16. Jahrgang | Nummer 6 | 18. März 2013

Antworten

Hugo Chávez, Heimgegangener – Mag sein, dass wir irren, denn so gut haben wir Sie aus der Ferne nicht kennenlernen können: Aber ob ausgerechnet Sie sich Ihre Einbalsamierung und Zurschaustellung zu Lebzeiten hätten vorstellen, geschweige denn wünschen können, wagen wir zu bezweifeln. Ein ehrendes Andenken, und dies nicht nur in Venezuela, haben Sie ganz gewiss verdient – aber auch dass, wie dieser Tage der Presse zu entnehmen war, die zersetzende Natur dem Vorhaben, Sie dauerhafter Götzenverehrung preiszugeben, einen dicken Strich durch die Rechnung macht!
Manche Ihrer Anhänger sind ja überzeugt, dass die erste Amtshandlung Ihrer Seele im Angesicht Gottes darin bestanden haben muss, auf die Wahl eines südamerikanischen Papstes zu drängen. Dürfen wir angesichts der unchristlichen Makel auf dessen amtskirchlicher Vita (siehe nächste ANTWORT) hoffen, dass dem nicht so ist?

Franziskus, Jesuit und Kollaborateur auf dem Stuhle Petri – Kaum war das „Habemus papam!“ vom Balkon des Petersdomes verklungen, melden sich Kritiker mit unappetitlichen Details aus Ihrer Vergangenheit zu Wort: Sie sollen mit der argentinischen Militärdiktatur von 1976-83 kollaboriert haben, auf deren Konto Folter und Ermordung Tausender Regimegegner gehen; viele davon verschwanden spurlos. Einer der Verantwortlichen, General Jorge Videla, gab später zu Protokoll: Die Bischöfe „haben uns beraten, wie man das mit den Verschwundenen am besten regelt.“ Sie hatten einen direkten Draht zu Videla. Zwei Jesuitenpriestern, die sich seinerzeit weigerten, Ihrer Forderung nachzukommen, ihr Engagement in den Elendsvierteln aufzugeben, entzogen Sie nicht nur den Schutz des Ordens, sondern ließen die beiden auch formell ausschließen, nachdem sie in die Fänge der Diktatur geraten waren. Und noch 2012 klang das Wort des Bedauerns gegenüber den Opfern der Diktatur, zu dem sich die argentinische Amtskirche unter Ihrer Führung nach Jahrzehnten endlich aufgerafft hatte, eher wie Hohn: Die betreffende Erklärung sprach Opfern wie Tätern quasi gleichermaßen die Schuld an der früheren Gewalt zu. Alles in allem reihen Sie sich mit einer solchen Vergangenheit allerdings bestens ein in die – wenn auch unchristliche – Traditionslinien nicht weniger Ihrer Amtsvorgänger.

Carolin Kebekus, köllnische Bekennerin – In der ARD-Sendung „Satire-Gipfel“ bekannten Sie als Frau kürzlich im Kontext einer Nachwäsche zur jüngsten Sexismus-Debatte: Ein „gut gefüllter Ausschnitt, der ist ’ne Falle. Aber die stellen wir selber auf.“ Und – „die Falle ist eigentlich für Brad Pitt“. Hin und wieder gebe es allerdings „so’n bisschen Brüderle als Beifang“. Aber was soll’s? „[…] da wird die Falle halt gesäubert, und dann stellen wir die neu auf.“ Wir unsererseits, die drei Brad Pitts der Redaktion, danken Ihnen für diese Klarstellung!

George Dabbelju Bush, Polit-Rentner und Den-Haag-Verschonter – In Ihren Amtszeiten als US-Präsident galten Sie als eher einfach gestrickter Pinsel. Nun greifen Sie zu demselben und nehmen gar Unterricht, denn Sie haben Ihre Liebe zur Malerei entdeckt. Und wie schön für Sie, dass Sie diesem Hobby so unbehelligt nachgehen können, denn schließlich sind schon Leute für weniger als das, was Sie unter anderem in Afghanistan und im Irak zu verantworten haben, vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hinter Gitter gebracht worden. Aber so ist es nunmal: Das Leben ist zwar ungerecht, aber nicht immer zu deinen Ungunsten – oder, wie schon die Römer wussten: Quod licet jovi non licet bovi.

