21. Jahrgang | Nummer 21 | 8. Oktober 2018

Geheimnis gelüftet

von W. H. Istleblower

Seit 2015 befinden sich die Vorbereitungen auf eine bemannte Mars-Mission in ersten Praxistests. Landläufig wird das Projekt als „bemannte Mars-Mission“ bezeichnet, ein sprachpolitischer Fauxpas, kann die gendergerechte Bezeichnung doch bestenfalls „befraute und bemannteMarsmission_in“ lauten. Berührt von diesem Dilemma ist auch der Name des Planeten überhaupt, hat er doch einen unbegründet maskulinen Artikel – mit welchem Recht?
Mit diesen und zahlreichen weiteren Fragen der Marsbesiedlung sind nicht nur amerikanische Unternehmen wie SpaceX an der Umsetzung des Trumpschen Versprechens beschäftigt, mit amerikanischem Personal erstmals auf dem Mars zu landen. Auch Arbeitsgruppen und Aufbaustäbe des EU-Parlaments sind, wie das Blättchen jetzt investigativ ans Licht bringen konnte, intensiv mit der gleichen Zielstellung befasst, ist es doch nicht ausgemacht, dass es Amerikaner sein werden, die ihr Sternenbanner vor jenem der Europäer in den Marsboden rammen werden.
Details über die Vorbereitungen, die in Brüssel, Luxemburg und Ottendorf-Okrilla auf Hochtouren laufen, werden seit Jahren strikt unter Verschluss gehalten, soll eine solche Mission Mitte der 2030er Jahre doch der Höhepunkt der Jubiläums-Feierlichkeiten zu Angela Merkels 30-jähriger Regentschaft werden.
Dennoch, mit Hilfe von Undercover-Recherchen seiner Redakteure und unter Mithilfe seiner beiden Leser ist es dem Blättchen gelungen, Einblick in die Vorbereitungen zu erlangen. Es versteht sich, dass die Besiedlung des Mars für besagte erste bemenschlichte Mission eine überaus komplexe Aufgabe darstellt, die auch die Blättchen-Investigatoren insofern überfordert hat, auf die Schnelle Einblick in das gesamte Programm zu erlangen. Wesentliche Regelungen allerdings stehen offenkundig bereits fest und werden derzeit mit detaillierten Ausführungsbestimmungen untersetzt.
Der Installierung der auf den Mars mitgebrachten Lebenserhaltungssysteme, soviel gilt als sicher, folgt unmittelbar die kollektive Überführung des EU-Parlaments auf den Nachbarplaneten. Die Abgeordneten werden indes an ihrem neuen Arbeitsort nicht erst mit der Ausarbeitung von Gesetzen, Regeln und Richtlinien beginnen; vielmehr können sie sich der umgehenden Umsetzung vorhandener und während der zwei- bis dreijährigen Reise durch das All ergänzter Beschlüsse widmen. Wie das Blättchen in Erfahrung bringen konnte, gehören dazu – in wertfreier Reihenfolge: die Ausstattungspflicht jeglicher Bauten mit Rauchmelder, die prophylaktische Anlage von Krötentunneln, intelligente Verkehrsleitsysteme, die Bereitstellung von Unisex-Toiletten, konsequente Mülltrennung, die Pflicht von Versorgern zur Rücknahme von Getränkedosen und Elektroschrott. Geregelt sind dem Vernehmen nach auch die Helmpflicht für Radfahrer und die interstellare Gültigkeit des deutschen Reinheitsgebotes, ebenso – gegen den Widerstand Bayerns – ein Dirndl-Dekolleté-Verbot in Biergärten zum Schutz vor Hautkrebs sowie die rechtzeitige und nachhaltige Anlage von Fischtreppen vor der Flutung ausgetrockneter Flussläufe.
Zu den offenen Fragen gehören, wie aus unterrichteten Kreisen weiter zu erfahren war, die Logistik zu schaffender Ankerzentren für mit einiger Wahrscheinlichkeit auftauchende Aliens und die damit verbundenen Regelungen zu deren Abschiebung.
Differenzen bestehen weiterhin in der Bereitstellungspflicht von Versorgungseinrichtungen von halalem Fleisch und einheitliche Maut-Gebühren für Autobahnen. Ein Streitpunkt stellt offenkundig eine für den Mars gültige Feinstaubrichtlinie dar, auch die Zugriffsquoten der EU-Staaten auf Mars-Sand als begehrtem Exportgut zur Erde ist offen; Deutschland möchte diese Rechte an die Quote der auf Erden aufgenommenen Flüchtlinge koppeln, was derzeit noch auf den massiven Widerstand Polens und Ungarns trifft. Im Petitionsausschuss wird darüber hinaus die Forderung Sylts verhandelt, analog zu den Bestimmungen dieser Nordseeinsel auch auf dem Mars den Bau von Sandburgen zu untersagen.
Allein diese sehr unvollständige Aufzählung all jener penibel im Voraus zu bedenkenden Anforderungen an eine Besiedlung des Mars, die zwingend bereits mit der Ankunft der ersten Erden/Mars-Bürger vollzogen werden müsse, zeigt, mit welch hochkomplexer Gedankenarbeit die EU-Experten, die so gern als seelenlose Bürokraten gescholten werden, beschäftigt sind. Allen Blättchen-Lesern, zu deren Lebenszeitfenster auch noch die 30er Jahre gehören, kann die Redaktion versichern, sie auf dem Laufenden zu halten, und zwar unter zugesichertem Verzicht auf eine Verdopplung des kostenlosen Bezuges dieser Zeitschrift.