15. Jahrgang | Nummer 3 | 6. Februar 2012

Meister der komischen Kunst

von Thomas Behlert

Es ist schön, wenn sich Verlage noch an einer Reihe versuchen, deren Erfolg nicht unbedingt voraussehbar ist. So bringt der nicht mehr ganz so kleine, aber immer noch sehr feine Verlag Antje Kunstmann seit diesem Jahr die Buchreihe „Meister der komischen Kunst“ heraus. Sicherlich wird für diese Aktion auch etwas von dem Geld verwendet, das der Verlag mit dem Buch von Philipp Lahm („Der feine Unterschied“) verdienen konnte. So viel Aufmerksamkeit im Vorfeld und zwischendurch wie diesem wird den Meistern der komischen Kunst wohl nie zu Teil werden – außer sie zeichnen Muhammed-Karikaturen.
Man könnte diese bunte, sehr lustige und künstlerisch hoch angesiedelte Idee als Fortsetzung einer ebenfalls sehr wichtigen Karikatur-Reihe sehen: Als der westdeutsche Bürger sich reichlich mit guten Fach- und Kunstbüchern in der DDR eindeckte, erschien im Eulenspiegel Verlag die über lange Jahre gehende Reihe „Klassiker der Karikatur“. Hier wurden Zeitzeichner dem Vergessen entrissen und der Bevölkerung zugänglich gemacht. Es gab Karikaturen von Künstlern, die man nicht unbedingt mit Humor in Verbindung brachte (Honoré Daumier), aber auch von den Hauszeichnern der Satireblätter des 19. und 20. Jahrhunderts. Es sei nur an die scharfen und kompromisslosen Karikaturisten Thomas Theodor Heine, Fritz Koch-Gotha und Dmitri Moor erinnert. Ebenfalls in Bild und Wort fanden Josef Lada, der dem Soldaten Schwejk ein Gesicht gab, Walter Trier und Theodor Hosemann Einlass.
Mittlerweile wird das Wort Karikatur eher mit den politischen Witzemachern in Verbindung gebracht, die ihre schnellen Zeichnungen, angereichert mit Sprechblasen und erklärenden Aufschriften, in Tageszeitungen veröffentlichen und oft nur den Leitartikel illustrieren. Die rühmliche Ausnahme ist hierbei der Zeichner TOM, der mit seinen Rettungsschwimmern, Postbeamten und Baumliebhabern ebenfalls ein Meister der komischen Kunst ist. Von all den Gewürdigten und noch zu Würdigenden gibt es in ihren Hausverlagen schon jede Menge Bücher, viele veröffentlichen in wichtigen Glanzpapierzeitungen als Alternative zu ernsten und langen Texten verdammt komische und hinterhältige Bilder oder verfeinern regelmäßig die Seiten der Satirezeitungen. Hier sollte man unbedingt Gerhard Glück, Marie Marcks, Beck und Ernst Kahl nennen, die bereits Anfang des Jahres ihr Kunstmann-Denkmal erhielten. Sehr traurig machen Band 1 und 2, die Chlodwig Poth (gestorben 2004) und Friedrich Karl Waechter (gestorben 2005) gewidmet sind. Bei Waechter sieht man auf den 112 Seiten ganz deutlich, dass er einer der wenigen „Universellen“ seiner Generation war. Er konnte den schnellen Cartoon zeichnen, aber auch das stille humorvolle Landschaftsbild und die witzige Kinderbuchzeichnung.
Bissig wirken bis heute die gezeichneten Berichte von Chlodwig Poth aus dem „Progressiven Alltag“ und die unvergesslichen und immer noch nachwirkenden „Sossenheim-Blätter“. Seit kurzem darf der spaßige Mensch nun seiner Sammlung drei neue Bände hinzufügen: von Rudi Hurzlmeier, Erich Rauschenbach und Robert Gernhardt. An Hurzlmeiers Bildern kann sich einfach keiner satt sehen, sie öffnen auf dem vierten Blick neue Türchen, aus dem übersehene Objekte dringen, die das philosophische an seinen Bildern noch verdeutlichen und intensiver aufzeigen. Aber auch surrealistischer Barock ist zu sehen sowie urtümlicher bayrischer Schlachtewitz und extremes aus der griechischen Sagenwelt.
Wie nun zu erfahren ist, wird die „Komische Kunst“ im neuen Jahr fortgesetzt werden. So dürfen sich alle Jäger und Sammler, die es mittlerweile gibt, über den leider viel zu früh verstorbenen (2004), aber durch seinen zeitlosen Humor unsterblich gewordenen, Bernd Pfarr freuen. Ihm zur Seite stehen F.W. Bernstein und Barbara Henninger. Die Dame des guten Humors ist vor allem den Ostdeutschen bekannt, denn sie begleitete diese auf ihrem Weg in ein neues Leben mit vielen bissigen, aggressiven und bisweilen entwaffnenden Cartoons. Bis heute ist die links zeichnende und mit rechts schreibende Künstlerin ihrem, zwischen Tradition und Moderne pendelnden, Zeichenstil treu geblieben.
Nicht nur im Bild wurde „geprotzt“, sondern auch mit dem Vorwort. Der Herausgeber WP Fahrenberg gewann dafür bekannte Menschen, wie: Vincent Klink, der F.W. Bernstein belobigt und den Kabarettisten Peter Ensikat für Frau Henninger. Ottfried Fischer monologisiert frisch und fein satirisch im Chlodwig Poth Buch. Noch lange und immer weiter soll die komische Kunstreise gehen, so mit Manfred Deix, Rattelschneck, Michael Sowa, Gerhard Seyfried, Tomi Ungerer, den Ostdeutschen Reiner Schwalme, Manfred Bofinger, Rainer Schade und den Helden vieler heutiger Komische-Kunst-Zeichner: Hans Traxler und Paul Flora.
Wer exquisites handwerkliches Können ansehen möchte, das herrlich komisch ist, hat mit der Reihe „Meister der komischen Kunst“ ein Sammelobjekt gefunden. Vielleicht noch Karl Schrader mit in die Reihe aufnehmen, aber ZAK, Ulli Stein und Bernd Zeller unter allen Umständen vergessen.

Meister der komischen Kunst, Hrsg. WP Fahrenberg, Antje Kunstmann Verlag München, je Band 16,00 Euro; bisher erschienen: Waechter, Ploth, Marks, Beck, Kahl, Glück, Gernhardt, Rauschenbach, Hurzlmeier