17. Jahrgang | Nummer 6 | 17. März 2014

Antworten

Georg Schramm, schon Fehlender – Grade sind Sie 65 geworden, was natürlich auch für das Blättchen Anlass ist, sich in die Gratulantenschar einzureihen, die Sie vermutlich überrollt haben dürfte. Was wir Ihnen wünschen: Bewahren Sie sich den intelligenten Zorn des Lothar Dombrowski auf alles, was solchen Furor verdient, die schneidende Schärfe des Oberst Sanftleben gegen jene Dunkel- und Kleingeister, für die Sie ein Feindbild darstellen und unbedingt jene Seelen- und Herzensstärke Ihres Druckers August. Das alles verbunden mit dem Wunsch nach (altersgerechter) Gesundheit und Wohlergehen lässt uns hoffen, Ihnen bald wieder zu begegnen – beim Lesen, Hören oder auf dem Bildschirm, denn Sie werden uns nach Ihrem erklärten Abschied von Tourneen sehr fehlen.

Aksjonow, Dschemiljew, Jazenjuk, Klitschko, Lukaschenko, Janukowitsch, Merkel, NATO, Obama, Putin, Tusk … – Seid ihr alle verrückt geworden??? (Namensreihung folgt dem Alphabet, nicht dem Grad von Kriegslüsternheit)

Albrecht Müller, Herausgeber der verdienstvollen NachDenkSeiten – Auf die Interview-Frage der Jungen Welt, was deutsche Medien derzeit antreibt die alten Feindbilder gegen Russland wieder zu beleben, haben Sie geantwortet: „Manchmal habe ich den Eindruck, daß die Funktionäre der Jungen Union aus den 50er Jahren heute an den Schaltstellen der Medien sitzen – was zumindest auf das ZDF zutrifft. Der Antikommunismus war doch damals wie ein Glaubensbekenntnis. In den vergangenen Jahren haben wir eine ideologische Wiederaufrüstung gegen die Russen erlebt.“ Dem ist schwer zu widersprechen.(www.nachdenkseiten.de)

Karl Max Fürst von Lichnowsky – von 1912 bis 1914 waren Sie deutscher Botschafter in England und haben in dieser Funktion Ihren kaiserlichen Dienstherren zur Zurückhaltung gegenüber Österreich-Ungarns Willen zum Krieg gegen Serbien gemahnt. Ihr berühmt gewordenes Telegramm an Wilhelm II. und Kanzler Bethmann-Hollweg vom 28. Juli 1914 endete mit dem ebenso hellsichtigen wie vergeblichen Satz: “Ich möchte dringend davor warnen, an die Möglichkeit der Lokalisierung auch fernerhin zu glauben, und die gehorsamste Bitte aussprechen, unsere Haltung einzig und allein von der Notwendigkeit leiten zu lassen, dem deutschen Volke einen Kampf zu ersparen, bei dem es nichts zu gewinnen und alles zu verlieren hat.“ Alle Gehorsamkeit hat nichts genutzt …

Hashim Thaci, Regierungschef des Kosovo – Sie haben mitgeteilt, dass das Kosovo nunmehr eine eigene Armee aufstellen werde, die 5.000 Soldaten plus 3.000 Mann einer „aktiven Reserve“ umfassen soll. Allesamt sollen die die „territoriale Souveränität“ jenes Kosovo schützen, das vor sechs Jahren Serbien abgefallen abgefallen war. Was mag man dazu sagen: Maximal 8.000 Mann sollen ernsthaft ein Territorium von 11.000 Quadratkilometer „schützen“? Vor dem ungleich größeren und bewaffnetem Serbien zuallererst? Man wird wohl – steht diese „Armee“ erst, wohl darauf warten können, dass diese – natürlich von Serbien – „provoziert“ wird und Ihr Land dann bei NATO und UNO um Hilfe rufen wird, womit wir ein neuerlicher balkanischer Schlamassel perfekt wäre.

Franziskus, Brückenbauer ins Jenseits – Sie haben kürzlich das Castel Gandolfo, also den päpstlichen Sommersitz mit dem bisherigen Charakter eines Eremitenasyls, für die Öffentlichkeit freigegeben. Verfolgt man Ihre noch immer ersten oberhauptlichen Schritte zur Öffnung der katholischen Kirche hin zu den Menschen, für die sie erklärtermaßen eintritt, kann man auch dann hoffnungsvoll sein, wenn gewiss nicht alle Blütenträume – zumindest der Atheisten – reifen werden. Wie einfach vieles allerdings zum Besseren zu verändern ist, statt es tot zu problematisieren, haben Sie nun schon in mehrfacher Hinsicht gezeigt, und dafür gebührt Ihnen wenigstens zwischenzeitlich unser Respekt.

