von Thomas Behlert
Zu ganz normalen Zeiten wird das Landleben als große neue Errungenschaft gefeiert, Landfeen mit ihren ökologisch sauberen Männern, die sich selbst verwirklichen wollen, drucken dazu sogar Zentralorgane. Die verkaufen sich mittlerweile so gut, dass alle großen Zeitungsverlage ein Stück vom selbstgebackenen Kuchen haben wollen. Den Anfang machte der Urtyp aller Rindenmulchverwerter, die LandLust, deren Auflage mittlerweile ganz entschieden die des Spiegels übertrifft, was allerdings nicht mehr die große Nummer ist, da das Wochenblatt nicht einmal von Studenten noch gelesen wird. Und von Studenten der Landwirtschaft schon gar nicht, denn die greifen zum Agrar Manager. Hier wird der Rückgang beim Brandenburger Ökolandbau beleuchtet, genau über die Milchproduktbörse GTD geschrieben, da sie den europäischen Auszahlungspreis massiv beeinflusst, die „Einstiegsgehälter in der Agrarbranche“ werden auseinandergenommen und die „Neue Verordnung zur Lagerkapazität von Gärresten“ wird erläutert.
Wer allerdings Artikel ohne tiefen Sinn und Inhalt lesen möchte, der greife in der Bahnhofsbuchhandlung oder im Supermarkt um die Ecke zu den verdammt dicken Schwarten. Da wären: Liebes Land, Landspiegel, LandLuft und Landleben, LandFrisch, Landidee, Country Homes und Landhaus. Alle klingen richtig wichtig, bieten aber leider nur biedere Texte über, ja was wohl, biologisch abbaubares Land und Leute in Latzhosen an. Aufmacher sind zum Beispiel Landmenschen, die früher mal Bauern hießen. Jetzt wohnen die „interessanten und sympathischen Landmenschen“ in den Höfen, die die Milchbauern aufgeben mussten. Man „baut im Erdinger Land Soja an und kocht allerlei Leckeres“ und „bereitet herrliche Sommergerichte mit süßen Blaubeeren zu“. Weiter geht es mit „Hängematten selber machen“, „Zuckersüße Eisdeko im Landladen“ bis zu: „Unterwegs mit dem Landfahrer“. Auch Mein schönes Land ist sehr schön und Landzauber traut sich kaum, über die Grenzen des Gartens zu schauen, denn hier steht die zauberhafte Gartendusche. Land & Berge suggeriert, dass in den Bergen noch alles stimmt und nirgends auch nur ein Baum fällt, damit die Landflüchter immer neue Pisten unsicher machen können. Alle Blätter erinnern an die gute alte Christdemokratenzeit, als das Weib noch züchtig hinter dem Herd stand, putzte und für den heimkommenden Mann das Essen und sich selbst bereithielt. Landhaus und Landleben sind für gar nichts gut. Schließlich gibt es noch das Kräuterhexenmagazin LandApotheke, selbstverständlich die Landfrau und das LandKind, worin PC und Konsolen nicht stattfinden und die Kinder selbstgestrickte Pullover mit Freude tragen. Spinnen, stricken, Zaun mit geschnitztem Holz reparieren und Pferde streicheln sind weitere wichtige Themen. Leider wird in den Land-und-Leute-Schundheftchen nichts über deftige Gerüche aus Ställen erzählt, nichts über Tierblut in Schlachthäusern und nichts über Mastbetriebe mit vollgestopften Ställen und kaum ein Satz über laut knatternde Traktoren und Mähdrescher während der Erntezeit. Dagegen wird sich auf den Leserseiten beschwert, oder gleich geklagt und gegen Erntestaub in zeitlos schönen Leinenröcken demonstriert.
Wenn ein Verlag noch eine weitere Zeitung herausgeben möchte, deren Auflage ebenfalls wertvolles Holz vernichtet, und noch keinen Namen weiß, hier sind einige Anregungen: Landflucht, Landsknecht, AusLand oder Landverschickung.
Schlagwörter: Landleben, Medien, Thomas Behlert, Zeitschriften