Thomas Assheuer, Zeit-Feuilletonist – „Rechte sind Rechte und keine Konservativen; ihr Ziel ist nicht Bewahrung, sondern Zerstörung. Sie wollen die liberale Öffentlichkeit nicht meinungstechnisch erweitern, sie wollen sie abschaffen. Die Rechte träumt vom ethnisch homogenen Volk, vom organischen Staat und von seiner machtpolitischen Souveränität – ohne Rechtsgleichheit, ohne freie Gerichte, ohne Migranten, ohne ‚Vergangenheitsbewältigung‘ und ohne Einbettung in die Europäische Union. Ihre Helden heißen Wladimir Putin, Viktor Orbán und Jarosław Aleksander Kaczyński. Und so kann man Rechten alles Mögliche vorwerfen, nicht aber Unaufrichtigkeit. Sie sagen, was sie wollen. Und wenn sie an die Macht kommen, dann tun sie es auch“, haben Sie unlängst in der Zeit resümiert und damit wohl auf den Punkt gebracht, was zum Thema pointiert zu sagen ist.
Donald Trump, Erleuchteter – Erstmals seit einer Reihe Ihrer Vorgänger im Weißen Haus haben Sie mit der Tradition gebrochen, sich dort mit mindestens einem Haustier zu umgeben, um gegebenenfalls dessen Niedlichkeitsfaktor als Lichtstrahl auf Sie selbst fallen zu lassen. Nun ist zugegeben weder vom HERRN noch von dessen Sohn die Rede, Halter eines Haustieres gewesen zu sein. Auch insofern stehen Sie diesen beiden Überirdischen nicht nach. Indes dürfte Sie bei Ihrem Verschleiß an nahen Mitarbeitern der Verzicht auf etwa einen Hund oder ein Pferd möglicherweise in absehbarer Zeit einmal reuen. Könnten Sie nach Maßgabe der Dinge doch nicht wie es einst der römische Kaiser Caligula in Ermangelung zuverlässig Getreuer beabsichtigte, ihr Pferd zum Konsul ernennen. Den Caesaren hat dereinst wohl nur der eigene Tod daran gehindert, Sie indes kommen aber möglicherweise auch ganz ohne Gefolgsleute oder -tiere aus, oder?
Beatrix von Storch, AfD-Turboanalystin – Sie haben Ihren Tweet bedauert, mit dem Sie in kürzester Zeit nach dem Anschlag in Münster sicher waren, wer hinter diesem Attentat auf menschliches Leben stand. „Wie Millionen andere Deutsche“ seien sie davon ausgegangen, „dass es sich um einen islamischen Anschlag gehandelt hat“, erklären Sie nun mit blauäugiger Entschuldigungspose. Sofern zutrifft, dass Sie gleich „Millionen anderer Deutscher“ sofort eines islamistischen Hintergrundes sicher waren – was vermutlich nicht ganz auszuschließen ist – dann dürfen Sie sich zu diesem Kollektivgefühl gratulieren; haben Sie und Ihre Partei im Bunde mit anderen nationalistischen Kräften doch maßgeblich daran mitgewirkt, ein solches zu entwickeln – und zwar egal, ob die Tatsachen das decken oder nicht. Aber das ist derzeit ja das beliebteste Mittel der Politik: Behaupten, Unterstellen, Drohen – und nichts davon beweisen. Sie können es noch weit bringen, liebe Frau von Storch.
Gregor Gysi, Mahner – Sie schrieben allen geschichtsvergessenen oder einfach nur ungebildeten, respektive dummen EU-feindlichen Schlafwandlern jüngst dieses ins Stammbuch: „Es gab noch nie einen Krieg zwischen zwei Mitgliedsländern der EU. Ich befürchte: Wenn wir zurückkehren zu den alten Nationalstaaten, kehrt auch der Krieg nach Europa zurück.“ Dies kann nicht oft genug repetiert und auch dem letzten Hohlkopf immer wieder um die Ohren geschlagen werden, denn im Hinblick auf einen möglichen weiteren Großkrieg auf unserem Kontinent wäre ein Verharren bei Santayanas Erkenntnis „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“ unter Umständen suizidal.
Alice Weidel, Grand Dame der AfD – Sie haben den Entscheid des Bundesvorstandes Ihrer Partei – und damit auch Ihren eigenen – begrüßt, die Desiderius-Erasmus-Stiftung künftig als parteinah anzuerkennen und entsprechend zu nutzen. Die Stiftung wird seit März dieses Jahres von der in der deutschen Politlandschaft allseits als Anti-Taube bekannten Erika Steinbach, vormaliger Präsidentin des Bundes der Vertriebenen geleitet. „Als Ideenschmiede der AfD wird die Desiderius-Erasmus-Stiftung wichtige Impulse für die politische Arbeit in unserem Land geben“, sind Sie sich sicher. Die Stiftung, die „im Sinne eines freiheitlich- konservativen Weltbildes“ wirken werde, habe mit Steinbach eine „großartige Persönlichkeit“ an der Spitze. – Wieder einmal hat sich also zusammengefunden, was zusammengehört.
