von Thomas Behlert
Wie geht man an ein Buch heran, das von einem ganz berühmten Menschen stammt, in der Herstellung von Familienmitgliedern unterstützt wurde und sich auch noch an Kinder wendet? Hm, es geht hier nämlich um Keith Richards erstes Kinderbuch „Gus & ich“.
Vor vier Jahren überraschte Richards die Fangemeinde bereits mit der verdammt dicken und schweren Autobiographie „Life“, die er zusammen mit dem Journalisten und Autor James Fox verfasste. Ach herrlich, was man da alles über die Band Rolling Stones lesen durfte. Wie sie sich am Anfang den Arsch abspielten, dann die ersten Hits ablieferten und nun bis zum Ende aller Tage mit viel Geld auf dem Konto immer noch regelmäßig die großen Bühnen der Welt besteigen und die Menschheit mit neuen musikalischen Ergüssen erfreuen. Was wurde da geliebt, gerockt und gekifft. Mike Jagger ist nun Gesundheitsapostel und Keith Richards nippt sicherlich auch nur noch am Whisky. Die Rolling Stones sind mittlerweile ein riesiger Konzern, der trotzdem Dinge für Herz und Hirn schafft und viel Freude in der Welt verbreitet. Wer den Rock’n Roll spielt, nimmt sich immer noch die Rolling Stones als Vorbild.
Nun hatte der 1943 in London geborene Gitarrist Richards wohl viele freie Stunden, dachte an die gute alte Zeit zurück und wurde sentimental. Denn wie kann man es verstehen, dass er plötzlich einen kleinen Schwank aus seiner Jugend für die Kinderlein aufbereitet? Oder liegt es daran, dass er fünf Kinder und fünf Enkelkinder hat?
Es geht um die besondere Beziehung zu seinem Großvater, den er nur Gus (nicht zu verwechseln mit dem Nachfolgeland der Sowjetunion gleichen Namens) nannte. Immer wieder gerne ging der kleine Keith zum Opa, mit dem er wundervolle Abenteuer erlebte, durch die große Stadt zog und sogar die Nacht unter großen Bäumen verbrachte. Irgendwann nahm Gus den Enkel mit in ein Musikaliengeschäft, wo er auf einem Klavier spielte. Keith hatte dabei nur Augen für Männer, die Gitarren in den Händen hielten und diesen ein wunderbares „Dinka-plink-plink“ entlockten. So ein herrlich klingendes Zupfinstrument hatte sein Großvater auch über dem Klavier hängen. Das musste er haben, sofort und gleich und für immer. Doch Gus antwortete auf diesen Wunsch: „Wenn du groß bist, kannst du es versuchen“. Wann immer er nun Großpapa besuchte, versuchte er nach der Gitarre zu greifen. Doch selbst auf Zehenspitzen kam er erst einmal nicht heran.
Eines Tages war es endlich soweit und der Großvater überreichte einfach die Gitarre, lehrte ihn die Akkorde und meinte dazu: „Wenn du erst mal „Malagueña“ spielen kannst, dann kannst du alles spielen.“
Durch dieses schmale Büchlein wissen wir und sicherlich auch die Enkel der Rolling-Stones-Fans, wie der mittlerweile schon runzlig gewordene und die Gitarre ganz hervorragend spielende Keith Richards zu seinem Instrument kam. Die Geschichte ist einfach aber doch berührend geschrieben. Kinder werden ihre Freude daran haben. Illustriert hat „Gus & ich“ Richards Tochter Theodora, die nach ihrem Urgroßvater Theodore Augustus Dupree (Gus) benannt ist und als Model und Künstlerin arbeitet. Für die Illustrationen – die leider etwas wacklig und unfertig wirken und eher an die Zeichnungen von jungen Mädchen erinnern, die sich im Unterricht langweilen und ihre Hefte mit Porträts verschiedener Teenie-Stars verschlimmschönern –, für die Illustrationen reiste sie extra nach Dartford, um den Kindheitsort ihres Vaters näher kennen zu lernen und auf sich wirken zu lassen.
Es ist ein ungewöhnliches Vater-Tochter-Projekt geworden, mit denen Rolling-Stones- und Keith-Richards-Fans den Nachwuchs erfreuen werden, ob dieser nun will oder nicht. Und wer die Luxus-Variante kauft, der hat eine CD mit Lesung und Musik des Autors dabei.
Keith Richards: Gus & ich, Heyne Verlag, München 2014, 48 Seiten, 12,99 Euro (Luxus-Variante: 16,99 Euro).
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