22. Jahrgang | Nummer 15 | 22. Juli 2019

Mondlandung und Sonnenscheinmusik

von Thomas Behlert

Wer sich für ältere Klänge aus dem Reich des Rock ’n’ Roll, des Soul, Beat und Jazz interessiert, der sollte unbedingt das Plattenlabel Bear Family Records als wichtiges Hilfsmittel für seine Lust betrachten. Das 1975 vom musikalischen Genius Richard Weize gegründete Label ist für außergewöhnliche Zusammenstellungen mittlerweile in der ganzen Welt bekannt. Auszeichnungen, wie der Preis der deutschen Schallplattenkritik, zeugen davon.
Von einem alten Bauernhof im niedersächsischen Holste, bei Oldenburg, kommen aufwendig recherchierte und gestaltete CDs in Musikalienhandlungen, die etwas auf sich halten. Zu hören gibt es vergessene und wenig bekannte Künstler. So muss man als besondere Meisterleistung zwei große Sammlungen betrachten, die sich mit der jüdischen Musik und Songs zum Vietnamkrieg beschäftigen. Auf „Beyond Recall“ sind über 250 Lieder von jüdischen Musikern verewigt, die trotz aller Widrigkeiten und Verfolgung im nationalsozialistischen Berlin aufgenommen worden sind. Die 13 CD umfassende Reihe „Next Stop Vietnam“ vereinigt Musik vieler moderner Richtungen, die sich mit dem ungerechten Krieg gegen ein kleines asiatisches Land auseinandersetzen. Da sind Songs darunter, die eine Aussage haben, aber in den 1960er Jahren doch schnell in Vergessenheit gerieten, wie auch deren Interpreten.
Auch wenn Weize die Leitung des Labels 2015 an die engen Mitarbeiter Detlef Hoege und Michael Ohloff, den Musikinteressierte auch von der Band „Rumble on the Beach“ kennen, abgegeben hat, reihen sich weiter wunderbare Zusammenstellungen aneinander, dass es eine Freude ist. Gerade jetzt erschienen zwei Sampler, die Rock-’n’-Roll-Fans unbedingt baldigst in den Händen halten müssen.
Das 50-jährige Jubiläum der Mondlandung begeht man mit vielen Beiträgen in der Presse und im Fernsehen. Im Radio erklingen dazu leider nur die Worte des Astronauten Neil Armstrong, als er festen Mondboden betrat, aber keine Mond-Musik. Dafür sorgt Bear Family Records nun mit dem herrlichen Sampler „Destination Moon“, bei dem 34 Tracks für immer beieinander sind, die die Mondlandung zum Thema nahmen. Oft sind die Songs sehr naiv, wenn man das damalige Wetteifern zwischen den USA und der UdSSR ab den 1950er Jahren betrachtet. Wer kennt schon die Aufnahmen „Rocket to the Moon“ von Johnny Kay aus Belgien oder Glenn Willings’ „Race to Space“. Ersteres Lied die Belgier bestimmt auch nicht. Neben heiteren Einspielungen, wie Anita O’Days „Fly Me to the Moon“ und „The Rocket Man“ von den Spotnicks, die sogar eine russische Melodie einbauten, gibt es interessante Tondokumente vom US-Präsidenten John F. Kennedy, von Neil Armstrong und einige orchestrale Aufnahmen (Les Baxter), die sich wie ein Soundtrack zum Mondflug anhören. Nun lasst uns mit Pat Reader singen: „Cha-Cha on the Moon“.
Da die bemannte Mondlandung bekanntlich im Sommer ablief, ist eine Sommerzusammenstellung nach den ganzen Weltraummelodien genau die richtige Abwechslung. „Another Banana Split“ bringt Songs und Instrumentals aus Rock ’n’ Roll, Rhythm ’n’ Blues und Pop der Jahre 1938 bis 1962, die heiter stimmen und die Party am Pool mächtig aufheizen. Die Themen sind klar: Sonnenbaden, coole Drinks, Surfen natürlich, Strandparties und Eiscreme in der Milchbar. Ob nun Eddie Cochrans „Summertime Blues“, Jerry Kellers „Here Comes Summer“ oder das unverwüstliche „Itsy Bitsy Teeny Weenie Yellow Polkadot Bikini“, aber auch die Beach-Raritäten von Dave York, Gene Gray und den McGuire Sisters („Banana Split“) – alle laden zum Staunen („Wow, toller Song, noch nie gehört“!), Tanzen und Träumen ein.
Zu beiden Samplern gibt es selbstverständlich dicke Booklets mit seltenen Künstlerfotos, Illustrationen und Anmerkungen zu den einzelnen Beiträgen.

„Destination Moon 50 Years“, „Another Banana Split“, Bear Family Records, je 10,99 Euro bei jpc.