14. Jahrgang | Nummer 15 | 25. Juli 2011

Haderer, Gerhard

von Thomas Behlert

Eine ganz hervorragende Bilderreihe sollte sich jeder Staatsbürger hinter den Spiegel stecken, damit er immer daran erinnert wird, wer ihn so regiert, wer die Gesetze macht und die rechte Brut schützt. Hier der Versuch einer Erklärung: Auf dem ersten größeren Bild sieht man ein Paar sehr interessiert vor einem großen wuchtigen Gebilde stehen. Der männliche Part meint: „Grandios!“, Weiter geht es mit: „All unsere Politiker in einem einzigen Bild vereint, hervorragend.“ Auf Bild Nummer drei antwortet der weibliche Part ziemlich erregt und wütend: „Jetzt hörn Sie aber auf! Dies ist doch kein Portrait eines Politikers – das ist doch eindeutig ein Arsch mit Ohren!“ Schließlich sieht man auf dem vierten Teil diesen Arsch mit Ohren groß und gewaltig und völlig wahr. Das Frauenzimmer kuckt pikiert zur Seite und der Mann noch intensiver auf den herrlichen Arsch, der aber wirklich bestimmten Politikern sehr ähnlich sieht, dabei meint er: „Richtig – jetzt wo Sie`s sagen.“ Gezeichnet hat dieses ganz spezielle Kunstwerk der österreichische Karikaturist Gerhard Haderer. Heuer konnte er seinen 60. Geburtstag begehen, und manch „Kirchenheinz“ ärgert sich bestimmt über solch langes Leben.
Da Haderer bei keiner seiner Zeichnungen zurück steckt, Politiker, Künstler und Popen gleichermaßen vorführt, hat er sich im Laufe der Zeit viele Feinde gemacht. Im Jahre 2002 führte sein, mittlerweile klassisch gewordenes Werk „Das Leben des Jesus“ gar zu einer öffentlichen Diskussion, wobei er in Athen wegen Blasphemie verurteilt wurde und sechs Monate Gefängnis absitzen hätte müssen, aber in zweiter Instanz einen Freispruch erhielt. So eine Situation ist für jeden Satiriker der Ritterschlag, damit lässt es sich leben.
Der 1951 in Leonding geborene Haderer begann seine Karriere ganz profan als Dekorateur. Nach dem Besuch der Fachschule für Gebrauchsgrafik in Linz arbeitete er ziemlich lustlos als Werbegrafiker. Hier konnte er aber das künstlerische Talent vervollständigen, entwickelte seinen typischen exakten Bildaufbau und die Optimierung der Farbeffekte durch den Einsatz von Kalt-Warm-Kontrasten. Gerne benutzt Haderer Acryltusche, wobei er die Farbtöne aus Primärfarben mischt. Gezielte Licht- und Blickführung kommen dann fast von selbst.
Obwohl viele der Bilder als Tageskarikatur entstehen und den Spaß für den Moment verbreiten, kann man beim Durchblättern der Jahrbücher immer noch den herrlichen und ganz eigenen Humor erkennen und das Böse von Politik und Gesellschaft. Da ist beim Bild „Heile Welt“ ein von Kindern geschriebener Zettel an die Haustür geheftet worden, mit folgendem Inhalt: „Unser Papa ist ein ganz ein Lieber. Er hat uns noch nie grün und blau geschlagen und gerüttelt auch nicht, sagt die Mama.“ Na, da will man als Betrachter augenblicklich nachschauen, was dieser verdammte Bazi mit seiner glücklichen Familie so anstellt. Ach, ne, lieber nicht einmischen.
Gerne beschäftigt sich der österreichische Maler, der zum wissenschaftlichen Beirat der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung gehört, mit dem fiesen Tun der Kappen- und Rockträger. Hier findet Haderer viele Ideen, da kirchliche Amts- und Würdenträger ständig auf sich aufmerksam machen, ob nun in krimineller, sexueller oder politischer Hinsicht. Oft braucht Haderer den Bildern keine Pointe zu geben, eine bloße Wiedergabe im typischen Haderer-Stil reicht vollkommen aus. Wer mehr als nur die jährlichen Bilderbücher oder die regelmäßigen Zeichnungen in verschiedenen Wochenzeitungen und –magazinen braucht, dem sei der monatlich erscheinende Comic „Moff“ empfohlen, in dem er richtig fies das gesellschaftspolitische Zeitgeschehen persiflieren kann. Außerdem gestaltet der „Ösi“ mit dem deutschen Witz Puppen für das Kasperltheater Maschek.

Ausstellungen: Caricatura Museum Frankfurt – bis 27.11.2011; Karikaturmuseum Krems – 30.09.2011 bis 04.03.2012; Komische Künste Wien – 1.12.2011 bis 22.01.2012

Bücher: G. Haderer, Das zweite Jahrzehnt im Stern, Lappan Verlag, Oldenburg 2011, 400 Seiten, 49,95 Euro. Dem Haderer sein Österreich, Ueberreuter Verlag, Wien 2011, 160 Seiten, 29,95 Euro (erscheint im November)