17. Jahrgang | Nummer 8 | 14. April 2014

Frauenpower zum Hören. Zwingend!

von Thomas Behlert

Man muss nicht immer nur über männliche Rock‘n Roller schreiben, denn auch die weiblichen Wesen können verdammt gut singen und die Welt mit neuen Songs erfreuen. Aber das weiß man ja schon seit vielen Jahren oder wenigstens seit Tina Turner gemeinsam mit Ike herrlich deftiges Zeug einspielte.
Aber jetzt mal ehrlich: Wer hatte denn dieses musikalische Wesen noch auf dem Zettel? Seit die Tina keine neuen Songs mehr veröffentlicht und das mit den Tourneen schön bleiben lässt, wandten sich sogar eingefleischte Fans anderen Themen zu. Frauen mit ausdrucksstarken Stimmen und tollen Liedern gibt es schließlich jede Menge. Nun also die Liebeslieder der Sängerin, die bereits in die Hall of Fame des Rock and Roll aufgenommen wurde. Viele emotionale Stücke sind zu hören, die einstmals das Solocomeback einläuteten und bis zum heutigen Tag gängig sind. Zu hören gibt es drei Songs von „Private Dancer“ (1983) und immer wieder Chartsstürmer („The Best“, „Missing You“, „Way Of The World“), die wegen ihres früher ständigen Radioeinsatzes auch mal nervten. Tja, und ganz kann Tina doch nicht lassen vom Musik-Genius, Ex-Ehemann und Schläger Ike, der mit ihr „River Deep Mountain High“ aufnahm und jetzt wohl alles mit Wohlwollen und einem dicken Joint aus der Hölle betrachten wird.
Gerade richtig hat es Rosanne Cash gemacht, die nach vier Jahren musikalischer Pause endlich wieder ein neues Album präsentiert. Die älteste Tochter der Country- und Rock’n Roll-Legende Johnny Cash erblickte 1955 in Memphis das Licht der Welt und wuchs in Kalifornien auf. Und was macht die Tochter im Laufe der Zeit, wenn die Eltern begnadete Musiker sind? Ebenfalls Musik, nimmt zwölf Studienalben auf, lässt elf Nummer-eins-Singles bejubeln und gewinnt sogar für den wunderschönen und niemals langweilig werdenden Song „I Don‘t Know Why You Don‘t Want Me“ einen Grammy.
Nun also liegt das neue Album „The River & The Thread“ mit elf Liedern vor und sollte von allen Rock- und Pop-Fans unbedingt gehört werden. Erst einmal kann man den Gedanken vom Pferd werfen, dass Tochter Cash sich an den traditionellen Country klammert. Vielmehr vernehmen wir zeitgenössische Rhythmen, die durch das Gitarrenspiel von ihrem langjährigen Songwriting-Partner und Ehemann John Leventhal die rockige Note erhalten. Gospel, Blues, Country und Folkmusik aus der Appalachia-Region werden gekonnt eingesetzt und zu stimmungsvollen und hörenswerten Songs verarbeitet. Textlich bleibt man in Amerika, denn es geht unter anderem um einen Bürgerkriegssoldaten, um ein junges Paar in Alabama und um einen in Arkansas lebenden Farmer. Alle haben eine Geschichte zu erzählen. Besonders zu empfehlen ist der letzte Song „Money Road“, der durch seine unheimlichen und zum Zuhören zwingenden Keyboard-Klänge dem ganzen Album einen wundervollen Abschluss beschert. Zu erwähnen wäre noch, dass Rosanne Cash im Studio auf Freunde und musikalische Weggenossen traf und sie gleich zum Mitmusizieren einlud, wie zum Beispiel Kris Kristofferson, Allison Moorer, John Prine, Derek Trucks sowie Gabe Witcher, letzterer von The Punch Brothers.
Das dritte sehr zu empfehlende Album stammt von Sheryl Crow: „Feels Like Home“. Was die Frau aber auch für eine Stimme hat. Sie ist voller Power, herrlich klar, intensiv, überzeugend und immer für eine Gänsehaut gut. Mit diesem direkt in Nashville aufgenommenen Werk will sich die neunfache Grammy-Gewinnerin wohl unsterblich machen, denn sie interpretiert ohne Angst und auf die heutige Zeit zugeschnitten Country, der auch mal an die großen Countrysängerinnen Patsy Cline und Loretta Lynn („Waterproof Mascara“) erinnert. Mit der amerikanischen Volksmusik ist die Popsängerin ja auch aufgewachsen, denn sie lebte mit ihren Eltern in einer echten Country-Gegend, die aus Farmland, einer Kirche, einer Schule und einem Marktplatz bestand. Die zwei Radiostationen brachten nur diese Klänge. Und so himmelte sie am Anfang Stars aus der Countrymusic an. Nun ist sie zurück zu dieser Musik, die frisch klingt, gute Geschichten und sehr passende Gitarrensoli präsentiert. Selbst sagt Sheryl Crow zur Arbeit an diesem Album: „Ich komme mir total verwöhnt vor, weil ich hier (in Nashville – T.B.) von Menschen umgeben bin, die für die Musik brennen – besonders, weil ich vorher in einer Situation gesteckt habe, die sich ganz und gar nicht so angefühlt hat.“

Tina Turner, „Love Songs“, Parlophone, 2014, 17,99 Euro.
Rosanne Cash „The River & The Thread“, Blue Note, 2013,15,99 Euro.
Sheryl Crow, „Feels Like Home“, Warner, 2013, 13,99 Euro.
(Preise bei jpc.)