22. Jahrgang | Nummer 24 | 25. November 2019

Antworten

Martina Angermann, Noch-Bürgermeisterin von Arnsdorf (Sachsen) – Mit Wirkung vom 30. November wurden Sie vom Bautzener Landrat in den „Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit“ versetzt. Auslöser war Ihr eigener Antrag, der gesundheitliche Gründe anführte. 2016 sprachen Sie sich mit scharfen Worten gegen die von einer sogenannten „Bürgerwehr“ in Arnsdorf praktizierte „Selbstjustiz“ aus. Vier kräftige jüngere Männer hatten seinerzeit einen psychisch kranken irakischen Asylbewerber aus einem Supermarkt gezerrt und mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt. Der daraufhin lostobende Volkszorn richtete sich nicht gegen die durch nichts legitimierten Gewalttäter, sondern gegen Sie, die auf Einhaltung der in unserem Lande immer noch geltenden Rechtsnormen pochte. Sie wurden allein gelassen, auch von den in Dresden mitregierenden Politikern Ihrer eigenen Partei, der SPD. Die bedauern jetzt natürlich das Geschehene mit tränengesättigten Sprüchen. Sie waren nicht die Erste, Sie werden nicht die Letzte sein, der solches widerfährt. Faschismus wächst von unten auf. Von oben wird sein Wachsen immer noch mindestens geduldet. Es schmerzt uns in tiefster Seele, wenn wir sehen, was Ihnen widerfuhr.

Monika Grütters (CDU), Zahlen-Jongleurin – Auf seiner jüngsten Sitzung hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages den Etat für 2020 „bereinigt“. Für Ihre Haushaltskasse sprang ein erkleckliches Zusatz-Sümmchen heraus. Wir wollen nicht mutmaßen, ob das hauptsächlich aus unverschämter „Wahlkreispflege“ von Koalitionsabgeordneten heraus geschah, wie bei den 53 Millionen für das Hamburger Hafenmuseum, oder der üblichen planerischen Unfähigkeit gepaart mit Großmäuligkeit und Ignoranz, wie bei den zusätzlichen 37,7 Millionen für das Berliner Humboldt-Forum. Gar artig nahm sich Ihr Jonglieren mit Millionen-Bällchen in Sachen „Museum der Moderne“ auf dem Berliner Kulturforum aus. Einst war das als bescheidener Erweiterungsbau der Neuen Nationalgalerie gedacht. Ball Nummero 1: Schlappe 364,2 Millionen (eine leichte Verdoppelung des Ursprungsansatzes) soll die Kunstscheune kosten. Ball Nummero 2: 86 Millionen Baukostensteigerungsvorsorge und Rücklagen wurden nicht abgestimmt, sind aber zwingend. Ball Nummero 3: 5 Millionen für die St. Matthäus-Gemeinde, deren Gotteshaus unmittelbarer Nachbar Ihres Lieblingsprojektes ist. Eine Stillhalteprämie oder Vorsorge für mögliche Bauschäden infolge der Bauarbeiten? Egal, wir sind bei 455,2 Millionen Euro angelangt. „Diese Summe ist für mich eine echte Schmerzgrenze“, kommentierten Sie. Sie meinten damit aber die ominösen 364,2 Millionen. Sie scheinen Schmerzen zu mögen. Wir können Ihnen Mut machen: Lustentzug müssen Sie nicht befürchten.

Annelies Roloff, Lichtenberger Rettungsanker – Sie sind seit 57 Jahren Ärztin und praktizieren immer noch im von sozialen Elendslagen stark gebeutelten Berliner Stadtbezirk Lichtenberg. Vom Tagesspiegel nach Ihren Motiven befragt, verweisen Sie auf Ihre Patienten: „Die kann ich doch nicht im Stich lassen.“ Sie selbst sind jetzt 82 Jahre alt. Im selben Zusammenhang erklären Sie, dass Sie eigentlich noch mehr Therapien und Leistungen verschreiben müssten, aber die Budgetierung der ärztlichen Leistungen dies verhindere: „Medizin vor Ökonomie, so sollte es eigentlich sein.“ Das ist ein wenig ungerecht. Wer zahlen kann, erhält in diesem Lande jede nur denkbare Behandlung. Dazu gehören Ihre Patienten offenbar nicht.
Wir verneigen uns tief vor Ihnen!

Wiesław Brudziński, Auf-den-Punkt-Bringer – Von Ihnen stammt das Bonmot: „Er hielt kein Wort, keinen Vertrag und kein Versprechen. Dafür aber Schritt mit der Epoche.“
Allerdings sind Sie bereits 1996 verstorben.
Was uns denn doch verwundert fragen lässt:
Woher diese Detailkenntnis vom aktuellen US-Präsidenten?

Alexander Gauland (AfD), einzig wahrer Wahrer der FDGO – „Wir haben nur integre Persönlichkeiten“, schleuderten Sie einem dieser nervenden Lügenpresse-Vertreter auf einer Pressekonferenz ins Gesicht, als der es wagte, eine blöde Frage nach integren Persönlichkeiten in der AfD-Fraktion des Bundestages zu stellen. Den Kommentar auf solch kühne Behauptung lieferte prompt Ihre Kollegin Alice Weidel: „Mein Gott, ist das alles dümmlich hier.“ Oder haben wir da in der Hitze des Gefechtes etwas falsch verstanden? Vollkommen integer ist sicher auch der Arnsdorfer AfD-Fraktionsvorsitzende Detlef Oelsner, der gegenüber dem MDR erklärte, dass die Vorwürfe von Noch-Bürgermeisterin Martina Angermann, die Rechten versuchten die Vereine im Orte zu unterwandern, „doch ein ganz starker Tobak“ seien. Von Unterwandern kann mancherorts wahrlich keine Rede mehr sein. Alles honette und integre Leute.