von Manfred Orlick
Mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 und dem Zusammenbruch der Sowjetunion zwei Jahre später endete ein Epoche, die nicht nur die beiden deutschen Staaten und Europa, sondern die ganze Welt fast ein halbes Jahrhundert lang in Atem hielt. Bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges hatten sich erste Risse in der Anti-Hitler-Koalition gezeigt. Konflikte gab es vor allem wegen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltung des besiegten Deutschlands. Das amerikanischen Monopol bei nuklearen Massenvernichtungswaffen, die Politik Stalins, vor allem in Osteuropa, die Truman-Doktrin und der Korea-Krieg markierten erste Schritte im Kalten Krieg, der mehr als 40 Jahre zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion tobte. Offiziell wurde dieser „Krieg“ zwar nie erklärt, aber das minderte nicht die von ihm ausgehenden Gefahren. Manche seiner Krisen rückten die Welt gefährlich nahe an den Abgrund eines Atomkrieges.
Besonderes Merkmal des Kalten Krieges war eine Spirale des Wettrüstens. Neue Waffensysteme wurden entwickelt, Verteidigungs- oder Sperranlagen errichtet und dabei Milliarden für die Rüstung ausgegeben. Man bunkerte sich ein, auch ideologisch. Stefan Büttner und Martin Kaule stellen in einer Neuerscheinung des Mitteldeutschen Verlages knapp 120 solcher Orte und Objekte quer durch 32 Länder der Welt in Bild und Text vor. Etwa 90 davon befinden sich in Europa, der Nahtstelle zwischen den Militärblöcken beider Seiten und dem Zentrum einer möglichen kriegerischen Auseinandersetzung.
Von den zahlreichen Objekte, die der Kalte Krieg in Deutschland hinterlassen hat, werden zum Beispiel der Militärflugplatz Finow, das Nuklearwaffenlager Lychen, die Air Base Bitburg, der Fliegerhorst Memmingerberg und die Marschflugkörperstellung Idenheim beleuchtet.
Die Palette der „Spuren des Kalten Krieges“ reicht auch nach Nord- und Mittelamerika sowie nach Asien und Russland. Die Autoren informieren neben der ehemaligen militärischen Bedeutung sowie den baulichen und technischen Einrichtungen auch über deren Nachnutzung nach dem Ende des Kalten Krieges. Viele der Objekte wurden in den letzten beiden Jahrzehnten zu Museen oder Dokumentationsstätten umfunktioniert. Andere Liegenschaften wurden sich selbst überlassen und damit dem Verfall preisgegeben. Erinnert wird auch an Anlagen, die heute noch immer als Sperrgebiet klassifiziert und damit für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.
Beklemmend ist die Tatsache, dass einige Einrichtungen immer noch oder wieder eine militärische Nutzung erfahren, was etwa die baltischen Staaten betrifft, die seit einigen Jahren in die NATO integriert sind. Einstige Raketenstellungen und Waffendepots wurden für eine neue Verwendung modernisiert. Indizien für eine Neuauflage des Kalten Krieges?
Über zwei Jahrzehnte bereiste das Autoren-Duo die unterschiedlichsten Winkel der Welt, um die Zeitzeugnisse zu dokumentieren. Die 240 Seiten wollen dabei keine Geschichte des Kalten Krieges sein, vielmehr sollen anhand der einzelnen Objektbeschreibungen die verschiedenen Facetten des prägendsten Konflikts der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorgestellt werden, wobei vor allem die Fotos einen authentischen Eindruck des damaligen Wahnsinns vermitteln.
Stefan Büttner / Martin Kaule: „Spuren des Kalten Krieges – Bunker, Grenzen und Kasernen“, Mitteldeutscher Verlag, Halle/S. 2017, 240 Seiten, 29,95 Euro.
Schlagwörter: Bunker, kalter Krieg, Kaserne, Manfred Orlick, Martin Kaule, Stefan Büttner