Hans-Lothar Domröse, Ex-NATO-General – Sie dürfen sich rühmen, ein Ästhet, mehr noch, ein Gourmet der Kriegführung zu sein. Dass Sie nimmermüde erklären, Trumps Raketenangriff auf Syrien sei “präzise, angemessen und richtig” gewesen, unterscheidet Sie freilich noch nicht vom – auch – deutschen Regierungsstandpunkt. Dass Sie ihn aber televisionär auch als “handwerklich brillant” adeln, zeigt den Feinschmecker in Ihnen. Leider haben Sie es bis jetzt unterlassen, diese Militäraktion in eine Reihe ähnlich brillanter Kriegsakte zu stellen, wie etwa dem deutschen Blitzkrieg gegen Polen oder Frankreich, oder auch die brillante Befreiung Benito Mussolinis durch den SS-Hauptsturmführer Skorzeny oder, oder…
Ostdeutsches Kuratorium der Verbände (OKV) – Sie verurteilen die amerikanischen Raketenangriffe auf Syrien und stellen dazu fest: “Die USA wollen in die Rolle des selbsternannten Weltpolizisten aus den Zeiten des Kalten Krieges zurückkehren, während Russland in engem Bündnis mit der Volksrepublik China konsequent den Kurs der Gestaltung einer multipolaren Welt unter Beachtung des Völkerrechts, mit gegenseitigem Respekt der Staaten, ohne Einmischung in deren innere Angelegenheiten verfolgt. Diese Politik findet unsere solidarische Unterstützung, weil sie auf die Sicherung des Friedens gerichtet ist.” Sehen wir von der merkwürdig bekannten Sprache ab, in die Sie ihre Analyse kleiden, so offenbart sich hierin vor allem wieder einmal der alte religös-kommunistichte Dualismus in der Betrachtung der politischen Welt: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Nun ja, das hat sich ja schließlich siegreich bewährt…
Cornelia Geißler, Kollegin – Sie hatten Monika Marons neuesten Roman „Munin oder Chaos im Kopf“ rezensiert. Im Buch kommt es zu einem Übergriff von Männern „südländischen Typs“ auf eine junge Frau. Im Wohnumfeld der Protagonistin des Romans befindet sich offenbar ein Flüchtlingsheim. Die Protagonistin, so Monika Maron, erfahre aus der Zeitung, „dass man unter massivem Protest der linken Bewegung achtzehn von den Millionen jungen Männern, die man zuvor ins Land gelassen hatte, nun wieder in ihre Heimat befördert hatte, achtzehn von einer Million.“ Sie zitierten diese Passage und beendeten Ihre Besprechung mit folgenden zwei abschließenden: Sätzen „Diese Empörung zieht die Wirkung des Romans runter zu einem politischen Pamphlet. 2016 wurden laut Auskunft der Bundesregierung 25.375 Menschen aus Deutschland abgeschoben.“
Als die Schriftstellerin daraufhin per Mail bei Ihnen anfragte: „Haben Sie die die letzten beiden Sätze selbst geschrieben?“, führte dies Ihrerseits keineswegs zur Zurückweisung wegen Impertinenz, sondern zu einer Gesprächsverabredung. Das Resultat ist in der Berliner Zeitung vom 11. April nachzulesen.
Frau Maron vermeint nach eigenem Bekunden Ihnen gegenüber, immerhin 13 Prozent der Bevölkerung (offenbar das von 12,6 Prozent kaufmännisch aufgerundete Stimmvolk der AfD bei der Bundestagswahl 2017) zu „vertreten“. Solches befremdet uns längst nicht mehr. Anders allerdings eine Äußerung von Ihnen im Verlaufe des Dialogs: „Mit manchen Aussagen kommen Sie mir vor wie die Kassandra von Berlin.“
Was um Himmels willen, Frau Kollegin, wollten Sie damit sagen?
Dass Maron, wie die Troerin, über die Gabe verfügt, Unheil immer zutreffend vorauszusehen?
Und zugleich deren Schicksal teilt, nie Gehör zu finden?
Oder gar das Ende der Seherin?
Ersteres wäre vielleicht doch etwas zu viel der Ehre, das Zweitere auch kein rechter Trost und das Dritte natürlich indiskutabel – oder?
Benjamin Ferencz, Vergleichender – Mit erst 27 Jahren waren Sie Chefankläger in einem der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, dem Fall IX gegen die sogenannten Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und der SS. Deren Hauptaufgabe war Massenmord. Bereits ab September 1939 fielen diesen Sondereinheiten mindestens 60.000 Angehörige polnischer Eliten zum Opfer.
