von Wolfgang Brauer
Anfang September 2010 gab es im Berliner Kabaretttheater „Die Wühlmäuse“ ein Festival. Das Theater liegt so abseits, dass man froh ist, wenn man in dieser Gegend vollendeter Hässlichkeit in den Polstern sitzt, da lässt man dann auch notfalls ein Boulevardstück – oh, nichts ist schwerer zu machen als guter leichtgeschürzter Boulevard! – mit dem Hausherrn, dem Komiker Dieter („Didi“) Hallervorden in verschiedenen Rollen über sich ergehen. Bloß nicht wieder zu früh raus auf diesen furchtbaren Platz! Jedenfalls fand – da war noch nicht Winter in Berlin – Anfang September in der „Wühlmaus“-Höhle „Das große Kleinkunstfestival 2010“ statt. Schräg gegenüber residiert der RBB. Der schnitt mit. Aber das ist nicht interessant. Interessant ist, wen der Komiker Didi H. als Vorsitzenden der Jury gewann: Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin. Der hielt alle Späße auch tapfer durch, überreichte einen Preis und hatte nette PR in der Hauptsendestrecke des Sonnabendabendprogramms der ARD. Ein netter Mensch sagt Danke.
Im September 2009 hatte Komiker Didi noch Geld und wollte von seinen Künstlerkollegen aus der „richtigen“ City offenbar endlich ernst genommen werden, nicht mehr nur „Kuh Elsa“ und so, sondern richtig als Künstler. Also übernahm er zusätzlich vom Berliner Senat das landeseigene Steglitzer Schloßparktheater, in dem zu jener Zeit selbst die Mäuse Hunger litten. Nachdem zu Beginn des Jahrzehnts nämlich der große Mime Heribert Sasse dort auf solidem künstlerischen Niveau finanziell dramatisch gescheitert war und in der Folge auch der kapitalmäßig potentere Musical-Platzhirsch Stage Entertainment lieber die Miete für ein leer stehendes Haus bezahlte, anstatt sich dem Risiko einer Bespielung auszusetzen, kam Didi, der Ehrenbürger von Dessau. Mit Ausnahme der üblichen zur Eröffnung geladenen stadtbekannten Paillettenkarawane schüttelte der Rest des kulturellen Berlin den Kopf: Der hat sich mit seiner Sippe überworfen, der will denen nichts hinterlassen … Wie alle empfindlichen Menschen hat der frisch gebackene Theaterintendant empfindsame Ohren. Er ging in die Offensive: „Hier soll mein Geld begraben werden“, verkündete er selbst etwas vorlaut. Intendant Didi bekam das Haus für fünf Jahre mietfrei (Sasse wurde noch nicht einmal eine Mietminderung zugestanden). Der zuständige Kultursenator war der Regierende und der war froh, auf die Weise die ewig rumnölende Südwest-CDU („rot-roter Kulturkampf gegen den bürgerlichen Westen“) ruhig stellen zu können. Nur, kaum einer will Didi H.s „gehobenes Sprechtheater“ sehen. Er musste das Grab für sein Geld nicht allzu tief graben. Aber der Regierende ist ein netter Mensch. Und er vergibt nicht nur Kleinkunstpreise, er vergibt auch Geld. Lottogeld. Auch da ist er Jury-Chef. Und Freunden hilft man. Wunderbarerweise ein viertel Jahr nach dem Kleinkunst-Höhepunkt erhielt der Intendant Didi eine Zusage über 600.000 Euro jährlich für die nächsten zwei Jahre. Plus weiter mietfrei natürlich. Gerettet. Wir brauchen mehr Kleinkunstfestivals.
Allerdings bringt Fortunas Füllhorn im Berliner Südwesten nicht nur Glück. Der Vorgänger Wowereits im Lotto-Rat, der gestrandete Bankier Klaus-Rüdiger Landowsky, wollte seinerzeit unbedingt das kurze Flatterröckchen eines deutschen Tenniswunders auf dem Platz am Hundekehlesee sehen. Die Dame kam aber nur zu den „German Open“ und der veranstaltende Verband hatte gewisse Forderungen an ein Stadion. Dieses Geld hatte selbst der Grunewald-Nobelklub nicht, aber er hatte den Klaus-Rüdiger und der hatte den Lottotopf. Und Freunden hilft man. Jetzt hat „Rot-Weiss“ das „Steffi-Graf-Stadion“, die hat da wohl auch irgendwann einmal gespielt. Die „German open“ sind allerdings wieder weg und K.-R. L. hat jetzt zum wiederholten Male irgendwelche Gerichtstermine. Nöö, nicht wegen der Tennisplatzfinanzierung. Böse Menschen behaupten, er habe etwas mit dem seinerzeitigen Crash der Berliner Bankgesellschaft zu tun und da einen gewissen Schaden zu verantworten. Dabei gab es auch da nur Freundesbanden.
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