Thomas de Maizière, missmutiger global player – Sie und Ihre verbündeten NATO-Kollegen beklagen, dass Qualität, Zuverlässigkeit und Preistreue ein besonderes Problem der Rüstungsindustrie sei. Es ist freilich betrüblich für die weltweit treuen Kunden von etwa Krauss-Maffei, wenn das gelieferte Material nicht den erhofften Schaden an Mensch und an Sachen anrichtet; da kann man Missmut allemal verstehen. Aber Ihnen schwebt ja eine Lösung vor, auch, wenn Sie diese derzeit noch in das Bedauern eines Defizits kleiden: „Für viele Produkte“, so stellen Sie fest, „gibt es keinen freien Markt und damit keinen Wettbewerb.“ Richtig, und viele neue Arbeitsplätze könnten auch entstehen, dürften nur mehr Unternehmen Waffen, Munition und sonstiges Mordwerkzeug unter die Leute bringen. Das sollte Ihnen doch eine gesetzgeberische Anstrengung wert sein.

Christian Lindner (FDP), orakelnder Führungs-Phönix Via ZDF haben Sie uns Ihre Sicherheit wissen lassen, dass die FDP im Herbst wieder im Bundestag vertreten sein wird. Da Ihre Partei nun schon deslängeren stabil bei bundesweit vier Prozent dümpelt, dürfte Ihre Zuversicht weitestgehend auf der Gewissheit von Leihstimmen aus der CDU gründen. Deren Chefin hat solches nach dem Desaster in Niedersachsen zwar entschieden abgelehnt, im Unterschied zu Hannover kann sie aber im Bund locker jene ein bis zwei Prozent delegieren, die sie zur Weiterführung der traumatischen Koalition von Schwarz-Gelb benötigt. Da muss man für Ihre Prognose nicht mal den Kaffeesatz bemühen …

Klaus Nieding, Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW)Sie und die Ihren halten nichts von der Schweizer Festlegung, dass künftig nurmehr die Hauptversammlung der Aktionäre über die Höhe der Managergehälter zu befinden hat. „Über die Höhe der Vergütungen zu entscheiden, ist eine glasklare Aufgabe des Aufsichtsrats“, haben Sie sich in dieser Frage früh positioniert. Das ist in zweierlei Hinsicht aufschlussreich: Zum einen wollen Sie also alles beim – mittlerweile wahrhaft verfemten – Alten belassen. Und zweitens macht es uns klar, was im Falle einer Schweizer Regelung hierzulande passieren würde: Nichts, denn die Entscheider auf Hauptversammlungen sind nicht die Kleinaktionäre sondern jene Wertpapiertycoons, die Ihr Verband vor allem vertritt. Und klar: Eine Krähe …

Krista Sager, grüne Wissenschaftspolitikerin Mit Blick darauf, dass nun auch Silvana Koch-Mehrins Doktortitel die finale Aberkennung droht, kündigen Sie einen neuen Anlauf für eine Gesetzesinitiative ihrer Partei an, den Titel aus allen deutschen Passdokumenten zu streichen, um „den Doktorgrad von gesellschaftlichen Überhöhungen zu entlasten“. Als Wolfgang Schäuble dies 2007 schon einmal gefordert hatte, bekam er bajuwarischen Gegenwind, der darauf hinwies, dass ein Doktorgrad nicht nur Ausdruck einer besonderen wissenschaftlichen Leistung sondern vielmehr „im täglichen Gebrauch zur höflichen Anrede üblich“ sei. In welcher Weise man sich in Bayern Nichtakademikern gegenüber höflich artikuliert, ist leider nicht überliefert.

Hans Panhoff, Baustadtrat Friedrichshain-Kreuzberg Sie leiteten jüngst eine Führung durch die stillgelegte und verrottete Untergrundtoilette in der Berliner Yorkstraße, um sie Interessenten für eine Umnutzung zu anderweitig öffentlichen Bedürfnissen schmackhaft zu machen. Lass noch vier, fünf Jahre ins Land gehen, dann wäre es durchaus denkbar, dass Ihr einschlägiger Senatskollege mit dem gleichen Ziel potentielle Investoren über den BER führt, wobei dieser zugegebenermaßen als öffentliche Bedürfnisanstalt zwar ausreichend groß und attraktiv, aber der nicht funktionierenden Entlüftung wegen vielleicht doch nicht so recht geeignet ist.