20. Jahrgang | Nummer 13 | 19. Juni 2017

Achtzehnter März

von Georg Herwegh

Achtzehnhundert vierzig und acht,
Als im Lenze das Eis gekracht,
Tage des Februar, Tage des Märzen,
Waren es nicht Proletarierherzen,
Die voll Hoffnung zuerst erwacht
Achtzehnhundert vierzig und acht?

Achtzehnhundert vierzig und acht,
Als du dich lange genug bedacht,
Mutter Germania, glücklich verpreußte,
Waren es nicht Proletarierfäuste,
Die sich ans Werk der Befreiung gemacht
Achtzehnhundert vierzig und acht?

Achtzehnhundert vierzig und acht,
Als du geruht von der nächtlichen Schlacht,
Waren es nicht Proletarierleichen,
Die du, Berlin, vor den zitternden, bleichen
Barhaupt grüßenden Cäsar gebracht
Achtzehnhundert vierzig und acht?

Achtzehnhundert siebzig und drei,
Reich der Reichen, da stehst du, juchhei!
Aber wir Armen, verkauft und verraten,
Denken der Proletariertaten –
Noch sind nicht alle Märze vorbei,
Achtzehnhundert siebzig und drei.

(März 1873)

Er war einer der ganz Tapferen. Und er arbeitete nicht nur mit Feder und Papier für die erste deutsche Revolution: Im April 1848 griff er zu den Waffen und beteiligte sich am badischen Aufstand. Seine Gedichte waren und sind manchen entschieden zu pathetisch. Und die, die stillschweigend die preußischen Kartätschen billigten und billigen, monieren noch immer seine „Gewaltverherrlichung“. In Wahrheit nehmen sie ihm bis auf den heutigen Tag übel, dass er immer an der Seite der Unterdrückten stand und zum treuen Wegbegleiter der deutschen Arbeiterbewegung wurde. Georg Herwegh hat auch nach der Niederlage der Revolution weder seinen Frieden mit der Reaktion gemacht noch seine Gesinnung für ein Butterbrot verkauft. Am 31. Mai jährte sich sein Geburtstag zum 200. Male.
W.B.