Peter Gauweiler, CSU-Parteivize – dafür bekannt, dass Sie Ihr Herz auch dann auf der Zunge tragen, wenn diese dann gern Provokantes in diese wie jene Richtung absondert. Sie haben während Ihrer Aschermittwochsrede in Passau folgendes gesagt: „Wir sind für die Partnerschaft. Wir sind für die Partnerschaft mit Kiew, aber Moskau gehört genauso zu Europa dazu. Wir sind für die Zusammenarbeit mit Russland.“ Otto Normaldenker stellt sich nun vor, wie zu solcherart Vernunftserklärung die Anwesenden bestätigend mit den Köpfen nicken. Immerhin haben Sie nichts anderes als das ausgesprochen, was man eine politische Selbstverständlichkeit nennen muss, jedenfalls dort, wo kein Kalter Krieg geführt wird. Wird er aber. Nicht nur in Bayern und nicht nur durch die CSU, bei beiden aber mit unüberbietbarer Geistlosigkeit, wie diverse Reaktionen vor allem aus dem eigenen Lager belegen. Stellvertretend sei der einstige CSU-Chef Erwin Huber genannt, der alle Welt hat wissen lassen, dass Sie „dem Ansehen der CSU geschadet haben“. Wer solche Parteifreunde hat braucht sich vor Feinden nicht zu fürchten.

Alexander Dobrindt, blauweißer Ministerdarsteller – Auf eine Interviewfrage zur Stimmung in der Regierung nach dem „Fall Edathy“ haben Sie wörtlich erklärt: „Bei mir persönlich sitzt die Enttäuschung tief.“ Das ist Ihnen nun freilich unbenommen, aber haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, wie tief die Enttäuschung erst beim Gros der deutschen Wählerschaft darob sitzt, dass ein Provinzpolitiker wie Sie sich derweil als Mitgestalter gesamtdeutscher Geschicke und Schicksale gerieren kann?

Detlef Hartlap, Chefredakteur der TV-Beilage „prisma“ – In einem Beitrag über „Die Angst der Fernsehmacher“ beziehen Sie sich auf den (hochverdienten) Erfolg amerikanischer, britischer oder dänischer Fernsehserien, die es auf hohem künstlerischen Niveau zu einer beachtlich realitätsnahen Behandlung gesellschaftlicher und damit direkt oder indirekt politischer Vorgänge bringen, wovon  das deutsche TV nicht mal ansatzweise Vergleichbares zu bieten hat. „Serien mit zeitgemäßen Themen und Erzählformen kommen seit Jahren vornehmlich aus den USA. ARD & ZDF produzieren derweil Thekla Carola Wied, Fritz Wepper oder Jutta Speidel in der Endlosschleife. Als ob es Breaking Bad, Mad Men oder Homeland nie gegeben hätte, ist das deutsche Gebührenfernsehen in Stil, Personal und Baldriangehalt den Achtzigern treu geblieben.“ Wir haben wohl das Fernsehen, das wir verdienen.

Sibylle Lewitscharoff, zweifelhaftes Geschöpf, halb Georg-Büchner-Preisträgerin und halb Weißnichtwas – In Ihren Augen ist die Reproduktionsmedizin, also „das gegenwärtige Fortpflanzungsgemurkse“, wie Sie es denunziatorisch nennen, „derart widerwärtig, dass ich sogar geneigt bin, Kinder, die auf solch abartigen Wegen entstanden sind, als Halbwesen anzusehen. Nicht ganz echt […], sondern zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas.“ Damit nicht genug: „Mit Verlaub, angesichts dieser Entwicklungen kommen mir die Kopulationsheime, welche die Nationalsozialisten einst eingerichtet haben, um blonde Frauen mit dem Samen von blonden blauäugigen SS-Männern zu versorgen, fast wie harmlose Übungsspiele vor.“ Nur noch eine Petitesse ist es da, wenn Sie das biblische Onanieverbot „weise“ finden. Sicher ist angesichts dieser Äußerungen allerdings eines – das Wohlgefallen des Herrn ruht mit neutestamentarischer Wucht auf Ihnen: „Denn welchen der Herr lieb hat, den züchtigt er […]“ (Hebräer 12,6), indem er ihn oder sie beispielsweise mit einer besonders widerwärtigen Form religiösen Wahns schlägt oder, ganz einfach, mit demutsdämlicher Dummheit.