21. Jahrgang | Nummer 8 | 9. April 2018

Antworten

Christian Bommarius, hochgeschätzter Publizist – Ihnen ist soeben der diesjährige Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste verliehen worden. In der Begründung der Jury heißt es: „Die essayistische Energie von Christian Bommarius richtet sich gegen die Verführungskraft einfacher Diagnosen und scheinhafter Grundsatzlösungen sowie gegen jene aggressive Polemik, die den Meinungsstreit bedroht. Seine Kommentare nüchtern mit dem kühlen Blick des juristisch versierten Beobachters hysterische Debatten aus und erheben zugleich Einspruch gegen mangelndes Mitgefühl.“
Besser hätten wir unsere Wertschätzung nicht ausdrücken können und gratulieren artig.

Gerhard Grimmer, Langlauf-Legende auf Skiern – Bis auf die Russen 1958 und 1967 hatten beim 50-Kilometer-Skimarathon am Holmenkollen, dem Mekka des Nordischen Skisports, noch nie Nichtskandinavier gewonnen, als es Ihnen 1970 und 1971 gelang, in dieser Königsdisziplin die gesamte Weltelite zu schlagen. Sie bestätigten Ihre damalige Ausnahmestellung bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften 1974 in Falun: Gold über 50 Kilometer, Gold mit der Staffel und Silber über 15 Kilometer. Das hatte bei Ihrem internationalen Debüt im Jahre 1965 in Kawgolowo weiß Gott niemand zu prognostizieren gewagt – nach einem 71. Platz über 30 Kilometer.
Am 6. April feierten Sie in Ihrem Heimatort Seligenthal Ihren 75. Geburtstag. Bitte nehmen Sie unsere ebenso herzlichen wie respektvollen nachträglichen Glückwünsche entgegen!

Robert Habeck, Parteichef der Grünen – Man sagt Ihnen den sanft-rebellischen Charme der Jever-Pils-Reklame nach. Sie wollen das kalte Hartz-IV-System durch eine „solidarische Grundsicherheit in allen Lebenslagen“ ersetzen, loben „die unfassbare Energie“ in Ihrer eigenen Parteizentrale und wollen die Grünen zu einer neuen Volkspartei für „die Breite der Gesellschaft“ machen.
Das kommt offenbar in der Breite der Gesellschaft an! Als die taz kürzlich die Volksmusik-Sängerin Stefanie Hertel („Über jedes Bacherl geht a Brückerl“) auf Ihr Diktum ansprach, Heimat sei als „Raum zu begreifen“, „in dem wir leben und den wir zusammen gestalten, gleich, wo wir herkommen“, antwortete die Stefanie: Ein „unheimlich schöner Satz“. Und: Das „sehe ich ganz genauso“.
Ob Sie und die Stefanie damit allerdings bei NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) und beim Heimat- sowie Vaterlandsexperten Heino punkten können, muss leider bezweifelt werden – siehe die Bemerkung „Wo man singt, da lass’ dich …“ in dieser Ausgabe.

Beatrix von Storch, MdB-AfD und immer auf Wacht – Bundesligadrittligist VfL Osnabrück stellte beim Heimspiel gegen Hansa Rostock vor ein paar Tagen seine Aktion „Gegen Rechts“ vor. Der Verein und seine Sportler wollen damit ein „eindeutiges Zeichen gegen jegliche Art von Vorurteilen, Diskriminierung, Ausgrenzung, Rassismus, Extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass, Gewalt und Homophobie“ setzen, wie der Klub mitteilte; „Gegen Rechts“ stehe sinnbildlich für Toleranz, für Vielfalt und für ein faires Miteinander. Daraufhin gingen Sie per Twitter hoch wie eine Rakete: „Liebe Honks vom @VfL_1899 Könnt Ihr etwas präzisieren? Wer o was genau ist ‚rechts‘?Und:wann steht Ihr auf gegen ‚Links‘?Wenn Hamburg wieder brennt? Oder wenn die nächsten 100 kg Chemikalien zum schmutzige Bomben bauen bei Linksextremisten gefunden werden?“
Soll, vom leicht legasthenischen Touch mal abgesehen, ja wohl heißen: Wer gegen Fremdenhass und Homophobie protestiert outet damit nur seine Sympathie für Linksterrorismus. Wir hatten fast schon wieder vergessen, was für eine Knallcharge Sie sind. Danke für den Reminder!
Die Osnabrücker ihrerseits blieben cool und antworteten: „Wir werten Ihre Beleidigung und den Inhalt Ihres Tweets als Kompliment und fühlen uns in unserer Haltung bestätigt.“ Zudem hat der Klub Ihnen ein Trikot der Aktion angebotenen – „signiert vom gesamten, multikulturellen Kader des VfL Osnabrück.“

