammensetzung des von Ihnen eingesetzten Corona-Expertenrates, dann kann man schon auf dumme Gedanken kommen. In diesem Gremium sind die Interessen der Wirtschaft, also des Kapitals und von dessen Eignern, gleich mehrfach vertreten, wohingegen die sogenannte Arbeitnehmerseite überhaupt nicht vorkommt. Hat zumindest die Organisation Lobbycontrol jetzt festgestellt. Besonders pikant dabei – die Beteiligung von Nicola Leibinger-Kammüller, der Miteigentümerin des Maschinenbauers Trumpf. Die Dame vertritt auch die „Stiftung Familienunternehmen“, eine Lobbyorganisation, die gegen Erbschafts- und Vermögenssteuern kämpft. Und Trumpf gehört zu den Großspendern der NRW-Regierungsparteien CDU und FDP.
Böse Zungen würden da wohl sagen: Eine Hand wäscht eben doch die andere.
Paul McCartney, Nostalgiker – Sie belebten jüngst den alten Streit unter Fans der gepflegten Gitarren-Cluster mit der Erklärung, die Beatles seien „besser“ als die Stones. Mick Jagger reagierte auf Apple Music mit einer Tatsachenbehauptung. „Der wirklich große Unterschied zwischen diesen beiden Bands ist“, erklärte er den Unwissenden, „eine Band spielt unglaublicherweise und zum Glück noch in Stadien, und die andere Band existiert nicht mehr.“ Wir hätten dieses Jubiläum doch tatsächlich beinahe vergessen, im Blättchen angemessen zu würdigen: Vor 50 Jahren wurde die Auflösung der Beatles erklärt. Von Ihnen höchstderoselbst, Mr. Paul McCartney. Vergessen?
Eva Högl, sozialdemokratisches Allzwecktalent – „Generalisten“ nennt man in der Politik Leute, die für alles einsetzbar sind. Nun sind Sie nach dem Willen der SPD-Bundestagsfraktion Wehrbeauftragte geworden. Wir reiben uns verwundert die Augen: Europapolitikerin, Sozialpolitikerin, Frauenpolitikerin … Nun denn, Generalistin also. Warum auch nicht. Wenn da nicht die Begleitumstände wären, die kürzlich Robert Ide im Tagesspiegel Checkpoint aufblätterte: „Damit könnte es wahrscheinlicher werden, dass Michael Müller im nächsten Jahr für Berlins SPD auf Listenplatz eins in den Bundestag einziehen darf – beim letzten Mal hatte hier noch Högl gestanden. Somit wäre der Weg noch geebneter für Franziska Giffey, die als Bundesfamilienministerin […] den Regierenden Bürgermeister in Berlin beerben will.“ Im Schach nennt man so etwas Rochade, hier allerdings verbunden mit einem Bauernopfer, dem bisherigen – allseits geachten und respektierten – Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels. Manche nennen das Postengeschacher, Ihr Direktmandat soll zudem ziemlich wacklig sein. Wir nennen das einfach nur ekelhaft. So und nicht anders kommt Politikverdrossenheit zustande, die im Kern Verdrossenheit mit einer bestimmten Art von Politikerkaste verbunden ist, in die Sie sich nun zu unserem Entsetzen auch eingereiht haben.
Hans-Peter Bartels (MdB SPD), Bauernopfer – Sie waren Wehrbeauftragter des Bundestages und damit unter anderem die Klagemauer der Militärangehörigen. Nach allgemeinem Urteil der Medien und selbst politischer Antipoden aus CDU und FDP machten Sie einen guten Job. Altruismus ist dafür im Übrigen nicht gefordert, denn das Amt ist – laut Neuer Zürcher Zeitung – gut bezahlt. Da wundert es nicht, dass Sie nach dem Ende Ihrer laufenden Amtsperiode weitermachen wollten. Doch daraus wird nichts. Ihre Parteifreundin Eva Högl – bisher nicht mit sicherheitspolitischer Expertise aufgefallen – ist ins Amt gehievt worden.
Was soll man Ihnen da Tröstendes sagen? Dass es wenigstens nicht an Corona liegt?
Denn dass es bei der SPD schon immer so lief, das hat ja nicht wirklich etwas Tröstendes und ist Ihnen im Übrigen bestens bekannt. Mindestens vom Schicksal Ihrer Gattin Susanne Gaschke, die vor Jahren als Oberbürgermeisterin von Kiel nicht zuletzt von den eigenen Genossen aus dem Amt gemobbt wurde.
Aus Protest darüber, was Ihnen gerade widerfährt, hat Gaschke jetzt ihr SPD-Parteibuch zurückgegeben – mit einem trotzigen: „Ihr wisst genau, wie ehrlos Ihr Euch verhalten habt. Das geht zu weit.“
Schlagwörter: 8. Mai, Alexander Gauland, Armin Laschet, Eva Högl, Hans-Peter Bartels, Klaus Bouillon, Matthias Kollatz, Paul McCartney, Susanne Gaschke, Wehrbeauftragter