von Thomas Behlert
Schon seit 2008 hat das große und irgendwie eigenartige Land Bayern ein besonderes Gesangsbuch vorzuweisen, und es wird Zeit, dieses im Blättchen zu würdigen.
Das Kompendium wurde allerdings nicht von pädophilen Geistlichen geschrieben oder von „großkopferten“ Politikern während einer Fachkomissionssitzung zusammengestümpert, sondern von den einmaligen Brüdern Well aus Grünzlhofen herausgebracht. Es handelt sich um das über 440 Seiten dicke und bestimmt ein Kilogramm schwere Sammelalbum „Grüß Gott, mein Bayernland“ mit allen Liedtexten, Noten und einigen erheiternden Zwischenansagen einer bayerischen Institution. Wer etwas bayerisch kann oder sich einige urbayerische Worte zusammenreimt und den Sinn versteht, wird an diesem Buch seine helle Freude haben, soweit er nicht schon einmal von den Biermösl Blosn, ja, um dieses Trio geht es, besungen worden ist.
Das Buch beginnt mit dem wohl berühmtesten Lied „Gott mit dir, du Land der BayWa“, das gleich am Anfang der Karriere des Trios für einen Eklat in der bayrischen Staatsregierung sorgte. 1979 wurden so unter anderem folgende Zeilen im Bayerischen Fernsehen gesendet: „Gott mit dir, du Land der BayWa, deutscher Dünger aus Phosphat. Über deinen weiten Fluren liegt Chemie von fruah bis spaat.“ Das grenzte schon an eine schwere Beleidigung der ganzen Saubazi in der Regierung. Franz Joseph Strauß wird sich wohl heute noch, wo immer er weilen mag, aufregen, wenn mal wieder ein Biermösl-Blosn-Ton in seine Richtung weht. Um so zufriedener wird er mit seinen Nachfolgern sein: 1997 verweigerte eine CSU- und Republikanermehrheit (Sic!!!) im Oberbayerischen Landtag der Kapelle den Oberbayrischen Kulturpreis. Damit kann das Trio sicherlich leben, denn während seiner langen Karriere bekamen die Drei genügend andere, wertvollere, Preise. Genannt sollen unter anderem sein: die Ludwig-Thoma-Medaille (1984), der Deutsche RUTH (2005 auf dem Folkfest Rudolstadt), der Große Karl-Valentin-Preis (2007) und 2009 der Satirepreis „Göttinger Elch“. Preise bekamen die Künstler auch immer wieder wegen ihrer kritischen Liedtexte, die sich mit Gestalten der bayrischen Geschichte, der Politik und des täglichen Lebens beschäftigen. Wenn diese Gestalten einer Institution nahe, einer gewissen tiefschwarzen Partei noch näher stehen und außerdem dummes Zeug auf Parteitagen und in Bierzelten verzapfen, sind sie ein Fall von Hansi, Michel und Stofferl. Dann gibt’s etwas auf die Lederhosen, oder das Trachtenhemd wird mit kritischen Reimen vollgepieselt. Da ist zum Beispiel das Lied „Wie reimt sich das zusamm?“, das man bei jedem Konzert gern hört und das die Biermösln ständig mit aktuellen Strophen erweitern und neu gestalten. Immer dabei ist folgende: „Freistaat Bayern – wie reimt sich das zusamm? Freien Zugriff zum Testament, de Staatsminister bescheißn ohne End, das gibt in Bayern 52 Prozent. So reimt sich das zusamm, so reimt sich das zusamm!“
Immer weiter geht es im Buch „Grüß Gott, mein Bayernland“ mit den bösen und fiesen Liedern. Alle, vom „Nürnberglied“ über den Song „Der Holzweg“ bis hin zu „Windows 98“, sind hier vereint, ob nun gemeinsam mit Gerhard Polt vorgetragen, mit den Toten Hosen gesungen oder mit Dieter Hildebrandt entwickelt. Damit wirklich jeder das wichtige Liedgut über diesen eigenartigen Freistaat in alle Ecken der Welt tragen kann, wurden die Noten beigegeben. Im letzten Kapitel findet man sogar die Noten für die Instrumentalstücke. Wer, wie Hans, Michael und Christoph Well folgende Instrumente kann, darf ohne Sorgen die Lieder covern und sogar seinen eigenen Senf dazu tun: Gitarre, Steirische Harmonika, Saxofon, Sopran-Jagdhorn, Tenor-Alphorn, Tuba, Drehleier, Harfe, Maultrommel, Hackbrett, Zither, Dudelsack, Brummtopf, Ballastsaite und viele mehr.
Biermösl Blosn, Grüß Gott, mein Bayernland: Lieder und Musikstücke. Mit einem Grußwort von Gerhard Polt, Verlag Kein & Aber, Zürich 2008, 448 S., 29,90 Euro
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