Günther Krause, der andere Kriminelle, der den Einigungsvertrag mit ausgehandelt hat – Sie sind nach Vollzug der deutschen Vereinigung durch windige Machenschaften zügig aus dem Ministeramt gestürzt, um dann mit der Ihnen eigenen Beharrlichkeit Schritt für Schritt als notorischer Pleitier zu reüssieren. Gerade sind Sie wieder wegen einer nicht ganz koscheren, aber beachtlichen (820.000 Euro offene Verbindlichkeiten) Insolvenz zu einer Geldstrafe verknackt worden, die Sie anstandslos akzeptiert haben, denn bei Anfechtung hätte nach der nächsten Instanz durchaus auch Gefängnis zur Debatte stehen können. Und nun müssen Sie wohl auch noch aus Ihrer hochherrschaftlichen Villa mit Pool und Schwimmbad raus, weil Sie mit nicht ganz gerichtsfesten Tricks die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 495.000 Euro vermeiden wollten.
Mancher würde ob solcher Malaisen vielleicht in Schwermut verfallen oder gar an finale Lösungen denken. Nicht so Sie! Sie sind noch ganz der alte. „Alle Visionäre wurden anfangs verlacht“, sagten Sie jüngst einem Nachrichtenmagazin, „sogar Jesus, bis zu seiner Auferstehung.“

Matthias Müller, VW-Chef – Sie sind ein Mann, der es für völlig OK und angemessen hält, dass sein Jahressalär 2017 um 40 Prozent gestiegen ist. Auf zehn Millionen Euro. Als Konzernchef, so eine Ihrer Begründungen, trage man schließlich ein erhebliches Risiko und stehe „immer mit einem Fuß im Gefängnis“. Zwar fällt uns auf die Schnelle kein vergleichbarer Kollege von Ihnen ein, der es je auch mit dem zweiten Fuß in den Knast geschafft hätte, aber sei’s drum. Schließlich ist auch Ihre Fertigkeit, in preiswürdiger Ausführlichkeit ein Nein zu formulieren, ohne das Wort selbst im Munde zu führen, und dieses Nein auch noch mit der untergegangenen DDR zu begründen, mit Ihrem Gehalt abgegolten. Hier Ihre Antwort auf die Frage, ob Sie nicht auch mit einer politisch gesetzten Obergrenze von fünf Millionen Euro Gehalt im Jahr leben könnten: „In Deutschland besteht der Drang, alles politisch regeln zu wollen. Aber wo soll das enden? Wir hatten so was bereits einmal in Form der DDR. Da ist auch alles geregelt worden. Alles, was die Bürger frei aussuchen konnten, war die Brotsorte beim Bäcker – und selbst da war die Auswahl begrenzt. Jede Innovation wurde kaputtgemacht. In eine solche Situation dürfen wir nicht kommen. […] Ich bin in der DDR geboren und […] weiß, wie überregulierte, autoritäre Systeme aussehen.“ Sie waren zu allem Übel halt auch noch ein besonders helles Kind – Jahrgang ’53 und anno ’56 in die BRD übergesiedelt …

Gigi Hadid und Zayn Malik, womöglich Semiramis & Herostratos unserer Tage!? – Nach rund zwei Jahren Ihrer Beziehung haben Sie sich getrennt und dies die Welt per Twitter wissen lassen, was – bedeutungserhärtend – auch SpiegelOnline mitteilensnotwendig fand. Wir wissen zwar nicht, ein wie großer Schritt für Sie das war, befürchten aber, für die Menschheit ist ein minimalstinvasiver.
Wie muss eine Zeit doch am Ar…h sein, in der dergleichen Privatissimi Nachrichtenstatus erlangen!

Saul Bellow, seinerzeit Ratloser – „Die Informationen sind in den Tageszeitungen zu finden. Wir sind über alles informiert. Wir wissen nichts“, haben Sie einst in Ihrem Buch „Nach Jerusalem und zurück – Ein privater Bericht“ ein Dilemma resümiert, das nicht nur das Ihre und schon gar nicht ein auf den Betrachtungsgegenstand Ihrer seinerzeitigen Israelreise begrenztes sein dürfte. Ihr resignatives Fazit – „Statt zur Klarheit zu gelangen, wird man vom Chaos angesteckt.“ – gilt vierzig Jahre später, in den Zeiten der informellen elektronischen Sturmflut und nicht zuletzt wegen der „sozialen“ Medien“ erst recht und überdies in einem Maße, von dem Sie noch gar nichts ahnen konnten. Optimistischer macht das unsereinen nicht.

Justin Bieber, kanadischer Kreischauslöser – „Ich liebe Kunst und habe aus meinem Körper eine Leinwand gemacht, und das macht so viel Spaß“, begründen Sie der Welt den Umstand, dass sich Ihr 24-jähriger Oberkörper nebst Angebinde nach über hundert Stunden Arbeit nun lückenlos als Rundumkunstwerk präsentiert. Mag sein, dass Sie auf Ihren Popkonzerten damit mehr denn je Jungpubertierende zu Ohnmachtsanfällen verhelfen – da Ihr Corpus aber nun ausgelastet ist, empfehlen wir, alsbald einige hundert Stunden Arbeit darauf zu verwenden, aus Ihrem Hirn ein Denkorgan zu machen. Das würde Ihnen in der Branche der Teenie-Beglücker unter Umständen zu so etwas wie einem Alleinstellungsmerkmal verhelfen.