Jüngst sagten Sie dem Magazin Die Zeit: „Der Krieg ist das Schlimmste, was Menschen tun können. Den Rest meines Lebens habe ich versucht, dagegen anzugehen. Wir könnten die Welt verändern, wenn die Kriege enden würden. Aber wir dehnen sie aus und führen heute Cyberkriege. Menschen, die ohne Krieg ein anständiges Leben führen würden, werden im Krieg zu Kriminellen. Der Krieg vereinigt alle Verbrechen.“
Und Sie zogen folgende Parallele:
„Ferencz: Ich bin gegen alle Kriege. Jeder Krieg bringt Mörder hervor. Hören Sie sich die erste Ansprache des Präsidenten Donald Trump vor den UN an. Er drohte Nordkorea: ‚Wir werden euch vollständig zerstören.‘ Als ich das hörte, dachte ich: Herr Präsident, wie zerstören Sie ein Land vollständig? Treiben Sie alle Leute raus und erschießen sie, wie es die Einsatzgruppen der Nazis taten? Jagen Sie das Land in die Luft, wie wir es in Japan taten? Wie zerstören Sie es und warum? Weil Sie die Meinung der Führer in Nordkorea nicht teilen? Das ist die Rechtfertigung für Massenmord? In Nürnberg klagte ich den SS-Befehlshaber Otto Ohlendorf an, einen Vater von fünf Kindern. Er sagte: ‚Hitler wusste, dass uns die Russen angreifen würden. Ich glaubte Hitler, denn er hatte mehr Informationen als ich. Selbstverteidigung heißt, zuerst zuzuschlagen. Es war Selbstverteidigung.‘ Später sprach ich mit ihm noch mal in der Todeszelle, und er sagte noch immer: ‚Ich hatte recht.‘ Dieselben Argumente, kein Wort der Entschuldigung. Dann wurde er gehängt.
ZEIT: Sie vergleichen die Argumente eines Massenmörders mit denen von Präsident Trump?
Ferencz: Trump hat ähnliche Argumente: Wenn ihr uns droht, zerstören wir euch. Das sind die alten Argumente.“
Wie meinte doch schon Karl Kraus so treffend: „Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann.“
Monika Grütters, Kulturstaatsministerin, Große Naive – Der Berliner Tagesspiegel befragte sie neulich in Gestalt des Kollegen Rüdiger Schaper, warum denn „Berlin“ immer solche Probleme mit seinen Personalentscheidungen im Kulturbereich habe. Vordergründig zielte der Fragesteller wohl auf das Desaster um die Berliner Volksbühne ab, bei dem die hiesigen Kultursenatoren der letzten Jahre und ihre Staatssekretäre sich mehr oder weniger gelungen in der Partie des Dummen August versuchten. Jedenfalls sind inzwischen offenbar die Akten verschwunden, wie die Süddeutsche Zeitung (genüsslich, das Blatt erscheint in München, wen wunderts…) vermeldete. Bemerkenswert hingegen war ihre Antwort: Bei bedeutenden Personalentscheidungen brauche man Sachkunde und Empathie. Beides scheinen Sie also in der Berliner Politik zu vermissen. Wir wollen da nicht unbedingt widersprechen … aber Schaper sprach dann noch die Leitungsstühle des Humboldt-Forums und der Berlinale an. Das nennt man eine Leimrute legen – für beide Institute sind Sie zuständig. Aber zumindest scheinen Sie zu einer gewissen Selbstreflexion in der Lage zu sein. Das wiederum ist nicht alltäglich in der deutschen Politik.
Deutsches Bier, Edles – Der 23. April war „Dein“ Feiertag, leicht nachträglich gratulieren auch wir, die wir Dich sympathiebedingt hier einfach mal Duzen. Nicht allein des immensen Absatzes wegen, der ginge uns nichts an. Bemerkenswerter an Dir ist indes, dass dieses Bier seit dem 1516 erlassenen deutschen Reinheitsgebot ein reines Naturprodukt ist. Wasser, Hopfen, Malz und Hefe – nichts anderes darf verwendet werden. BIO pur und das verlässlich, was man nicht von jedem Produkt sagen kann, dass sich mit diesem Label schmückt! Mal abgesehen davon, dass auch hierzulande vor allem kleine start-up-Brauereien sich an diversen Designerbieren anderer Couleur versuchen, verdient das Beharrungsvermögen deutscher Brauer Respekt. Dass es eine echte Vorbildwirkung auf andere Nahrungs- und Genussmittelproduzenten hat, muss allerdings heftig bezweifelt werden.
Schlagwörter: Alice Weidel, Beatrix von Storch, Benjamin Ferencz, Cornelia Geißler, Deutsches Bier, Donald Trump, Gregor Gysi, Hans-Lothar Domröse, Monika Grütters, Ostdeutsches Kuratorium der Verbände (OKW) –, Thomas Assheuer