von Eckhard Mieder
Während des Trubels und Geschreis während und nach der US-Präsidentenwahl, die Donald Trump an die Spitze des (vielleicht) mächtigsten Staates brachte, ging mir unter anderem eine (faktische) Tradition der amerikanischen Geschichte durch den Kopf; es ist die Tradition der Attentate auf gewählte Präsidenten.
Dies denkend, schämte ich mich zugleich. Zum einen wegen dieses schwarzen Gedankens. Zum anderen wegen der Berichterstattung, die jenen Trubel und Geschrei begleitete, erzeugte, befeuerte, genoss. Inklusive der trumpetenden Voraussagen und hillerigen Gewissheiten. Dabei geschah nichts Neues: Die Arroganz der Journalisten und Journalistinnen war mal wieder stärker ausgeprägt als das Niveau ihres Berichtsgegenstandes Trump. Kann man die Arroganz der einen und das Niveau des anderen vergleichen? Wenn ich als gemeinsames Drittes die Latte Wissen-und-Wahrheit anlege, doch.
Nun, Scham genügt nicht. Auch schwarze Gedanken sind nur trübe Gedanken. Ich möchte, nach vorn schauend und schaudernd für zwei, drei Wochen zurück, Vorschläge machen.
Ich schlage im Folgenden einige Formulierungen für die Artikel nach dem (geglückten) Attentat gegen Trump vor. Sie dürfen, ähnlich wie bei vorbeugend-vorhersehenden Nachreden für Prominente, deren Tod in Bälde erwartet wird, im Fall des Falles gern verwendet werden:
„[…] So musste es kommen, so funktioniert die Ironie der Geschichte. Trump wurde von einem, der ihn wählte, getötet. Es lässt sich sagen: Trump ist das Opfer eines Mannes (einer Frau? eines Jugendlichen? eine Schwarzen? eines Latinos? – E.M.), der seinerseits ein Opfer Trumps war. Die Schlussfolgerung kann nur lauten: Betrüge die Wähler nicht, sie könnten deine Mörder sein […]“
„[…] Trump war gewiss umstritten. Und ob oder was er in seiner restlichen Amtszeit von (x Monaten? x Jahren? – E.M.) geleistet hätte, wird nun niemand mehr erfahren. Es wäre aber ungerecht, in dem Präsidenten nur den Geschäftemacher, eitlen Macho und das Großmaul zu sehen. Wir wissen ja alle (ja wir wissen ja alle! – E.M.), dass eine verbale Keule in der Politik eben nur eine verbale Keule ist. Der Politiker muss sich daran messen lassen, was er für das Wohl seines Volkes getan hat. Und in diesem Punkt hat Trump immerhin […]“
„Die Großfresse ist tot! Niemand weint! (Außer sein eigener Clan!) Was nun, Amerika? Was nun, Welt?“
„[…] Trumps Tod ist eine Dialektik immanent, man könnte sie die Dialektik der Schicksals-und-Gerechtigkeits-Logistik nennen. Ein Mann, gewählt und auserkoren, das gewaltigste Imperium der Neuzeit zu führen, ein Mann, dessen Führungsqualitäten umstritten waren, der aber nolens volens demokratisch an die Tete gesetzt worden war, dieser Mann war vom Schicksal respektive dem Wahlvolk in den Stand gesetzt worden, über die Zukunft des Planeten Erde zu entscheiden, mindestens das Schicksal entscheidend mitzugestalten. Es scheint, abseits einer wirtschaftlichen Debatte um soziale Gerechtigkeit eine der Gesellschaft innewohnende Gerechtigkeit zu geben; ein Zeitgeist, der launisch ist, für uns Menschen irrational handelt und von Zeit zu Zeit aus dem Dunkel der Gegenwart zuschlägt […]“
„[…] Stehen wir (wir? – E.M.) vor einem Bürgerkrieg? In den USA kommen auf 100 Bürger 90 Schusswaffen in Privatbesitz. Die Armee ist ebenso hochgerüstet wie die Polizei und die Nationalgarde. Führen wir (wir? – E.M.) uns vor Augen, mit welcher Härte etwa bei Rassenunruhen, Bürgerrechtsprotesten oder Aufständen in Indianerreservaten die staatlichen Repressivorgane vorgehen, führen wir uns vor Augen, in welcher Ausweglosigkeit weite Teile der Bevölkerung leben, während ein unanständiger Reichtum sich selbstgewiss präsentiert, dann sollte es nicht Wunder nehmen, würde das Land nach dem schrecklichen Attentat am Präsidenten ins Brodeln kommen. Erste Anzeichen […]“
Et cetera pp.
(Bei Verwendung der einen oder anderen Formulierung bitte ich um Nachweis für die VG Wort und verweise auf das Urheberrecht.)
Schlagwörter: Donald Trump, Eckhard Mieder, Journalismus