14. Jahrgang | Nummer 15 | 25. Juli 2011

Fritz H. Landshoff – ein deutscher Verleger im zweifachen Exil

von Wolfgang Dahle

Unter den deutschen Verlegern und Literaten, die nach dem Machtübernahme der Nazis das Land verlassen mussten und vorerst im nahen Holland eine neue Bleibe fanden, war auch der am 29.Juli 1901 in Berlin geborene Fritz H. Landshoff, an den erinnert werden soll. Landshoff wurde in Amsterdam zum literarischen Leiter des Querido-Verlages, der von den Nationalsozialisten verfolgten und verbotenen deutschen Autoren eine neue publizistische Heimat gab.
Als vor zwanzig Jahren – anlässlich des 90. Geburtstages von Landshoff – Fritz J. Raddatz in der ZEIT das Schaffen des Intellektuellen im Exil würdigte, war der verdiente Verleger bereits seit drei Jahren verstorben. Pünktlich zum 90. Geburtstag Landshoffs waren auch die „Erinnerungen eines Verlegers“ unter dem Haupttitel „Amsterdam, Keizersgracht 333, Querido-Verlag“; eine Sammlung von Briefen und Dokumenten, im Aufbau-Verlag (Berlin und Weimar) erschienen. Der Aufbau-Verlag stand bereits seit 1981 über seinen Mitarbeiter Gotthard Erler in Kontakt zu Landshoff in New York, um ihn zum Abfassen einer  Autobiographie anzuregen, was er zuerst ablehnte. Weil Vieles beim Einmarsch der deutschen Truppen in Holland 1940 vernichtet worden war, gab es nur wenig dokumentarisches Material, war es für Landshoff schwierig, eine Geschichte des Querido-Verlages vorzulegen. Nach einem Besuch im April 1982 in Ostberlin konnte er jedoch mit dem Verlag eine Vereinbarung treffen. Ende 1986 schloss Landshoff sein Manuskript ab, das dann 1991 erschien.
1901 in Berlin geboren, kam er nach einem Medizin- und Germanistik-Studium zum Seemann-Verlag in Leipzig und wurde zwei Jahre später Teilhaber und zweiter Direktor des Kiepenheuer-Verlages in Potsdam. Nach der Maschtübernahme durch die Nazis ging er im Mai 1933 auf Einladung des Verlegers Emanuel Querido nach Amsterdam. Das war sein erstes Exil. Noch 1933 war Landshoff Partner bei der Gründung des Querido-Verlages, wo in den Folgejahren Werke deutscher Autoren erschienen, die bis 1933 bei Gustav Kiepenheuer verlegt worden waren. Unter den Publikationen befand sich auch „Die Sammlung“, eine ab 1933 vom Verlag herausgegebene Zeitschrift, an der Klaus Mann mitarbeitete, die aber nach zwei Jahren ihr Erscheinen einstellen musste.
Als die faschistische Wehrmacht 1940 Holland besetzte, begann Landshoffs zweites Exil. Er konnte den Amsterdamer Verlag zunächst nach Batavia, das heutige Jakarta, verlegen. Nach seiner Einwanderung in die USA 1941 folgten bis zum Kriegsende schaffensreiche Jahre, in denen er viele deutsche Exil-Schriftsteller im Verlagsprogramm betreute.
1946 nimmt er seine Arbeit wieder in Amsterdam auf, ein Jahr später wird dort  der Verlagssitz eingetragen. Und 1951 wird der S. Fischer Verlag Amsterdam Nachfolgeverlag des Bermann-Fischer/Querido Verlages N.V. Zwei Jahre später wird Landshoff Mitarbeiter eines New Yorker Kunstverlages, aus dem er erst 1985 ausscheidet. Im Jahre 1982 wird ihm die Doktorwürde ehrenhalber (Dr.phil.) an der Freien Universität Berlin verliehen, und im März 1987 verleiht ihm die Stadt Leipzig als wichtiger Verlagsort den Gutenberg-Preis.
Der erste Teil des Landshoffschen Erinnerungsbandes beinhaltet einen Abriss der Geschichte des Gustav Kiepenheuer Verlages und des Querido-Verlages.Landshoff schildert detaillreich unter anderem das Verlagsgeschehen im Exil, die Schwierigkeiten, deutschsprachige Exilschriften außerhalb des „Reichsgebietes“ abzusetzen, und seinen weiteren Weg über die USA bis zur Rückkehr nach Europa.
Im zweiten Teil des Bandes, einem umfangreichen dokumentarischen Anhang, gibt der Autor Briefe aus den Jahren 1922 bis 1953 wieder, in denen diejenigen an Hermann Kesten, Klaus Mann, Arnold Zweig und Lion Feuchtwanger den größten Raum einnehmen. Auch 28 Dokumente von seinen Briefpartnern an ihn sind hier zu finden.
Im Februar 2003 machten Buchhändler in einem ZVAB-Brief auf den heute fast vergessenen Querido-Verlag aufmerksam und verwiesen unter den damaligen Veröffentlichungen auf „Mephisto“ von Klaus Mann, der 1936 erstmals in Amsterdam erschienen war.
Die Erinnerungen und Dokumente von Fritz H. Landshoff sind ein wichtiger Beitrag zur deutschen und europäischen Verlags- und Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts.